Bergbau in Aitern

Das 12. Jh. brachte dem Silberbergbau im Südschwarzwald einen bedeutenden Aufschwung, der sich nicht allein in der Intensivierung in bereits bekannten Revieren, sondern auch im Angriff auf bisher unbekannte oder ungenutzte Lagerstätten im lnneren des Gebirges, z.B. auf der Belchen-Ostseite, bemerkbar machte.

Auf der Ostseite des Belchen waren im Gefolge der landwirtschaftlichen Erschließung der inneren Schwarzwaldtäler in der Schönauer Mark, die das gesamte obere Wiesental umfasste, Erzvorkommen aufgespürt worden, unter ihnen der „Aiterberg“ und der bedeutendere „Schönenberg“ nahe Schönau als dem zentralen Ort. Ihre Entdeckung scheint noch ins 12. Jh. zurück zu reichen. Es darf angenommen werden, dass das ältere Bergbauzentrum auf der Münstertäler Belchenseite über die zwar steile und beschwerliche, aber doch auch nahe Verbindung des Saumweges über die Krinne bergmännische Entwicklungshilfe im neu entstandenen Revier geleistet hat.

Verhältnismäßig geringe Reste alter Tagbaue zeigen, dass im Aitertal vor der um 1300 einsetzenden Bevorzugung des Stollenbaues (statt der älteren Tagschächte) wenig gearbeitet worden ist. Um so mehr künden die an der Letzberghalde (Schönenberg) hinaufziehenden tiefen Verhaue vom Alter und Umfang dieser zeitweiligen Hauptgrube des oberen Wiesentals.

Im frühen 14. Jh. wurde am Aiterberg der oberste Tagstollen aufgefahren. Im Zeichen der Hochkonjunktur des Silberbergbaus, den 1330-er und 1340-er Jahren, fanden sich bei Aitern zwei Ansätze, nämlich ein 12 m langer Stollen auf dem ca. 400 m oberhalb des Komplexes Aiterberg streichenden Erzgang bei der Aiterer Säge mit Spuren von Eisen- u. Schlägelarbeit, der aber auch der Zeit um 1500 zugerechnet werden kann,  ferner ein durch Flussspatgewinnung im 20. Jh. beseitigter etwa l0 m tiefer Stollen auf dem Erzgang Aitern – Nord auf der Gegenseite des „Aiterbergs“.

Das westliche Vorfeld des Belchenmassivs zählt zur ältesten Bergbauprovinz des Schwarzwaldes. Anlässlich der Überlassung des königlichen Silberzehnten durch Konrad II. an den Bischof von Basel im Jahre 1028 wird die beträchtliche Ausdehnung des auf Blei und Silber angesetzten Reviers von Badenweiler über Sulzburg bis ins Münstertal hinein erkennbar.

Aber schon die Römer waren im 2. Jh. auf die silberhaltigen Bleierze aufmerksam geworden und hatten diese nachweislich bei Badenweiler und Sulzburg abgebaut. Ihnen waren vermutlich auch die Erzlagerstätten am Westhang des Münstertales und beim Etzenbach bekannt.

Die fortschreitende Besetzung der rechtsrheinischen Lande durch die Alemannen nach dem Fall des Limes (um 260) brachte sicher den bergbaulichen Aktivitaten ein vorläufiges Ende. Doch hatten die Eindringlinge wohl Kunde vom Bergbau, da seine Spuren noch einige Zeit sichtbar gewesen sein müssen.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass spätestens im 9. Jh., also noch in fränkischer Zeit, das alte Grubengebiet im weiteren Vorland des Belchen wieder entdeckt und erneut abgebaut worden ist.

Im Aitertal befand sich eine Schmelze. Als standortgünstig  bot sich der Aitergrund unterhalb von Multen wegen des Holz- und Wasserreichtums an. Der Name Eisenbläue scheint auf das Schmelzwerk hinzudeuten, dem damals bzw. im weiteren Verlauf des 14. Jh. eine Hammerschmiede beigestellt war.

Um 1396 wurde mit einer neuen Konzession am Aiterberg ein Bergmann aus Todtnau belehnt, wobei es sich vielleicht schon um den Beginn des Tiefstollens am Aiterbach selbst bei der ehemaligen Sägemühle (heute über dem Bach bei der Info – Tafel in Ortsmitte) handelte. Diese Grube dürfte einige Zeit bis ins 15. Jh. hinein betrieben worden sein.

Dieser Periode gehören auch die bereits 1780 ganz verfallenen beiden oberen Stollen mit ihren beträchtlichen Halden an, deren geringe Saigerabstände voneinander darauf hinweisen, dass sie vor dem 16. Jh. begonnen worden sind.

Nach wohl längerer Pause müssen etwa um 1500 die vielleicht schon früher (1396 ?) angesetzten Arbeiten an einem Tiefstollen bei der Aiterer Mühle zur Unterteufung der alten Stollen und Verhaue durch eine neue Gewekschaft wieder aufgenommen worden sein, die zwischen 1520 und 1523 wieder abgebrochen wurden. Man war von der Bachseite her einer kleineren querenden Kluft gefolgt und dann nach etwa 40 m auf den Hauptgang nach rechts eingeschwenkt, wobei man das Feldort auf insgesamt 190 m vorantrieb.

Im 18. Jh. setzte eine neue Bergbauepoche ein, sodass auch kleinere Versuche auf der Ostseite des Belchens begannen. 1770 untersuchten Tiroler Schurfhäuer Erzgänge am Rollspitz sowie einen „Achatgang“ bei Multen. 1777 erfolgte die Mutung und Belehnung des Suckentaler Obersteigers Joseph Ortlieb mit der alten Grube in Aitern, die später als St. Georgi-Stollen bezeichnet wird.

1780 wird von zwei großen Schächten in der Höhe und zwei darunter liegenden verfallenen höheren Stollen, sowie dem am Aiterbach bergwärts getriebenen Tiefstollen berichtet.

1805, nach über 400 Jahren Österreichischer Berghoheit, wird der St. Georgi-Stollen in Aitern noch als aufgelassen in den Befahrungsberichten aufgeführt. Danach beginnt die Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden.

Zwei Bürgern aus Schönau (Pankraz Thoma und Friedrich Schnabel) kommt der Verdienst zu, unter persönlichen Opfern den Tiefstollen (ehemals Georgi-Stollen) aufzuschliessen und seine Abbaumöglichkeit zu sondieren. Nach 3 Jahren erfolgte die bergamtliche Befahrung, deren günstiges Urteil am 15.02.1821 zum „Aufstand über die Grube Ludwig bei Aitern“ führte. Der Grubenname galt dem seit dem 8.12.1818 regierenden Großherzog Ludwig I von Baden. Über den ja erst Ende des 18. Jh. aufgewältigten Stollen wird geurteilt:

„Hier ist ebenfalls ein bloser Stolle getrieben und über den Stollen liegen die Abbaue auf Erz. Auch diese stehen noch völlig als gestern verlassen vorgerichtet da. so dass gleich zur Gewinnung von Erzen geschritten werden kann“. Die örtliche Gegebenheit zum Bau von Foche und Waschwerken sei bestens. Unterhalb am Aiterbach hätten die beiden Schürfer eine Matte gekauft. Der Aiterbach biete “ hinlänglich Aufschlagwasser für ein sehr beträchtliches Pochwerk… „.

Die Hoffnung auf Bildung einer Gewerkschaft erfüllten sich jedoch nicht, noch wurde dem Antrag auf Übernahme in staatliche Regie entsprochen. 1824 musste die Matte am unteren Aiterbach zur Schuldenabdeckung wieder verkauft werden.

Ab 1868 arbeitete die Grube „Ludwig“ ernsthafter, war jedoch 1880 nicht mehr belegt. Die wenig reichhaltigen Erze waren bei den bestehenden Blei- u. Silberpreisen nicht mehr mit Gewinn auszubeuten.

Gegen Ende der großherzoglichen Zeit kam es dann erstmals zu einem kleineren, auf Flussspat gerichteten Unternehmen durch die Grube „Pfingstsegen“ zwischen Aitern und Multen, welches im Juli 1918 begonnen wurde.

Im 20. Jh. orientierte sich der Bergbau im Belchengebiet wie auch allgemein im Schwarzwald in erster Linie an Flussspat und Schwerspat, deren wirtschaftliche Bedeutung erst seit Mitte des 19. Jh. erkannt worden ist. Als sich bald weitere Mineralien zeigten, beantragte man eine weitere Verleihung auf Kupfer-, Arsen-und Bleierze (1919), später auf Blei- und Zinkerze (1921). 1918 waren hier 8 Mann beschäftigt.

1919/1920 wurde mit einem 45 m langen Versuchsstollen auf Flussspat auf der südlichen Talseite unterhalb Aiterns begonnen.
1923 erfolgte die Stillegung von „Pfingstsegen“ wegen unbefriedigender Flussspat-Förderung.

Auf der nördlichen Talseite von Aitern wurde der im Mittelalter nur kurz angeschnittene Gang Aitern-Nord 1941 durch die Gewerkschaft Finstergrund aufgefahren und bis 1944 mit einem etwa 160 m tiefen Stollen angegangen. Bei ca 100 m teufte man einen Blindschacht ca. 40 m ab und baute auf einer tieferen Sohle etwa 25 m nach Norden und 60 m nach Süden hin ab.

In den frühen 1970-er Jahren unternahm die Gewerkschaft Finstergrund Probebohrungen auf der Höhe zwischen Aitern und Rollsbach („Auf den Winden“).

Darstellung von Bergleuten im „Tulenhauptfenster“ des Münsters in Freiburg i. Br., um 1330/40. Das Fenster ist nach den Stiftern benannt, die Benennung „Dieselmuot“ auf den Fenstern bezieht sich auf den gleichnamigen Bergbau am Schauinsland.

Die Infotafeln am Stolleneingang

Textquellen

Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Rudolf Mathä. VIELEN DANK.