Was ist Radioaktivität?

Radioaktivität ist die Eigenschaft bestimmter chemischer Elemente, sich von selbst umzuwandeln. Diese Umwandlung wird als radioaktiver Zerfall bezeichnet und ist mit einer charakteristischen Strahlung verbunden.

Trifft diese Strahlung auf Materie, erzeugt sie Ionen. Sie wird daher als ionisierende Strahlung bezeichnet.

Die Entdeckung der Radioaktivität
Martin Heinrich Klaproth: Entdeckung von Uran (1789)

Der Berliner Apotheker und spätere Lehrer an der Bergakademie und Professor der Artillerie-Akademie, Martin Heinrich Klaproth (geboren 1743 in Wernigerode) war Autodidakt, ohne jedes Hochschulstudium.

Allen Hypothesen und spekulativen Überlegungen abgeneigt, betrachtete er das Experiment als einzige Grundlage chemischer Erkenntnisse. Er war einer der ersten im heutigen Sinne wissenschaftlich, methodisch-exakt, ohne willkürliche Korrekturen quantitativ arbeitenden Analytiker. Damit wurde er zum Begründer der genauen Gewichtsanalyse und hat durch seine Untersuchungen die Entwicklung der Mineralchemie wesentlich gefördert.

Klaproth gilt als der hervorragendste Chemiker seiner Zeit in Deutschland.

Er führte zahlreiche Mineralanalysen durch und entdeckte sieben Elemente (Zirkon, Titan, Strontium, Chrom, Tellur, Cer).

Er analysierte u.a. auch Pechblende aus der Grube Georg Wagsfort in Johanngeorgenstadt im Erzgebirge. Am 24.09.1789 legte er die Ergebnisse seiner Untersuchungen der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften unter dem Titel „Uranit, ein neues Halbmetall“ vor.

Das neu entdeckte Element „Uranit“ benannte er nach dem am 13. März 1781 von Friedrich Wilhelm Herrschel entdeckten Planeten Uranus. Später benannte Klapproth das Element in Uranium um.

Heute kennen wir das Element als „Uran“.

Conrad Wilhelm Röntgen: Eine neue Strahlung (1895)

Die Geschichte der Radioaktivität beginnt am Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entdeckung einer neuen Strahlung.

Der deutsche Physiker Conrad Wilhelm Röntgen (1845 – 1923) führte in einer Hochvakuum-Glasröhre Experimente zur Untersuchung der Kathodenstrahlen (Elektronenstrahlen oder Betastrahlung) durch.

Die nach dem Physiker Sir William Crooke benannte „Crookesche Röhre“ bezeichnete Röhre (oder  Schattenkreuzröhre) diente der Erforschung der Gasentladung sowie der Teilchenstrahlen im Vakuum.

Beim Beschießen der Anode mit hochenergetischen Elektronen wollte er die Fähigkeit der Kathodenstrahlen untersuchen, Materialien zum Fluoreszieren zu bringen.

Am 08.11.1895 beobachtete er bei seinen Experimenten eine Strahlung, die scheinbar in der Lage war, Materie zu durchdringen. Röntgen gab der unbekannten Strahlung den Namen X-Strahlung („x-rays“).

Bei einem Vortrag vor Kaiser Wilhelm II. am 12. Januar 1896 stellte Röntgen seine Entdeckung öffentlich vor und am 23. Januar hielt er anlässlich einer Sitzung der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft einen Vortrag vor begeisterten Zuhörern aus allen Kreisen der Wissenschaft und Gesellschaft im vollbesetzten Hörsaal des Physikalischen Instituts. Im Anschluss an den Vortrag schlug der Anatom Albert Kölliker die Umbenennung der „X-Strahlen“ in „Röntgen’sche Strahlen“ (oder „Röntgen-Strahlen“) vor, was von der Versammlung unter Vorsitz von Karl Bernhard Lehmann umgehend angenommen wurde.

Für diese Entdeckung erhielt Conrd Wilhelm Röntgen 1901 den ersten Nobelpreis für Physik.

Schnell erkannte man die medizinische Bedeutung der Röntgenstrahlung, die auch in der modernen Medizin nicht wegzudenken ist.

Antoine-Henri Becquerel: Uran-Strahlung (1896)

Auch der französische Physiker Antoine-Henri Becquerel (1852 – 1908) interessierte sich für die Röntgenstrahlung. Er vermutete einen Zusammenhang von Röntgenstrahlung und Fluoreszenz, seinem eigentlichen Arbeitsgebiet.

Er legte dazu Kaliumuranyl-Kristalle auf eine mit schwarzem Papier umwickelte Photoplatte in das Sonnenlicht.

Da die Photoplatte einen dunklen Fleck aufwies, nahm er an, dass der Kristall durch das Sonnenlicht zum Fluoreszieren gebracht wurde und die Photoplatte durch dabei erzeugte Röntgenstrahlen geschwärzt wurde.

An den nachfolgenden bewölkten Tagen konnte er seine Experimente nicht fortführen, er legte aber eine bereits vorbereitete Platte und einen Kristall in eine Schublade. Um sicherzugehen, dass ohne Einwirkung von Sonnenlicht keine Reaktion erfolgt, entwickelte er diesen Film und entdeckte einen Grauschleier.

Es musste also eine Strahlung vorhanden sein, die nichts mit Fluoreszenz oder Sonnenstrahlen zu tun hat.

Weitere Versuche erbrachten, dass nur Stoffe, die Uran enthielten, die Photoplatten schwärzten.

Damit war klar, dass Uran ein „strahlendes“ Element ist, die Strahlung wurde zunächst als Becquerel- oder Uran-Strahlung bezeichnet.

Becquerel versuchte in der Folge, das Rätsel dieser Uranstrahlen zu lösen, eine junge Polin half ihm dabei…

Marie Curie: Radium und Radioaktivität (1898)

lm Jahr 1891 zog die 24-Jährige Marya Salomee Sklodowska nach Paris, um Physik und Chemie zu studieren. Der Grund: In Polen waren Frauen bis dahin nicht zum Studium zugelassen. Im November 1891 schrieb sie sich an der Sorbonne für die Fächer Physik und Chemie ein.

Marya nennt sich fortan Marie.

1894 begegnete sie Pierre Curie, der als Lehrer an einer Schule für Physik und Chemie in Paris tätig war. Fortan arbeiteten die beiden gemeinsam in einem kleinen Labor der Schule.

Marie begann ihre Dissertation „Recherches sur les substances radioactives“ über die spontane Emission ionisierender Strahlen durch das Uran, ein Phänomen, das zuvor von ihrem Doktorvater Henri Becquerel entdeckt worden war. 1895 heirateten Pierre und Marie.

Im Jahr 1897 bringt sie nicht nur ihre erste Tochter Irène zur Welt, sondern beginnt auch ihre Doktorarbeit mit der Untersuchung der mysteriösen Uranstrahlung. Bis dato war es in Europa noch keiner Frau gelungen, ihre Promotion abzuschließen.

Zusammen mit ihrem Ehemann Pierre untersucht sie systematisch die Stärke der Aktivität der neuen Strahlung und stellt fest, dass die Aktivität nur von der Menge des enthaltenen Urans abhängt, somit nichts mit chemischen Bindungen zu tun hat, sondern eine atomistische Eigenschaft ist.

Bei der Untersuchung fällt ihr auf, dass zwei uranhaltige Minerale, Pechblende und Chalkolit, ungewöhnlich hochaktiv sind. Sie schließt daraus, dass sie ein anderes Element enthalten, das weitaus aktiver als Uran ist.

Im Juli 1898 entdeckte Marie Sklodowska-Curie bei der Suche nach einer strahlungsstärkeren Substanz als Uran nach auch körperlich sehr aufreibenden Versuchen eine neues Element. Zu Ehren ihrer polnischen Heimat gab sie ihr den Namen Polonium.

Doch damit gab sich Marie nicht zufrieden, denn ihre Untersuchungen wiesen darauf hin, dass es eine weitere, noch stärker strahlende Substanz geben muss. Nur fünf Monate später machte sie mit Unterstützung ihres Mannes Pierre Curie ein weiteres radioaktives Element aus: das Radium (von lateinisch radius „Strahl“).

Marie Sklodowska-Curie prägt für sie den Namen „Radioaktivität(von französisch radioactivité; zu lateinisch radiare „strahlen“ und activus „tätig“, „wirksam“; zusammengesetzt also „Strahlungstätigkeit“)

Für ihre Arbeiten über Radioaktivität erhält sie 1903 zusammen mit ihrem Mann und ihrem Doktorvater Antoine-Henri Becquerel den Nobelpreis für Physik.

Ihr Ziel galt der Reindarstellung des Radiums, denn nur in reinem Zustand wird ein Element von der Chemie als gesichert angesehen. Wenn man sich vorstellt, dass in einer Tonne Pechblende nur ca. 200 bis 250 mg Radium enthalten sind, weiß man, welche Sysiphusarbeit dahintersteckt.

Auf Bitten der französischen Académie des Sciences an die österreichische Akademie der Wissenschaften, wurden Marie Curie die Haldenrückstände der Urangewinnung in St. Joachimsthal zur Verfügung gestellt, insgesamt wahrscheinlich mehr als 60 Tonnen.

In der Zwischenzeit wird ihr Mann Pierre von einem Pferdewagen überfahren und stirbt, Marie Curie stürzt sich um so verbissener in ihre Arbeit.

Sie erhält den Lehrstuhl für Physik ihres Mannes und übernimmt zugleich die Leitung des Labors. Damit wurde sie zur ersten weiblichen Hochschullehrerin an der Sorbonne.

1911 gelingt es ihr, 20 mg Radiumchlorid herzustellen. Dafür erhält sie noch im selben Jahr den Nobelpreis für Chemie.

Sie war der erste Mensch, der zwei Nobelpreise in zwei verschiedenen Fachgebieten erhielt.

Am eigenen Leib hatten die Curies die zerstörerische Wirkung der Radioaktivität am Gewebe erfahren, Radium erlangte große Bedeutung für die Behandlung von Hautkrebs und es wurde bald fabrikmäßig hergestellt.

Marie Curie erlangte Weltruhm, ihre Tochter Irène Joliot-Curie setzte zusammen mit ihrem Ehemann Frédéric Joliot die Arbeit der Mutter fort und stellte künstliche Atomarten, Transurane, her, wofür sie 1935 den Nobelpreis für Chemie erhielt.

Diese Ehrung ihrer Tochter erlebte Marie Curie nicht mehr. Sie starb am 4. Juli 1934 in einem Sanatorium in Sancellemoz im Hochsavoyen an den Folgen einer Anämie, die vermutlich auf ihren langjährigen Kontakt mit radioaktiven Substanzen zurückzuführen war.

Ernest Rutherford: Radioaktiver Zerfall (1902)

Der neuseeländische Physiker Ernest Rutherford erkannte 1897, dass die ionisierende Strahlung von Uran aus mehreren Teilchenarten besteht.

1899 entdeckt Rutherford das radioaktive Element Radon.

1902 stellte er die Hypothese auf, dass chemische Elemente durch radioaktiven Zerfall in Elemente mit niedrigerer Ordnungszahl übergehen.

Er unterschied 1903 die Radioaktivität in Alphastrahlung, Betastrahlung und Gammastrahlung nach ihrem zunehmenden Durchdringungsvermögen und führte den Begriff der Halbwertszeit ein.

Diese Arbeit wurde 1908 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Das Rutherfordsche Atommodell

Sein bekanntester Beitrag zur Atomphysik ist das Rutherfordsche Atommodell, das er 1911 aus seinen Streuversuchen von Alphateilchen an Goldfolie ableitete. Rutherford erweiterte das Atommodell von Thomson, der von einer gleichmäßigen Masseverteilung ausgegangen war.

Ionisierende Strahlung

Es gibt verschiedene Arten der ionisierenden Strahlung. Man unterscheidet Teilchenstrahlung und elektromagnetische Strahlung. Die verschiedenen Strahlungsarten besitzen

unterschiedliche Energie

unterschiedliches Durchdringvermögen

unterschiedliche biologische Wirksamkeit

Teilchenstrahlung
Alphastrahlung

Alphastrahlung ist eine Teilchenstrahlung, die aus zwei Protonen und zwei Neutronen besteht. Ein Alphateilchen ist demnach ein Kern des Elements Helium.

Alphateilchen werden von Materie (zum Beispiel von Luft oder Wasser) sehr schnell absorbiert und haben daher nur eine sehr geringe Reichweite

  • wenige Zentimeter in Luft
  • weniger als ein Millimeter in Wasser

Sie können bereits durch ein Blatt Papier abgeschirmt werden.

Bei Einwirkung von außen kann Alphastrahlung nur in die äußeren Hautschichten des Menschen eindringen.

Wenn Alphastrahler, also radioaktive Stoffe, die bei ihrem Zerfall Alphateilchen abgeben, über die Atemluft oder die Nahrung in den Körper gelangen (Inkorporation), kann dies zu einer erheblichen Strahlenbelastung führen.

Da die Alphateilchen auf einer sehr kurzen Distanz ihre Energie abgeben, schädigen sie das Gewebe besonders stark. Alphateilchen haben also eine besonders starke biologische Wirkung.

Ein typisches und wichtiges Beispiel für die Inkorporation von Alphastrahlern ist die Aufnahme von Radon und seinen Folgeprodukten mit der Atemluft.

Betastrahlung

Betastrahlung ist eine Teilchenstrahlung, die entsteht, wenn radioaktive Atomkerne bei ihrem Zerfall (negativ geladene) Elektronen oder – seltener – Positronen aussenden.

  • Beim Beta-Minus-Zerfall entsteht aus einem Neutron ein Proton und ein Elektron. Es entsteht ein neues Element mit einer um 1 höheren Ordnungszahl.
  • Beim Beta-Plus-Zerfall entsteht aus einem Proton ein Neutron und ein Positron. Es entsteht ein neues Element mit einer um 1 geringeren Ordnungszahl.

Betastrahlung wird von Materie weniger stark absorbiert als Alphastrahlung und hat daher eine größere Reichweite:

Das Durchdringungsvermögen von Betateilchen

  • beträgt in Luft einige Zentimeter bis Meter
  • in Weichteilgewebe oder Kunststoff wenige Millimeter bis Zentimeter.

Betastrahlung lässt sich relativ leicht abschirmen, zum Beispiel mit einem Aluminiumblech, das einige Millimeter dick ist.

Auch radioaktive Teilchen, die Betastrahlung aussenden, können zu einer erheblichen Strahlenbelastung führen, wenn sie mit der Atemluft oder der Nahrung in den Körper aufgenommen (inkorporiert) werden.

Betastrahlung, die von außen auf den Körper einwirkt, kann das Gewebe ebenfalls schädigen, da sie, wenn auch nicht sehr tief, in den Körper eindringen kann.

Sie gibt aber über eine bestimmte Wegstrecke deutlich weniger Energie ab als Alphastrahlung.

Betastrahlung hat also eine geringere biologische Wirksamkeit als Alphastrahlung.

Neutronenstrahlung

Neutronenstrahlung besteht aus ungeladenen Teilchen (den Neutronen). Neutronen werden insbesondere bei der Kernspaltung – einer speziellen Form der Kernumwandlung – freigesetzt. Die Kernspaltung ist nur für schwere Atomkerne (wie zum Beispiel des Elements Uran) charakteristisch.

Neutronenstrahlung wird von Luft kaum absorbiert. Ihre Abschirmung ist ziemlich aufwändig. Materialien mit einem möglichst hohen Wasserstoffanteil (zum Beispiel Paraffin, Polyethylen, Wasser) werden verwendet, um die Neutronen zunächst abzubremsen. Die abgebremsten (thermischen) Neutronen müssen durch einen Absorber (zum Beispiel Bor oder Cadmium) eingefangen werden. Die gleichzeitig freiwerdende Gammastrahlung muss mit Blei abgeschirmt werden.

Vor allem aufgrund der starken Wechselwirkung mit biologischem Gewebe (insbesondere den darin enthaltenen Wassermolekülen) hat Neutronenstrahlung eine hohe biologische Wirksamkeit.

Elektromagnetische Strahlung
Gammastrahlung

Bei Gammastrahlung wird Energie als elektromagnetische Welle transportiert.

Die elektromagnetische Strahlung kann man anhand ihrer Frequenz beziehungsweise ihrer Wellenlänge beschreiben. Je höher die Frequenz und je kürzer die Wellenlänge, desto energiereicher ist die Strahlung. Gammastrahlung befindet sich am energiereichen Ende des „elektromagnetischen Spektrums“, bei hoher Frequenz beziehungsweise kurzer Wellenlänge.

Gammastrahlung entsteht beim Zerfall radioaktiver Atome im Atomkern, oftmals zusätzlich zur Alpha- oder Betastrahlung. Sie durchdringt Materie sehr leicht.

Ihre Abschirmung ist daher aufwendig. Dafür werden schwere Materialien wie beispielsweise Blei und Beton verwendet.

Gammastrahlung ist sowohl bei äußerer Einwirkung als auch bei Inkorporation für Lebewesen schädlich, da sie tief ins Gewebe eindringt.

Ihre biologische Wirksamkeit ist aber niedriger als zum Beispiel die von Alphastrahlung, da sie über eine bestimmte Distanz weniger Energie an das Gewebe abgibt.

Röntgenstrahlung

Röntgenstrahlung ist elektromagnetische Strahlung. Sie kann beim Abbremsen von schnellen Elektronen an der Anode (positiv geladene Elektrode) einer Röntgenröhre technisch erzeugt werden. Je höher die anliegende Röhrenspannung ist, mit der die Elektronen in der Röntgenröhre beschleunigt werden, desto kurzwelliger und damit energiereicher ist die Maximalenergie der entstehenden Röntgenstrahlung.

Wenn das Röntgengerät abgeschaltet ist, wird keine Röntgenstrahlung erzeugt.

Röntgenstrahlung kann auch als Folge des Zerfalls radioaktiver Atomkerne entstehen, wenn sich durch den Zerfall das chemische Element ändert. Die Elektronenhülle passt sich an diese Änderung an und gibt die freiwerdende Energie in Form von Röntgenstrahlung ab.

Radioaktiver Zerfall

Von den 111 bekannten chemischen Elementen kommen 91 auch in radioaktiver Form in der Natur, zum Beispiel im Boden oder in Gesteinen, vor. Einige sind seit der Entstehung der Erde vorhanden (zum Beispiel Kalium-40 und Rubidium-87), andere werden fortlaufend in der Atmosphäre neu gebildet (zum Beispiel Tritium, Beryllium-7, Kohlenstoff-14 und andere).

Beim radioaktiven Zerfall

wird sehr energiereiche Strahlung ausgesandt

können sowohl stabile als auch radioaktive Zerfallsprodukte (Radionuklide) entstehen

Die radioaktiven Stoffe zerfallen wiederum so lange, bis stabile Atomkerne entstehen. Dies wird als natürliche Zerfallsreihe bezeichnet. In der Natur existieren ca. 270 stabile und 70 radioaktive Nuklide. Weit über tausend wurden künstlich erzeugt. Die bekannten Nuklide werden in so genannten Nuklidkarten oder Isotopentabellen dargestellt.

Halbwertszeit

Der radioaktive Zerfall unterliegt im statistischen Mittel festen zeitlichen Änderungsgesetzen. Charakteristisch ist dabei die Halbwertszeit, also die Zeit, nach der die Hälfte der radioaktiven Atome umgewandelt ist. Die Halbwertszeit beträgt für die verschiedenen Radionuklide zwischen Mikrosekunden bis Milliarden Jahre.

Natürliche Zerfallsreihen

Es gibt drei natürliche radioaktive Zerfallsreihen. Die sehr langlebigen Mutternuklide sind Uran-238, Uran-235 und Thorium-232. Eine vierte Zerfallsreihe, die Neptunium-Reihe, ist heute nicht mehr zu beobachten, da praktisch alles ursprünglich auf der Erde vorhandene natürliche Neptunium inzwischen zerfallen ist.

Anfangsnuklid: U-238

Endnuklid: Blei-206

Anfangsnuklid: U-235

Endnuklid. Blei-207

Anfangsnuklid: Th-232

Endnuklid: Blei-208

Aktivität und Dosis
Aktivität

Die Aktivität gibt an, wieviele Atomkerne je Zeiteinheit (Sekunde) radioaktiv zerfallen.

Ihre Einheit (SI-Einheit) ist „Becquerel“.

1 Becquerel (Bq) = 1 s⁻¹

Die SI-Einheit „Becquerel (Bq) ersetzt das „Curie“ (Ci), das bis 1998 noch als „temporär zugelasse Einheit“ galt. Zwischen diesen beiden Einheiten besteht folgender Zusammenhang:

1 Ci = 3,7 · 1010 Bq

1 Bq = 2,7027 · 10−11 Ci

Da 1 Bq eine extrem geringe Aktivität ist, treten in der Praxis sehr große Zahlenwerte auf.

Hinweis: Namensgeber der SI-Einheit ist der französische Physiker Antoine Henri Becquerel (1852-1908), der „Entdecker“ der Radioaktivität.

Energiedosis

Trifft ionisierende Strahlung auf biologisches Gewebe, wird sie vom Gewebe aufgenommen (absorbiert). Die aufgenommene Energie bezogen auf die Masse biologischen Gewebes wird als Energiedosis bezeichnet und in Gray (Gy) angegeben.

1 Gray (Gy) entspricht 1 Joule je Kilogramm.

Hinweis: Namensgeber der SI-Einheit ist der britische Physiker Louis Harold Gray (1905-1965), der als „Vater“ der Radiobiologie gilt.

Äquivalentdosis

Die biologische Wirkung der Strahlung ist abhängig von der Strahlungsart und der absorbierten Energie, daher wird die Energiedosis für jede Strahlungsart mit einem Wichtungsfaktor multipliziert. So erhält man die Äquivalentdosis als Maß für die biologische Wirksamkeit.

Ihre Einheit (SI-Einheit) ist „Sievert“.

1 Sievert (Sv) entspricht 1 Joule je Kilogramm.

In der Praxis des Strahlenschutzes werden in der Regel Bruchteile der Dosiseinheit verwendet:

1 Sievert = 1.000 Millisievert (mSv) = 1.000.000 Mikrosievert (µSv) = 1.000.000.000 Nanosievert (nSv).

Die Dosis wird oft auf einen Zeitraum bezogen, also pro Jahr (mSv/a) oder pro Stunde (mSv/h).

Hinweis: Namensgeber der SI-Einheit ist der schwedische Mediziner und Physiker Rolf Maximilian Sievert (1896-1966), der sich um die Weiterentwicklung des Strahlenschutzes verdient gemacht hat.

Organ-Äquivalentdosis

Da die Organe und das Gewebe des Menschen unterschiedlich empfindlich sind, wird auch für diese ein Wichtungsfaktor berücksichtigt.

So ergeben sich Äquivalentdosen für einzelne Organe/Gewebe (Organdosis), die ebenfalls in Sievert angegeben werden.

Ihre Einheit (SI-Einheit) ist „Sievert“.

1 Sievert (Sv) entspricht 1 Joule je Kilogramm.

Effektive Dosis

Die effektive Dosis ist die Summe aller Organ- und Gewebedosen.

Ihre Einheit (SI-Einheit) ist „Sievert“.

1 Sievert (Sv) entspricht 1 Joule je Kilogramm.

Dosisleistung

Die Dosisleistung gibt an, welche Dosis je Zeiteinheit eingewirkt hat. Je größer der Zeitraum ist, in dem man eine bestimmte Dosis erhält, desto geringer ist die Dosisleistung.

Die Gammastrahlung ist die Strahlung, die aus der Umwelt am stärksten von außen auf den Menschen einwirkt. Sie bestimmt daher die Dosis, die durch äußere Strahlung verursacht wird. Aus diesem Grund wird häufig bei der Überwachung der äußeren Strahlung die Gammadosis ermittelt.

Übersicht Aktivität und Dosisbegriffe

Begriff
Aktivität
Energiedosis
Äquivalentdosis
Organ-Äquivalentdosis
Effektive Dosis
Definition
radioaktive Zerfälle pro Zeit
aufgenommene Energie pro Masse
gewichtete Energiedosis, abhängig von biologischer Wirksamkeit verschiedener Strahlungsarten
mit Strahlungswichtungsfaktor multiplizierte Energiedosis, bezogen auf ein Organ
Summe aller mit Gewebe-Wichtungsfaktor multiplizierter Äquivalentdosen
Charakterisierung
physikalische Größe
physikalische Größe
biologisch abgeleitete Größe
biologisch abgeleitete Größe
biologisch abgeleitete Größe
Einheit
Becquerel = 1/Sekunde
Gray = Joule/Kilogramm
Sievert = Joule/Kilogramm
Sievert
Sievert

Wichtige Grenzwerte und typische Dosiswerte im Vergleich

Effektive Dosis
0,01 mS / a
0,01 - 0,03 mS / Aufnahme
bis 0,1 mS / Flug
1 mS / a
1 - 3 mS / Aufnahme
2 mS / a
2 mS / 50a
2-3 mS / a
10-20 mS / Aufnahme
20 mS / a
250 mS
400 mS
Beschreibung
Rechnerisch ermittelte Größenordnung der jährlichen Höchstdosis der Bevölkerung in Deutschland durch Kernkraftwerke im Normalbetrieb. (Diese Berechnungen gehen von konservativen Annahmen unter anderem des Aufenthaltsortes und der Ernährung aus, so dass die tatsächlichen Expositionswerte darunter liegen.)
Typischer Dosisbereich bei einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs (Thorax)
Dosis durch Höhenstrahlung bei einem Flug von München nach Japan
Grenzwert (maximal zulässige Dosis) der jährlichen Strahlenexposition für Personen der allgemeinen Bevölkerung (die z.B. aus der Freisetzung von radioaktiven Stoffen aus kerntechnischen Anlagen resultiert).
Typischer Dosisbereich für eine Computertomographie des Hirnschädels
Durchschnittliche jährliche Dosis einer Person in Deutschland aus künstlichen Quellen, vornehmlich Medizin (Wert für 2015: etwa 1,7 mSv)
Gesamte Dosis für eine Person im Voralpengebiet auf Grund des Reaktorunfalls von Tschornobyl (russ.: Tschernobyl) für den Zeitraum 1986-2036
Durchschnittliche jährliche Strahlenexposition der Bevölkerung in Deutschland aus natürlichen Quellen
Typischer Dosisbereich für eine Ganzkörper-Computertomographie eines Erwachsenen
Grenzwert (maximal zulässige Dosis) der jährlichen Strahlenexposition für beruflich strahlenexponierte Personen in Deutschland
Richtwert für eine Person beim Einsatz lebensrettender Maßnahmen oder zur Vermeidung großer Katastrophen in Deutschland
Grenzwert (maximal zulässige Dosis) für die Berufslebensdosis bei beruflich strahlenexponierten Personen in Deutschland

Strahlenbelastung

Natürliche Strahlenbelastung in Deutschland

Grundsätzlich ist jeder Mensch auf der Erde auf natürliche Weise ionisierender Strahlung ausgesetzt.

Die gesamte natürliche Strahlenbelastung (effektive Dosis) in Deutschland beträgt durchschnittlich 2 bis 3 Millisievert im Jahr. Je nach Wohnort, Ernährungs- und Lebensgewohnheiten reicht sie von etwa einem bis zu zehn Millisievert.

Davon beträgt die durch terrestrische Strahlung verursachte jährliche effektive Dosis der Bevölkerung im Mittel etwa 0,4 Millisievert, davon entfallen auf den Aufenthalt im Freien circa 0,1 Millisievert und auf den Aufenthalt in Gebäuden etwa 0,3 Millisievert.

Belastung aus künstlichen radioaktiven Quellen

Künstliche Radionuklide werden wie folgt in die Umwelt freigesetzt:

Reaktorkatastrophen, wie z.B. in Tschernobyl oder Fukushima

Kernwaffenversuche

Normalbetrieb kerntechnischer Anlagen

Strahlenwirkung auf den Menschen

Die Einwirkung ionisierender Strahlung auf den menschlichen Körper wird als Strahlenexposition bezeichnet.

Die äußere Strahlenexposition ist die Bestrahlung des Körpers von außen.

Die innere Strahlenexposition entsteht durch Aufnahme radioaktiver Stoffe in den Körper, das heißt durch Inkorporation. Die Inkorporation kann durch Ingestion (Aufnahme von beispielsweise Kalium-40 über die Nahrung), Inhalation (Aufnahme von Radon-226 über die Atemwege) aber auch durch Wunden erfolgen.

Sichtbare, schnell auftretende Schäden des menschlichen Gewebes, sogenannte deterministische Strahlenschäden treten auf, wenn die Strahlendosis einen Schwellenwert von ca. 500 Millisievert (mSv) überschreitet. Solche Gewebereaktionen entstehen durch das massive Absterben von Zellen und dem daraus folgenden Funktionsverlust des betreffenden Gewebes oder Organs. Besonders betroffen davon sind die

Haut – Haare – Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts

Langfristige Schäden, sogenannte stochastische Strahlenschäden, können noch nach Jahren z.B zu Krebserkrankungen führen (kanzerogene Wirkung).

Genetische Schäden können entstehen, wenn die ionisierende Strahlung auf Keimzellen, die in den Hoden beziehungsweise Eierstöcken produziert werden, trifft (erbgutverändernde, mutagene Wirkung).

Für die stochastischen und genetischen Schäden können keine Schwellenwerte angegeben werden.

Wichtige Schwellenwerte für deterministische Strahlenwirkungen

Dosis
100 mS
1.000 mS
2.000 mS
3.000 bis 4.000 mS
> 8.000 mS
Wirkung
Unterer Schätzwert des Schwellenwerts für Schädigungen des Ungeborenen.
Bei akuter Exposition treten ab diesem Schwellenwert akute Strahleneffekte auf (zum Beispiel Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen).
Bei akuter Exposition treten ab diesem Schwellenwert Hautrötungen auf.
Ohne medizinische Eingreifen sterben bei dieser Dosis 50 Prozent der exponierten Personen nach 3-6 Wochen, wenn es sich um eine in kurzer Zeit erfahrene Strahlenbelastung handelte (LD50).
Ohne entsprechende medizinische Behandlung bestehen nur geringe Überlebenschancen, wenn es sich um eine in kurzer Zeit erfahrene Strahlenbelastung handelte.