Geologie Schwarzwald

Entstehung

Gesteine

Altes Hochgebirge

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Entstehung

Die Entstehung als Mittelgebirge, wie wir es heute kennen, verdankt der Schwarzwald plattentektonischen Vorgängen im Zusammenhang mit der Entstehung der Alpen im Eozän.

Das durch die Plattenkollision im Alpenraum resultierende Spannungsfeld bewirkte im nördlichen Vorland eine Dehnung der Erdkruste, die zu sinistralen schrägabschiebenden Bewegungen auf NNE–SSW gerichteten Störungen und zu dextralen Bewegungen auf NW–SE orientierten Störungen führten. Ähnliche geologische Vorgänge kennen wir aus dem tektonischen Vorland des im gleichen Zeitraum entstandenen Hochgebirges des Himalaya, dem höchsten Gebirge der Erde.

Im Bereich einer alten, bereits varszisch angelegten Scherzone führte die Krustendehnung zur Bildung des Oberrheingrabens. Die rezenten Erdbeben in Südwestdeutschland belegen, dass diese tektonischen Prozesse unvermindert anhalten.

Im Zuge der Grabenbildung wurden die westlichen und östlichen Schulterbereiche des Oberrheingrabens angehoben. Diese Schulterbereiche kennen wir heute als „Vogesen“ und „Schwarzwald“. Die Hebung, die bis heute andauert, ist im Süden stärker ausgeprägt, so dass der Feldberg (1.493 m) als höchster Gipfel im Schwarzwald, den höchsten Gipfel im Nordschwarzwald, die Hornisgrinde (1.163 m), deutlich an Höhe überragt. Der höchste Gipfel in den Vogesen ist der Grand Ballon (1.424 m) in den Südvogesen/Hochvogesen (Großer Belchen).

In den letzten 2,5 Millionen Jahren (Pleistozän) wurde der Schwarzwald durch verschiedene Vereisungsphasen charakteristisch überprägt. Während der Südschwarzwald von einer großen Eiskappe bedeckt war, gab es im Nordschwarzwald viele kleinere Kargletscher. Eine Übersichtskarte der Spuren der Eiszeit im Schwarzwald finden Sie hier.

Gesteine

Als Gebirgslandschaft ist der Schwarzwald mit einem Alter von weniger als 50 Millionen Jahre geologisch betrachtet sehr jung, seine Gesteine sind mit bis zu 350 Millionen Jahren jedoch deutlich älter.

Die Gesteine lassen sich grob nach den älteren Kristallingesteinen des Grundgebirges und den jüngeren Gesteinen des Deckgebirges unterscheiden.

Grundgebirge

Vorherrschende Gesteine des Grundgebirges sind Gneise, gneisähnliche Gesteine und Granite, hauptsächlich aus Feldspäten, Quarz und Glimmer. Die Gneise sind unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen vor rund 350 bis 330 Millionen Jahren in großen Tiefen aus der Umwandlung noch viel älterer Gesteine entstanden. Entsprechend der Druckverhältnisse bei der Entstehung sind die Minerale lagenweise senkrecht zur Hauptdruckrichtung angeordnet.

In Abhängigkeit der Genese des Ausgangsgesteins werden Paragneise (Sedimentgesteine) und Orthogneise (Granite) unterschieden. Orthogneise sind glimmerarm und oft grobkörnig ausgebildet. Teilweise waren die Gneise höheren Temperaturen ausgesetzt und wurden partiell aufgeschmolzen. Diese als Migmatite bezeichneten Gesteine haben eine schlierige, gefaltete bis massige Textur oder weisen ein granitähnliches Aussehen auf.

Foto: Steinbruch am Schrofel westlich Baiersbronn-Heselbach, Baiersbronn-Röt (Aufschluss Grenze Grundgebirge-Deckgebirge)

Deckgebirge

Das Deckgebirge besteht vorwiegend aus Sedimentgesteinen des Rotliegenden (Arkosen und Fanglomerate) und Buntsandstein, vereinzelt finden sich auch Gesteine aus dem Karbon (v.a. Grauwacken, selten auch in geringen Mengen kohlenhaltig).

In einzelnen Randscholllen am Westrand des Schwarzwalds konnten die ansonsten weiträumig vollständig erodierten jüngeren Sedimentgesteine des Deckgebirges (Muschelkalk bis Jura) vor dem Abtrag geschützt werden.  Die ältesten Sedimentgesteine stammen aus dem Silur und Devon sind nur sehr lokal vorhanden, z.B. in der Zone von Badenweiler-Lenzkirch.

Die Sedimentgesteine des Oberkarbon und Rotliegenden wurden aus Abtragungsschutt des Variszischen Orogens gebildet:

agsdi-time

Oberkarbon

Subaquatische Ablagerungen von Schlammströmen im Schelfbereich (Turbidite) und terrestrische/limnische Ablagerungen bei tropischem Gebirgsklima.

agsdi-time

Rotliegendes

Fluviatile Sedimentschüttungen von unreifen, feldspatreichen Sedimenten in tektonisch gebildeten Senkungsbereichen (Becken) bei subtropischem Wüstenklima („Rotsedimente“). Die fehlende „Reife“ und große Mächtigkeit der Sedimentablagerungen weist auf ein nahegelegenes Liefergebiet mit hoher Reliefenergie hin.

In der Spätphase der variszischen Orogenese wurden im Perm durch spätorogene vulkanische Tätigkeit rhyolithische Magmen in Spalten- und Deckenergüssen gefördert. Die Förderzentren (Schlote) der Laven können oft nicht mehr lokalisiert werden. Der alten Nomenklatur folgend werden die Rhyolithe noch heute oft als Quarzporphyre bezeichnet (der Begriff „Porphyr“ beschreibt ein Gefüge, bei dem einzelne Minerale in einer feinkörnigen, visuell nicht auflösbaren Matrix „schwimmen“). Texturell können teilweise auch Pyroklastische Ströme oder Glutlawinen (base surges)  abgegrenzt werden, die Zeugen besonders destruktiver vulkanischer Tätigkeit mit sehr hohen Ablagerungsgeschwindigkeiten sind.

Das Deckgebirge tritt großflächig v. a. im Nordschwarzwald und am Ostrand des Mittleren Schwarzwalds auf. Darüber hinaus aber auch kleinräumig im Westen und Südwesten/Süden, v.a. im Bereich der Lahr-Emmendinger Vorbergzone.

Böschungsaufschluss an der Schwarzwaldhochstraße (B 500) südlich Seibelseckle, Seebach (Aufschluss Grenze Grundgebirge-Deckgebirge)

Kutzenstein, Renchen: Grundgebirge (Granit) mit Wollsackverwitterung

Battert, Baden-Baden: Deckgebirge (Rotliegendes)

Altes Hochgebirge

Das Grundgebirge und die ältesten Sedimentgesteine des Deckgebirges sind Zeugen eines noch älteren Gebirges, das sich vor über 300 Millionen Jahren im Bereich des heutigen Schwarzwalds (und weit darüber hinaus) befand.

Dieses alte Gebirge entstand als Faltengebirge durch die Kollision der beiden paläozoischen Großkontinente Gondwana und Laurussia (Old-Red-Kontinent) und mehrerer dazwischen liegender Mikrokontinente (Terranes). Diese als variszische Orogenese bezeichnete Gebirgsbildung führte am Ende des Erdalterums zur Bildung des „Urkontinents“ Pangäa.

Das Gebirge wird als Variszisches Gebirge bezeichnet (andere Bezeichnungen/Schreibweisen: „Variskisches Gebirge“ oder „Varisziden“).

Variszisches Gebirge

Das Variszische Gebirge war ein ca. 500 bis 1.000 km breites Hochgebirge.

Das Gebirge erstreckte sich vom Westrand der Russischen Plattform über Europa sowie Nordwest-Afrika (Anti-Atlas) bis ins östliche Nordamerika (Appalachen) und von dort über Texas (Ouachitiden) und NE-Mexiko (Sierra Madre Oriental) vermutlich bis nach Zentralamerika.

Durch das spätere Zerbrechen des „Urkontinents“ Pangäa  im späten Erdmittelalter (Beginn der Öffnung des Nordatlantiks vor ca. 120 Millionen Jahren) wurde auch das varizische Orogen zersplittet. Heute finden sich die Reste dieses Hochgebirges sehr weiträumig verteilt auf beiden Seiten des Atlantiks.

Die Varisziden in Mitteleuropa

Der durch die Orogenese in Mitteleuropa entstandene Hochgebirgszug, der auch Karbonische Alpen genannt wird, war etwa 600 km lang und hatte eine durchschnittliche Höhe von wahrscheinlich ca. 5 km, was in etwa dem heutigen tibetischen Hochplateau entspricht.

Die Gliederung der Varisziden in Mitteleuropa geht auf den Geologen Franz Kossmat zurück (1927). Dabei werden  vier supparallel verlaufende Hauptzonen unterschieden. Eine Vorzone im Nordwesten und drei südlich daran anschließende Gebirgsbögen.

Die verschiedenen Zonen unterscheiden sich sehr deutlich in ihrem geologischen Aufbau (Lithologie, Metamorphosegrad, Tektonik) und sind durch weitläufige und sehr tiefreichende Störungszonen voneinander getrennt.

Subvariszische Saumtiefe

Karbonische Gebirgsvortiefe mit ausgiebiger paralischer Kohlebildung (zyklischer Wechsel zwischen Sumpfwäldern und Meer)

Verbreitung: Ardennen – Ruhrgebiet – Oberschlesien (die mittel- und ostdeutschen Anteile liegen tief im Untergrund)

Rhenoherzynikum

Name: benannt nach Rhein und Harz

Gefaltete, weitgehend nichtmetamorphe Füllung des Rhenoherzynischen Beckens aus marinen, überwiegend siliziklastischen Sedimenten und basischen submarinen Vulkaniten. Kaum durchsetzt mit spät- und postorogenen Graniten.

Heute aufgeschlossen: Ardennen – Rheinisches Schiefergebirge – Harz

Saxothuringikum

Name: benannt nach Sachsen und Thüringen

Gefaltete Füllung des Saxothuringischen Beckens, teils nichtmetamorph / faziell ähnlich den Schichten des Rhenoherzynikums, teils in verschiedenen metamorphen Fazies vorliegend. Relativ stark durchsetzt mit spät- und postorogenen Graniten.

Heute aufgeschlossen: Thüringer Schiefergebirge – Frankenwald – Vogtland – Fichtelgebirge –  Erzgebirge – Oberlausitz – Sudeten.

Mitteldeutsche Kristallinschwelle

Am Nordwestrand des Saxothuringikums entlang zieht sich ein von Kristallin geprägter, als ehemaliger Inselbogen interpretierter Gesteinsgürtel, der als Mitteldeutsche Kristallinschwelle (MKS) bezeichnet wird.

Heute aufgeschlossen: Nordvogesen – Nordschwarzwald – westlicher Spessart („Vorspessart“) – westlicher Odenwald – nördlicher Thüringer Wald (Ruhlaer Kristallin) – Kyffhäuser.

Moldanubikum

Name: benannt nach Moldau und Donau

Faktisch ausschließlich aus Kristallin bestehender Gesteinskomplex. Durchsetzt mit großen Granitoiden.

Heute aufgeschlossen: Vogesen – Schwarzwald – Böhmische Masse (südlich des Fichtelgebirges und des Egergrabens).

Gliederung der Varisziden in Deutschland und Umgebung nach Kossmat 1927 (verändert).

(Jo Weber), CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Die Varisziden im Schwarzwald

Der Schwarzwald liegt in der südlichsten dieser Hauptzonen, der Kernzone des Variszischen Orogens, dem Moldanubikum. Hier dominieren hochmetamorphe Gesteine, sowie ausgedehnte Granit-Komplexe, die dokumentieren, dass dieser Krustenabschnitt während der Gebirgsbildung besonders tief versenkt, aufgeheizt und teilweise aufgeschmolzen wurde. Im Moldanubikum sind vermutlich u.a. mehrere Mikrokontinente miteinander vereinigt, und die lokal auftretenden Eklogite könnten z.T. Reste von ursprünglich dazwischen liegenden Meeresbecken mit ozeanischer Kruste darstellen, die vor der Kollision subduziert wurden. Eklogite bzw. auf Eklogite zurückgehende Amphibolite (eklogitischer Amphibolit) treten z.B. als kleinere Körper in Einheiten der Mittelschwarzwald-Kerngneis-Gruppe auf.

Im Nordschwarzwald bei Baden-Baden lässt sich die Grenze zur nördlich angrenzenden Hauptzone, dem Saxothuringikum nachweisen. Das Saxothuringikum besteht aus meist stark gefalteten, geschieferten und verschuppten sedimentären, magmatischen und metamorphen Gesteinen des Präkambriums bis Karbon. Es dominieren flach- bis tiefmarine Schiefer und sandige Gesteine, Schwellenkalke, Vulkanite, Gneise, Amphibolite und Granite. Das Saxothuringikum wird als orogenes Mosaik gedeutet, in dem Relikte von paläozoischen Meeresbecken, magmatischen Bögen, Subduktionszonen und eines Mikrokontinentes (Terrane, Armorica) im Zuge der Variszischen Orogenese miteinander vergesellschaftet wurden.

Die Baden-Baden-Schiefer-Gruppe (aBB) besteht aus einem niedrig metamorphen, grünschieferfaziellen Phyllitzug im Norden, südlich anschließend aus höher metamorphen, amphibolitfaziellen Glimmerschiefern. Ausgangsgesteine waren marine Sedimente und teilweise basische Tuffe, die später im Rahmen der variszischen Orogenese metamorph überprägt und zerschert wurden. Heute sind die Vorkommen nur als isolierte Erosionsreste in den überlagernden Rotliegend-Sedimenten erhalten, die Grenzen der Einheiten und die Begrenzung zum Nordschwarzwälder Granitgebiet sind überdeckt.

Die einzelnen Schiefer-Einheiten in der Senke von Baden-Baden sind in der Geologischen Karte „dunkelgrün“ dargestellt.

Geologische Karte der Senke von Baden-Baden (GK 50). © LGRB, Kartenviewer

Die Grenzen zwischen den Hauptzonen des Variszischen Gebirges sind auffällige geologische Diskontinuitäten, werden häufig von markanten Störungszonen (Suturen) gebildet und heute vielfach als fossile Platten- oder Terrane-Grenzen interpretiert. Ein sehr kurzer Abschnitt einer solchen Sutur lässt sich in einem ca. 2-5 km breiten Streifen quer durch den Südschwarzwald zwischen Badenweiler und Lenzkirch nachweisen (Zone von Badenweiler-Lenzkirch, BLZ).

Geologische Karte der Zone von Badenweiler-Lenzkirch (GK 50). © LGRB, Kartenviewer

Im Variszischen Gebirge waren wahrscheinlich mehrere Subduktionszonen aktiv, deren Bewegungsrichtungen sich aus den Faltenvergenzen der deformierten Gesteine erschließen lassen, u.a. an der Südgrenze des Moldanubikums (Subduktion nach Norden) und zwischen Moldanubikum und Saxothuringikum (Subduktion nach Süden).

Tektonisch lassen sich innerhalb des Grundgebirges von Norden nach Süden folgende tektonische Baueinheiten unterscheiden:

Baden-Baden Zone (BBZ), Grenzgebiet Moldanubikum/Saxothuringikum

Nord- und Mittelschwarzwälder Kristallin (NMSK)

Zone von Badenweiler-Lenzkirch (BLZ)

Südschwarzwälder Kristallin (SSK)