Uran-Prospektion im Schwarzwald

Im Schwarzwald wurde in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg systematisch nach abbauwürdigen Uranvorkommen gesucht. 1960 wurde in Menzenschwand (St. Blasien) das größte Uranvorkommen in Deutschland (alte Bundesländer) entdeckt. 1973 das zweitgrößte Vorkommen in Müllenbach bei Baden-Baden.

Radioaktiven Stoffen, insbesondere dem Uran, kamen nach dem Zweiten Weltkrieg global eine wesentliche strategische Bedeutung zu.

In Nachkriegs-Deutschland war jede „angewandte naturwissenschaftliche Forschung“ auf dem Gebiet der „angewandten Kernphysik“ durch das Alliierte Kontrollratsgesetz vom 29.04.1946 verboten, darunter fiel auch die Suche und der Umgang mit den Ausgangsstoffen Uran und Thorium.

Im Badischen Berggesetz wurden Uranverbindungen 1947 als „bergfreie“ Bodenschätze unter Staatsvorbehalt gestellt, so dass es Privatpersonen nicht erlaubt war nach radioaktiven Erzen zu suchen.

Unter der stillschweigenden Duldung der Besatzungsmächte, prospektierte, dessen ungeachtet, der Bergingenieur Otto Leible nach Uranvorkommen, wie sie aus dem Erzgebirge mit ihrem reichen Pechblende-Vorkommen, schon lange bekannt waren. Mit einem von der Militärregierung zur Verfügung gestellten Geigergerät und mit späterer Unterstützung der Universität Freiburg, begann Leible am 23.05.1949  mit weiteren Untersuchungen im Schwarzwald. 

In Sulzburg, Eisenbach und Wittichen fand er Vorkommen mit einem abbauwürdigen Urangehalt zwischen 0,3 % und 0,5 %, die er dem Bergbauunternehmen „Gewerkschaft Finstergrund“ anbot (dessen Direktor er später wurde).

Erst Beschreibungen uranhaltiger Erze im Schwarzwald sind jedoch deutlich älter:

1790: Uranglimmer (Grube Herzog Friedrich bei Alpirsbach-Reinerzau)

Vom württembergischen Bergrat J.F.W. Widenmann stammt aus dem Jahr 1790 die erste Beschreibung eines mit Kobalterzen vergesellschafteten grünen „kristallisierten Uranglimmers“ im Schwarzwald. Der Fund stammte von der Halde der Grube Herzog Friedrich bei Alpirsbach-Reinerzau (Dreikönigstern-Gangzug). Die Entdeckung wurde 1793 veröffentlicht.

1840: Uranpecherz (Grube Sophia in Wittichen)

Der Schweizer Chemiker Jean Charles Galissard de Marginac beschrieb 1840 Uranpecherz aus dem Gang der Grube Sophia bei Wittichen.

1911: Uranglimmer (Halde Michaelstollen bei Lahr)

Goldbach fand 1911 Uranglimmer auf der Halde des neu aufgefahrenen Michaelstollen im Weiler bei Lahr.

Doch auch die staatliche Uransuche war im Geheimen bereits im Gange.

In den Jahren 1947/1948 hatte eine Arbeitsgruppe um Franz Kirchheimer (Direktor der Badischen Geologischen Landesanstalt) und Hans Schneiderhöhn (Universität Freiburg), offenbar auf Betreiben des Wirtschaftsministeriums, mit entsprechenden Untersuchungen in Wittichen (Kinzigtal) begonnen. Genauere Untersuchungen wurden erst nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland (1949) durchgeführt, als man im Mai 1951, mit finanzieller Unterstützung in sechsstelliger Höhe durch Bund und Land, die Prospesktionsarbeiten wieder aufnahm.

Fortan wurde der gesamte Schwarzwald (und später auch der gesamte neue Südweststaat) durch das Geologische Landesamt systematisch auf Uranvorkommen untersucht.

Private Uran-Konzessionen

1957 stellte das Geologische Landesamt den Abschlussbericht der Untersuchungen in Baden-Württemberg vor. Es wurden insgesamt 11 Uranvorkommen mit mehr als 300 g U/t untersucht.

Ort
Reinerzau
Wittichen
Schiltach
Weiler
Schattenhöfen
Eisenbach
Sulzburg
Badenweiler
Schönau
Kaiserstuhl
Hegau
Suchgebiet
Grube Dreikönigstern
Sophia-Gangzug, Grube Güte Gottes
Grube Anton
Grube Michael
Grube Otto
Grube Rappenloch
Grube Gottes Segen
Grube Haus Baden
Alte Schiefer Sengalenkopf
Badberg, Schelingen
Phonolithe

Die beiden größten Uranvorkommen in den alten Bundesländern, in Menzenschwand (St. Blasien) und am Hummelsacker im Baden-Badener Ortsteil Oberbeuern, beide im Schwarzwald, tauchen in dem Abschlussbericht nicht auf.

Die endgültigen Untersuchungen zum Umfang der Vorkommen sollte privaten Bergbauunternehmen überlassen werden. Fünf Unternehmen bekundeten ihr Interesse an einer Konzession.

Im Zeitraum 1959/1960 wurden die Konzessionsgebiete (Felder) abgegrenzt. Für die Konzessionsvergabe war ein dreistufiges Modell vorgesehen.

Konzessionen
Prospektion
Schürfung
Gewinnung
Untersuchung ohne bergmännische und Bohr-Arbeiten
Aufsuchung gefundener Vorkommen mittels Bohrungen und bergmännischen Methoden
Abbau nach vollständiger Untersuchung

Für jede der drei Stufen war eine eigene Konzession erforderlich.

Ablauf einer Prospektion
Geologische Strukturen

Zielsetzung der Prospektion ist das Auffinden geologischer Strukturen, in denen nach dem Stand der Wissenschaft Uranvorkommen vermutet werden, wie z.B.

Granite im Mittleren und Südlichen Schwarzwald (Zweiglimmergranite mit spätmagmatischer hydrothermaler Überprägung)

Pegmatite

Aplite

Metablastite

karbonische Sedimente

1: Linearanalyse (Lineation)

Analyse oberflächlich sichtbarer, geradliniger Geländestrukturen auf Luft- und Satellitenbildern, die möglicherweise auf tektonische Störungen zurückgeführt werden können. Identifizierung durch z.B.

  • Farbnuancen, verursacht durch unterschiedliche Durchfeuchtung
  • differenziertes Höhenwachstum der Vegetation
  • Gewässernetze

Störungen bilden potentielle Wegsamkeiten für (erzhaltige) Fluide. Uran ist in der oxidierten Form, als U +VI, besonders mobil, so dass an geeigneten Strukturen Stoffverfrachtungen und Anreicherungen möglich sind. Auffällige und höffige tektonische Strukturen werden im nächsten Schritt deshalb genauer untersucht.

2: Radiometrische Messungen

Messverfahren:

Carborne-Befahrungen mit Szintillometern (Befahrung verfügbarer Wege mit dem Geländewagen)

Helikopterbefliegungen in möglichst gleichbleibender Höhe

Emanometrische Gitterprospektion (Radonmessungen an Gittermesspunkten über längere Zeiträume)

Geomagnetische Messungen (Messung von Leitfähigkeitsunterschieden)

Das Very-Low-Frequency-Verfahren (VLF-Verfahren) ist ein passives geophysikalisches Verfahren zur Untersuchung unterirdischer Strukturen. Es werden am Boden ortsaufgelöst die direkten und die durch den Untergrund induzierten Magnetfelder starker Längstwellen-Sendeanlagen gemessen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf Änderungen der elektrischen Leitfähigkeit des Untergrundes ziehen.

Das VLF-Verfahren nutzt leistungsstarke Sender verschiedener Länder aus, die weltweit empfangbar sind und beispielsweise zur Kommunikation mit Unterseebooten dienen. Solche Längstwellensender werden in einem Frequenzbereich von 15 bis 25 kHz betrieben. Die gesendete Horizontalkomponente des primären Magnetfeldes induziert in großer Entfernung zum Sender Wirbelströme im Untergrund. Das hierdurch erzeugte sekundäre Magnetfeld (Vertikalkomponente) hat entsprechend der elektrischen Leitfähigkeit des Untergrundes eine zum primären Magnetfeld (Normalfeld) veränderte Amplitude und eine Phasenverschiebung. VLF-Messungen werden genutzt, um insbesondere Leitfähigkeitsveränderungen, hervorgerufen durch langgestreckte vertikale Strukturen, im Bereich der Geologie und der Hydrologie zu erfassen.

Auswertung der Strahlungsprofile zur Feststellung von Anomalien. Als Anomalie wurde eine geologische Struktur bezeichnet, deren Radioaktivität den Hintergrundwert des Nachbargesteins um den Faktor 3 übersteigt. Anomale Bereiche werden im nächsten Schritt detaillierter untersucht.

3: Geochemische Prospektion

Chemische Analytik von Quellwasser (großflächige Hinweise auf Uranvorkommen).

4: Geologische Detailkartierung

Geologische Feinkartierung lokaler Strahlungsanomalien

Anhand chemischer Analysen von rasterartig entnommenen Bodenproben (Probengitter) kann die Ausdehnung einer bekannten Anomalie genauer untersucht und räumliche abgegrenzt werden.

Bohrungen mittels verschiedener Bohrverfahren (mit und ohne Kerngewinn)

    • flache Bohrungen bis wenige Meter Tiefe zur Erkundung oberflächennaher Vorkommen
    • tiefere Bohrungen bis mehrere 100 m Tiefe zur Erkundung von Urananreicherungen mit zunehmender Tiefe
5: Bergmännische Untersuchung einer Lagerstätte

Bergmännische Untersuchungen von Uranvorkommen im Schwarzwald wurden nur in der Grube Müllenbach und der Grube Krunkelbach in Menzenschwand durchgeführt. In beiden Gruben wurde „ausschließlich“ Versuchsbergbau betrieben, ein Regelbetrieb wurde nicht aufgenommen.

Die Hauptvorkommen blieben drin.

Wurde die Erlaubnis zur Prospektion erteilt, war der Ermächtigungsinhaber verpflichtet, die Arbeiten innerhalb von sechs Monaten aufzunehmen und diese auch kontinuierlich weiterzuführen. Wegen der staatlichen nicht unbedeutenden Bezuschussung durch Bund und Land mussten auch laufend Verwendungsnachweise der empfangenen Fördergelder erstellt werden.

Erteilte Konzessionen zur Prospektion

1960

Barbara Erzbergbau AG, Düsseldorf

Erlaubnisfeld: Badenweiler

1960

Gewerkschaft Brunhilde, Uetze (Niedersachsen)

Erlaubnisfelder: Belchen und Oberkirch

Ab 1977 ist die Pathfinder Mines Corporation in San Francisco, ein zum General-Electric-Konzern gehörendes Uranbergbau-Unternehmen, mit 75 Prozent an drei Schürfkonzessionen der Gewerkschaft Brunhilde beteiligt.

1969

Uranerzbergbau GmbH & Co. KG, Bonn

Erlaubnisfeld: Hotzenwald-Kinzigtal

(Förderzeitraum: August bis Dezember 1975)

1972 + 1975

Saarberg-Interplan Uran GmbH

später: Saarberg-Interplan AG

(eine Tochter der bundeseigenen Saarbergwerke AG)

Erlaubnisfelder: Baden-Baden/Gernsbach und Murgtal (1972) sowie Nagoldtal, Elztal, Kandertal und Schuttertal (1975)

Ab 1980 ist die Rio Holdings Exploration GmbH aus Hannover, Tochterfirma der britischen Rio Tinto Zinc-Corporation Ltd., mit 40 Prozent bei zwei Prospektion-Konzessionen der Saarberg-Interplan im Schwarzwald beteiligt.

1983

Die Uran-Prospektion wird eingestellt

Vor dem Hintergrund stark fallender Weltmarktpreise, dem Rückgang staatlicher Förderungen und den stetig zunehmenden Widerständen der Umweltbewegung wurde die Uransuche im Schwarzwald im Jahr 1983 eingestellt.

Radioaktivität

Messverfahren

Radon