Bergbaurevier Wieden mit den Flussspat-Schwerspat-Gruben Finstergrund, Anton und Tannenboden

INHALT

Einführung

Beschaffenheit und Inhalt der Mineralgänge bei Wieden

Raumlage und Nebengesteine

Mineralisationsabfolge am Beispiel des Finstergrund-Ganges

Kurzfassung für die geologische Entwicklung des Finstergrund-Gang und seiner Rahmengesteine

Verwendete und weiterführende Schriften

Von Dr. Wolfgang Werner, Ebringen

In einem der landschaftlich schönsten Gebiete des Schwarzwalds liegt das Bergbaurevier Wieden-Todtnau (Abb. 1), das durch eine große Zahl überwiegend Nord–Süd verlaufender, oft Kilometer langer, Fluorit und Baryt reicher Mineralgänge gekennzeichnet ist. Für den modernen Spatbergbau waren vor allem die Gänge Anton, Tannen­boden und Finstergrund sowie Brandenberg und Fahl von Bedeutung. Neben den genannten Gruben gab es im 19./20. Jh. weitere 15 zeitweise betriebene Bergwerke oder Untersuchungsgruben.

Abb. 1 (a): Die Landschaft im Bergbaurevier Wieden-Todtnau ist durch zahlreiche Täler und bis über 1200 m NN reichende markante Höhenzüge sowie den lebhaften Wechsel von Wäldern und Weiden gekennzeichnet, in die kleine Ortschaften eingestreut sind. Blick in südliche Richtung vom Wiedener Eck (+ 1035 m NN) auf die Ortschaft Wieden. Im Bildhintergrund, vor der fast geschlossenen Waldfläche, das Ost–West-verlaufende Finstergrundtal. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 1 (b): Blick vom Todtnauer Wasserfall (Fallkante: + 935 m NN) Richtung oberes Wiesental. (Foto: Wolfgang Werner)

Fluss- und Schwerspat sind nicht nur ästhetisch schön, sie sind in unserer Gesellschaft für zahlreiche industrielle Einsatzbereiche auch unverzichtbar. Die Gänge im Revier Wieden–Todtnau sind zur Tiefe hin noch nicht untersucht worden; die Alten beendeten ihre Such- und Abbauarbeiten mit Erreichen des Grundwasserspiegels. Wie andernorts im Schwarzwald – aktuell bei Pforzheim – könnten auch bei Wieden eines Tages wieder Fluss- und Schwerspat abgebaut werden.

In einem der größten Bergwerke dieses Gebiets, dem seit 1982 für Besucher zugänglich gemachten Flussspat-Bergwerk Finstergrund, können die Vielgestaltigkeit und Schönheit der Mineralgänge (Abb. 3) sowie der historische Spatbergbau in besonders eindrücklicher Weise „erlebt“ und erläutert werden. Aufgrund der guten und in vielen Bereichen leichten und sicheren Zugänglichkeit fanden in den letzten Jahren auf dem Finstergrund geowissenschaftliche Untersuchungen statt, die weiteren Einblick in ein spannendes Kapitel der Schwarzwald-Geologie geben; aus mehreren Bergwerken in unmittelbarer Nähe (Tannenboden, Anton, Grube Auf den Halden usw.) liegen ergänzende Daten und Gesteinsproben vor.

Rund 400.000 Besucher aus ganz Deutschland und den Nachbarländern konnten das Bergwerk Finstergrund bislang besuchen. Mit der im Schwarzwald einzigen Grubenbahn wurden und werden alle Gäste sicher in und aus dem Berg befördert (Abb. 2). Somit ist der Finstergrund bei Wieden ein Besuchermagnet im Biosphärengebiet Schwarzwald

Abb. 2: Charakteristikum und Alleinstellungsmerkmal des Besucherbergwerks Finstergrund: Mit der elektrischen Grubenbahn werden die Besucher über den alten Hauptförderstollen (Stollen 5) sicher in den Besucherrundgang befördert. (Fotos: Wolfgang Werner).

Abb. 3: Beeindruckend nicht für Geowissenschaftler und Mineraliensammler: Unter Tage eröffnet sich dem Besucher die vielgestaltige Welt der auf den Hydrothermalgängen auskristallisierten Minerale. Im Bild ein typisches Gangstück aus dem Werner IV-Gang im Besucherbergwerl Finstergrund, bestehend aus vielfarbigem Fluorit, weißem, strahligem Baryt und Erzen von Blei, Zink und Kupfer (kleine, schwarze Kristalle). Bildbreite entspricht 10 cm. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 4: Freunden schöner Minerale sind die Fluss- und Schwerspatgänge bei Wieden bestens bekannt. In den häufigen, oft großen Drusen konnten zahlreiche verschiedene Kristalle frei, d. h. ohne Behinderung durch andere Minerale wachsen. Das Beispiel zeigt durchscheinende Cerussitkristalle neben hellgelben Fluoritwürfeln aus der Grube Tannenboden (Foto: Hansjörg Becherer).

Abb. 5: Blick in eine Förderstrecke der Grube Tannenboden mit den Türstöcken und Erzrollen aus der letzten Bergbauphase in den 1960er Jahren. Eine Zielsetzung des Bergmannsvereins Wieden ist, diese Industriedenkmäler zu erhalten und zu dokumentieren, wo immer dies noch möglich ist. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 6: Typisches geometrisches Verhältnis zwischen Gneisfoliation und Mineralgängen in der Grube Finstergrund. Stehen beide senkrecht aufeinander, kann sich die Störung zur Spalte öffnen; verlaufen beide etwa parallel, so gleitet die Foliation entlang der Störung, ohne sich zu öffnen.

Beschaffenheit und Inhalt der Mineralgänge bei Wieden

Die Mineralgänge im Revier Wieden–Todtnau bestehen vor allem aus Flussspat, Schwerspat und Quarz. Weil die beiden erstgenannten Minerale heute von großem industriellem Wert sind, richtet sich das Augenmerk seit dem 19. Jh. verstärkt auf sie. Partienweise war z. B. auf dem Anton-Gang – der wirtschaftlich wichtigsten Struktur – Zinkblende so häufig, dass sie mitgewonnen und sogar eine extra Flotationsstufe in der Aufbereitung in Utzenfeld eingerichtet wurde; hierbei handelt es sich also um einen erzführenden Fluss- und Schwerspatgang. Die Gänge im Wieden-Todtnauer Revier sind denen in Münster- und Muldental ähnlich, enthalten aber geringere Mengen an Metallerzen. Wie dort können drei Haupt­phasen der hydrothermalen Mineralisation unter­schieden werden (v. Gehlen 1955).

Abb. 7: Ausschnitt aus dem Werner IV-Gang im Besucherrundgang der Grube Finstergrund mit typischen Merkmalen der Wiedener Mineralgänge: Verschiedenfarbige Fluorite der Generationen I und II mit Nebengesteins­bruchstücken, jüngerer weißer Baryt (Bildmitte und links davon) sowie erzführender Milchquarz, der Fluorit I verdrängt (rechts im Bild). Die mesozoische Gangmineralisation mit Fluorit I (rechts und linker Bildrand) ist gebändert. „Unruhe“ kommt durch die tertiärzeitliche Überprägung rein. Bildbreite entspricht ca. 40 cm. (Foto: Wolfgang Werner)

Raumlage und Nebengesteine

Die Mineralgänge streichen überwiegend subparallel zum Oberrheingraben, obwohl sie älter sind als dieser. Dies deutet daraufhin, dass schon sehr viel früher angelegte tektonische Störungen mit N–S bzw. NNE–SSW-Richtungen existierten, entlang derer sich die Mineralgangspalten öffnen konnten. Auch für den im Tertiär eingebrochenen ORG geht man von alten tektonischen Vorzeichnungen im Grundgebirge aus (Illies 1965, Hüttner 1991) eingebrochen ist. Im Zentral- und im Nordschwarzwald finden wir viele Belege, dass junge Gangzüge mit dem genannten Verlauf auf permisch–unterkarbonisch (d. h. vor ca. 300–290 Millionen Jahren) angelegten Störungen durch tektonische Reaktivierung entstanden sind (Werner & Franzke 1994, 2001; Werner et al. 2002).

Die Nord–Süd-Richtung tektonischer Bruchstrukturen im Südschwarzwald ist also altangelegt; ihr folgen die mesozoischen Mineralgänge und der tertiärzeitliche Oberrheingraben gleichermaßen, was belegt dass diese alten Bruchstrukturen im kristallinen Grundgebirge immer wieder tektonisch reaktiviert wurden.

Abb. 8: Übersichtskarte für das Gebiet Wieden–Utzenfeld–Todtnau mit Darstellung des Verlaufs der Fluss- und Schwerspatgänge, unterschieden nach bekannten und vermuteten Gangabschnitten. Die Tortendiagramme geben die damals bekannten Vorratsmengen in den Gruben Tannenboden, Anton und Finstergrund an (in 100.000 t). Anlagenkarte aus dem Gutachten der Metallgesellschaft von 1965.

Abb. 9: Die Geometrie der Gangstrukturen mesozoischen und tertiären Alters am Beispiel des Finstergrund-Ganges und der Gänge bei Sulzburg im Vergleich. Der Finstergrund-Gang zieht mit leichtem Bogen, sonst aber geradlinig durch das Gneisgebirge. Die kurzen, nach rechts ablaufenden Trümer sind tertiären Alters (blauer Fluorit II, Baryt). (Graphik LGRB, aus: Werner & Dennert 2004)

Die Mineralgänge bei Wieden stehen senkrecht oder fallen bis 70° in östliche oder westliche Richtungen ein. Auffallend ist auch, dass sie sich meist über mehrere Kilometer Erstreckung verfolgen lassen (Abb. 8), was sie deutlich von den jungen, tertiärzeitlichen nahe des Grabenrandes (Badenweiler, Sulzburg, Schauinsland, Suggental, Freiamt-Sexau) unterscheidet. Dort lassen sich die mineralisierten Gangzonen zwar auch über längere Erstreckung verfolgen, bestehen aber stets aus vielen, oft auffiedernden Einzelgängen kurzer Erstreckung.

Die Mächtigkeit der Gänge variiert zwischen wenigen Dezimetern und vier Metern. Für den Antongang ging man anhand der 1959 zugänglichen Untertageaufschlüsse von einer durchschnittlichen Mächtigkeit von etwa 1,1 m aus; in Ausnahmefällen soll dieser auch 6 m Breite erreicht haben (Zeschke 1959). Auf dem Nordteil der Finstergrund-Gangstruktur, dem Werner IV genannten Abschnitt, schwankt die Gangmächtigkeit auf einer Aufschlusslänge von 250 m zwischen 0,1 und 3,8 m, durchschnittlich liegt sie bei etwa 1,2–1,5 m. Hauptgrund für rasche Mächtigkeitsänderungen im Finstergrund-Gang sind die Nebengesteins­eigenschaften, seltener junge Störungen, welche die Gänge „abschneiden“. Kompakte Gneise boten die besten Öffnungsmöglichkeiten zur Spalte, tonreiche, tektonisch zerruschelte Abschnitte hingegen konnten trotz hoher Kompression aus südlicher Richtung nicht ausreichend weit geöffnet werden.

Meist vertauben die Gänge an diesen Ruscheln sogar völlig, um dahinter wieder einzusetzen. Nach den Bergbauakten betrug in der Grube Tannenboden die durchschnittliche Gangmächtigkeit 1,7 m (min. 0,7 m, max. 2,7 m), wobei die bauwürdigen Mittel 30–80 m lang waren. Auch dort werden sie von mehrere Zehnermeter langen Abschnitten mit stark gestörtem und tonig alteriertem Gneisgebirge getrennt, durch welches nur einige cm bis dm breite Gängchen hindurchziehen.

Die durchschnittliche Mächtigkeit der Flussspatmittel der Wiedener Gänge dürfte etwa bei 0,9 m liegen (Metallgesellschaft 1965). Nach Mitteilung alter Wiedener Bergleute war eine reine Flussspatmächtigkeit von 20 cm bereits bauwürdig. Im Gutachten von Zeschke (1959) ist von 30 cm die Rede, in dem der Metallgesellschaft (1965: 8) werden 40 cm bei einem Flussspatanteil von mindestens 36 % genannt. Die Autoren dieser Studie betonen, dass als Bauwürdigkeitsgrenze „früher 0,6 bis 0,7 m bei einer Abbaubreite von 1,2 m angenommen“ wurde. Durch die verbesserte Aufbereitungstechnik ab den 1960er Jahren konnte diese Grenze erheblich abgesenkt werden. Wirtschaftlich interessant waren und sind vielleicht auch künftig wieder diese Gänge vor allem wegen ihres hohen Gehaltes an grobkörnigem Fluorit und Baryt, ihrer großen lateralen und (und wahrscheinlich auch) vertikalen Ausdehnung und der Tatsache, dass mehrere parallel verlaufende Gänge durch eine Grube erschlossen und genutzt werden können. Die grobkörnige Verwachsung ist günstig für die technische Aufbereitung.

Fluorit ist in den Wiedener Gruben fast immer grobspätig, klar bis hellgrau, auch hellgrünlich-grau, kräftig blau bis violettblau (Fluorit II), z.T. rosa oder gelblich und stets durch­scheinend (Abb. 3 und 7). Baryt ist meist reinweiß und grobblättrig, im Einflussbereich der Tageswässer ist er öfter durch Limonit bräunlich gefärbt. Karbonate wie Dolomit, Ankerit und Calcit sind mengenmäßig selten, treten aber besonders in den letzten Generationen häufig auf.

Verdrängung durch Quarz: Fluorit I wurde auf vielen Gangteilen von Quarz II verdrängt. Meist handelt es sich um dünne Quarz­gängchen, die eng geschart und parallel zum Salband den Fluori­tgang durchziehen, oder um grobkristallinen, drusenreichen Quarz, der Nester von Sulfiden und Schollen von älterem Fluorit und Neben­gesteinsbruchstücke enthält. Aus den Gruben Finstergrund und Brandenberg ist bekannt, dass mit zunehmender Tiefe der Quarzgehalt auf den damals aufgeschlossenen Gangstrukturen zunahm, was auf eine postfluoritische Verkie­selung zurückzuführen ist. Besonders Fluorit I wurde auf vielen Gangteilen von Quarz II verdrängt. Im Werner IV-Gang beträgt das Verhältnis von Quarz zu Fluorit etwa 1 : 1. Der lokal hohe Gehalt an Quarz bedingte oftmals, dass die Gänge trotz ausreichender Mächtigkeit unbauwürdig wurden.

An Erzmineralen treten auf den Hydrothermalgängen feinkörniger und derber Blei­glanz, Zinkblende, Pyrit, Markasit, gelegentlich Magnetkies, Kupferkies und Arsenkies, selten gediegen Arsen und Ferberit auf. Die Erze sind vor allem im Fluorit, im Antongang auch im Baryt, sonst oft am Salband der Gänge in Milchquarz zu finden. Auf dem Werner IV-Gang treten Nester von derbem Kupferkies mit Quarz II in Nebengesteinsbrekzien am Rand des Ganges auf.

Der durchschnittliche Zinkblende- und Bleiglanzgehalt der Spatgänge bei Wieden wird auf ca. 3 % geschätzt. Das nach Flotation erzielte Erzkonzentrat enthielt z. B. im Jahr 1964 zwischen 17 und 20 % Zink sowie 25–36 % Blei (Metallgesellschaft 1965). Derbe Bleiglanz-Zinkblende-Erze vom Tannenbodengang wiesen nach Bestimmungen des Geologischen Landesamtes mit 0,16–0,26 relativ hohe Silbergehalte auf (Analyse v. 1965). Das Silber dürfte in erster Linie an den Bleiglanz gebunden sein. Aus den derben Erzen dürften die in Drusen frei wachsenden Minerale Proustit, Stephanit und das meist in Lockenform wachsende gediegene Silber ihre Metalle bezogen haben (Abb. 10 und 11).

Abb. 10: Bleiglanz in Fluorit I, Werner-IV-Gang; begleitet wird er meist von feinkörnigem Pyrit, der z. T. in Limonit umgewandelt ist. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 11: Gediegen Silber auf Baryt, Tannenboden-Gang (Foto: Hansjörg Becherer)

Gehalte im Fördergut und in Explorationsanalysen: Das Grubenhaufwerk aus dem Tannenbodengang enthielt rund 60 % Fluorit, 30 % Baryt und 10 % Quarz, das vom Antongang 85–90 % Fluorit, 5–10 Quarz und 1–3 % Baryt, und das Haufwerk der Grube Finstergrund wies 50–60 % Fluorit, 25–30 % Quarz und 1–2 % Baryt auf (LGRB-Akten). Auf dem ganz im Westen des Reviers gelegenen Gang an der Eisenbläue (vgl. Abb. 8) traf eine 50 m lange Erkundungstrecke einen Gang mit durchschnittlich 65 % CaF2, 25 % SiO2 und 10 % BaSO4 an. Das Haldenmaterial der Grube Spitzdobel NE von Wieden enthielt 40–60 Fluorit, 20­–35 % Schwerspat, 10–25 % Quarz und Beimengungen von Bleiglanz und Kupferkies.

Mineralisationsabfolge am Beispiel des Finstergrund-Ganges

Vor Einrichtung von Geopunkten und der besseren Ausleuchtung der Gangaufschlüsse wurden im Jahr 2015 große Teile des Besucherrundgangs zeitaufwändig mit Hochdruckwasserstrahl von aus der Bergbauzeit stammenden Staub- und Schlamm-Belägen gereinigt. Zuvor (2014) wurden auf Anraten des Autors auch auf dem Schindler-Gang der Grube Teufelsgrund entsprechende zeitintensive Reinigungsmaßnahmen durchgeführt (v. Gehlen hatte 1952 bereits darauf hingewiesen, dass die Gänge bei Wieden und in der Grube Teufelsgrund im Münstertal sehr ähnliche Entwicklung und Mineralinhalt zeigen). Die mehrphasigen, oft verwirrenden Strukturen in den Mineralgängen lassen sich nun sehr viel besser hinsichtlich der Relativzeitlichkeit deuten. Auf beiden Gängen, dem Werner IV-Gang der Finstergrund-Gang-Struktur und dem Schindler-Gang, lässt sich folgender Ablauf der Mineralisation rekonstruieren:

Phase 1

Verkieselung bzw. Verquarzung der etwa senkrecht zur Gangstruktur streichenden Paragneise und Bildung von hellgrauem Hornsteinquarz; auf der Grube Caroline bei Sexau konnte derartiger Hornsteinquarz anhand von eingeschlossenem Hämatitquarz mittels U/He-Datierung auf 297 Mio. Jahre bestimmt werden (Mankopf & Lippolt 1997, Werner & Dennert 2004). Gleiche Altersstellung haben die Quarz-Hämatit-Gänge im Sulzbachtal.

Phase 2

Fluorit I und Baryt I: Die eigentliche Gangmineralisation begann mit einer, allerdings unterschiedlich starken Nebenge­steins­brekziierung und -verkie­se­lung; oft sind die Gneise nur schwach verkieselt und vergrünt (Chloritbildung aus metamorphem Biotit). Fein von Pyrit durchstäubte, daher oft fast schwarze Quarzschnüre durchziehen das verkieselte Gestein. Diese Verkieselung könnte Teil der spätvariszische Hornsteinbildung sein oder auch die Vorphasensilifizierung zu Beginn der Fluoritmineralisation I darstellen. Altershinweise liegen bislang nicht vor.

Weitverbreitet auf dem Finstergrund-/Werner VI-Gang sind tonige Bleichungszonen am Rand der Mineralgänge, die aus Montmorillonit, Kaolinit und Illit bestehen (Abb. 12). Sie begleiten die Gänge über weite Strecken und die eingeschlossenen Gneis-Scheiben fast überall in Form heller randlicher Bänder. An Ihnen gelang eine Altersdatierung am Mineral Illit, welche belegt, dass die Bildung der Bleichungszonen am Rand des Hydrothermalganges in die Zeit zwischen Oberjura und Unterkreide erfolgte.

Abb. 12 (a): Phase 2 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang: Fluorit I mit randlicher toniger Bleichung des Gneises. Die dabei neu gebildeten Illite ermöglichten eine radiometrische Altersdatierung dieses hydrothermalen Ereignisses. Im linken Bilddrittel ist ein verkieselter und von dunklen Quarz-Pyrit-Schnüren durchzogener Gneis zu erkennen. Rechts: Eine längliche Scheibe von Gneis im Mineralgang zeigt ebenfalls deutliche hydrothermale Bleichung. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 12 (b): Phase 2 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang. Eine längliche Scheibe von Gneis im Mineralgang zeigt ebenfalls deutliche hydrothermale Bleichung. (Foto: Wolfgang Werner)

Danach wurde weißlicher, grauer, z. T. schwach rosafarbener Fluorit I abgeschieden. Auf dem Anton- und Tannenboden-Gängen erfolgte gleichzeitig die Abscheidung von Baryt (Abb. 13). Auf dem Finstergrund-Gang tritt Baryt I im Südteil auf.

Phase 3 bis Phase 6

Die Abbildungen 14 bis 17 dokumentieren den weiteren Mineralisationsablauf.

Abb. 17 (a): Phase 6 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang: In zahlreichen geöffneten Gangabschnitten entstehen Drusenmineralisationen von Fluorit, Baryt und Karbonaten wie Calcit und Dolomit, andernorts auch von Bergkristallquarz. Sie lassen sich der jungen tertiärzeitlichen Grabentektonik zuordnen.

Abb. 17 (b): Phase 6 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang: In zahlreichen geöffneten Gangabschnitten entstehen Drusenmineralisationen von Fluorit, Baryt und Karbonaten wie Calcit und Dolomit, andernorts auch von Bergkristallquarz. Sie lassen sich der jungen tertiärzeitlichen Grabentektonik zuordnen.

Kurzfassung für die geologische Entwicklung des Finstergrund-Gang und seiner Rahmengesteine (Ma = Millionen Jahre)

    600 – 500 Ma

    600 – 500 Ma

    Sedimentation der Ausgangsgesteine der Gneise

    Oberproterozoikum – Unterpalä­ozoikum

    (nach Acritarchen, planktonische Mikroorganismen)

    335 – 330 Ma

    335 – 330 Ma

    Paragneise Raum Wieden-Todtnau

    Niederdruck-Hochtemperatur-Metamorphose mit Entstehung der Migmatite und der Gneisfoliation

    Unterkarbon: Ganggranite, Granitporphyrin­trusionen, Münstertal-Quarzporphyr-Decke + Deckenüberschiebungen im Visé

    296 Ma

    296 Ma

    Quarzporphyrgänge (Datierung an Zirkonen, Grube Teufelsgrund) und begleitende Quarzgänge, oft mit Hämatit

    253 – 207 Ma

    253 – 207 Ma

    Heraushebung des Grundgebirges

    Trias: Bildung der meist E–W streichenden Mikro­kataklasite („Ruscheln“)

    (Illit-Datierung, Finstergrund und Teufelsgrund)

    180 – 130 Ma

    180 – 130 Ma

    Gangmineralisation (Flussspat, Baryt, Quarz, Erze)

    Mittel-/Oberjura bis Kreide: K/Ar-Datierung an Illiten im Gang, Hydrothermen mit Temperaturen um 200° C

    nach 65 Ma

    nach 65 Ma

    Entwicklung zum Oberrheingraben

    Tertiär: stärkste Hebungsphase der Alpen – Beginn des Kaiserstuhlvulkanismus; umfangreiche Bruchtektonik im Grundgebirge

    30 – 10 Ma

    30 – 10 Ma

    Nachbewegungen auf dem Finstergrund-Gang

    Ter­tiär: strike-slip, Drusen­bildung mit Quarz, Fluorit und Calcit

    Hinweis: Eine Gesamtdarstellung von Geologie, Mineralogie, Bergbaugeschichte und -technik sowie des Besucherbergwerks Finstergrund bei Wieden ist im Band 2020 (Themenhaft Wieden) der Zeitschrift DER ERZGRÄBER zu finden (176 S., 238 Abb.).

    Verwendete und weiterführende Schriften

    Franzke, H. J. & Werner, W. (1994): Wie beeinflußte die Tektonik des Kristallins und des Rheingra­bens die hydrothermale Mineralisation der Gangstrukturen des Schwarzwalds? – Abh. geol. Landes­amt Baden‑Württ., 14: 99–118, 10 Abb.; Freiburg i. Br.

    Gehlen, K. v. (1955): Gesteine und Blei‑Zink‑führende Flußspatgänge zwischen Feldberg und Bel­chen. Teil II: Die Flußspatgänge von Wieden und ihre tektonische Stellung. –  N. Jb. Miner., Abh., 88: 15–54, 18 Abb., 9 Tab.; Stuttgart.

    LGRB – Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (Hrsg.) (2006): Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006. Gewinnung, Verbrauch und Sicherung von mineralischen Rohstoffen. – LGRB-Informationen, 18: 202 S., 209 Abb. + 12 Abb., 15 Tab., 1 Kt.; Freiburg i. Br. [Bearbeiter: Werner, W., Kimmig, B., Liedtke, M., Kesten, D., Kleinschnitz, M., Brasse, A. & Trapp, C.].

    LGRB – Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (Hrsg.) (2013): Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2012/2013. Bedarf, Gewinnung und Sicherung von mineralischen Rohstoffen – Dritter Landesrohstoffbericht. – LGRB-Informationen, 27: 204 S., 228 Abb., 7 Tab.; Freiburg i. Br. [Bearbeiter: Werner, W., Kimmig, B., Tschernay, P., Wittenbrink, J., Bock, H. & Kleinschnitz, M.].

    Mankopf, N.R. & Lippolt, H. J. (1997): 4He-geochemische Belege für ein permotriassisches Alter des Roteisenerzes des Quarz-Hämatit-Baryt-Ganges westlich Obersexau im Brettental, Mittlerer Schwarz­wald. – Jh. geol. Landesamt Baden-Württemberg, 37: 25–48, 7 Abb., 2 Tab.; Freiburg i. Br.

    Metallgesellschaft (1965): Gutachten über die Gewerkschaft Finstergrund Wieden und Baden-Baden. – 63 S., 10 Anl., 1 Tabellenanhang; Frankfurt a. M. (unveröff. Gutachten).

    Metz, R., Richter, M. & Schürenberg, H. (1957): Die Blei‑Zinkerzgänge des Schwarz­waldes. – Beih. Geol. Jb., 29: 277 S., 113 Abb., 24 Tab., 15 Taf.; Hannover.

    Schlageter, A. (1989): Zur Geschichte des Bergbaus im Umkreis des Belchen. – In: Der Belchen. Geschichtlich-naturkundliche Monographie des schönsten Schwarzwaldberges. – Natur- und Land­schaftschutzgebiete Baden-Württemberg, 13: 127–309, 86 Abb.; Karlsruhe.

    Schwäbl, X. & Klingele, S. (1992), mit Beiträgen von Schlageter, A., Drescher, W., Martin, W., Ebser, F., Müller, E. & Schwäbl, H.: Wieden – Geschichte eines Schwarzwalddorfes (zum 650jährigen  Ortsjubiläum), 358 S., zahlr. Abb.; Wieden (Rombach). – [Gemeinde Wieden, Hrsg.].

    Schwinn, G. & Markl, G. (2005): REE systematics in hydrothermal fluorite. – Chem. Geol., 216: 225–248; Amsterdam.

    Schwinn, G., Wagner, T., Baatartsogt, B. & Markl, G. (2006): Quantification of mixing processes in ore-forming hydrothermal systems by combination of stable isotope and fluid inclusion analyses. – Geochimica et Cosmochimica Acta, 70: 965–982, 10 Abb.; Amsterdam.

    Sehlke, K. (1956): Gesteine und Blei-Zink-führende Flußspatgänge zwischen Feldberg und Belchen im Hochschwarzwald. Teil IV. Erzführende Flußspatgänge der Umgebung von Todtnau (Südschwarz­wald). – N. Jb. Miner., Abh., 89: 258–280, 8 Abb., 1 Kt., 3 Beil.; Stuttgart.

    Steen, H. (2003): Die Erzgänge bei Todtnau (Hochschwarzwald) – Gruben und Mineralfunde in einem klassischen Bergbaurevier. – Aufschluss, 54: 137-160, 53 Abb.; Heidelberg.

    Steen, H. (2004): Geschichte des modernen Bergbaus im Schwarzwald. – 485 S., zahlr. Abb.; Nor­derstedt (Books on Demand).

    Steen, H. (2013): Bergbau auf Lagerstätten des Südlichen Schwarzwalds. Ein Beitrag zur Bergbauge­schichte und Lagerstättenkunde zwischen Dreisamtal und Hochrhein. – 697 S., zahlr. Abb.; Nor­derstedt (Books on Demand).

    Werner, W. (2015): Über die Rohstoffquellen Baden-Württembergs. Vielfalt, Potenzial und Nutzung. – Alem. Jb. 2013/2014, Jg. 61/62: 13–102, 60 Abb.; Freiburg i. Br.

    Werner, W. & Franzke, H. J. (2001): Postvariszische bis neogene Bruchtektonik und Mineralisation im südlichen Zentralschwarzwald. – Z. dt. geol. Ges, 152: 405–437, 12 Abb., 1 Tab.; Stutt­gart.

    Werner, W. & Dennert, V. (2004) mit Beiträgen v. Meyerdirks U. & Tegel, W.: Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald. Ein Führer unter besonderer Berücksichtigung der für die Öffentlichkeit zugänglichen Bergwerke. – 334 S., 271 Abb.; Freiburg i. Br. (Landesamt f. Geol. Rohst. Bergb. Baden-Württ.).

    Werner, W. , Markl, G. & Steen, H. (2020): Lagerstätteninhalt und Entstehung der Gänge bei Wieden. – Der Erzgräber Bd. 1/2 2020 (Jg. 35), Themenheft Wieden: 11–27, 21 Abb., 1 Tab.­; Oberwolfach.

    Zeschke, G. (1959): Die Flussspatvorkommen der Gewerkschaft Finstergrund. – unveröff. Gutachten: 44 S., 4 Tab., 14 Anlagen (Risse); Rhöndorf a. R.

    Ziehr, H. (1985): Zur Geschichte des Flußspatbergbaus bei Wie­den/Südschwarz­wald. – Aufschluss, 36: 267–282, 8 Abb., Heidelberg.

    Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Werner, März 2023. Vielen Dank.