Kurhotel Kniebis-Lamm

Kniebis-Hütte und Besucherzentrum Schwarzwaldhochstraße (früherer Standort des „Lamm“) im Juni 2023

´s Lamm auf dem Kniebis

 

Geschichte eines Hotels

1830-1984

 

„Der Kniebis und ’s Lamm, die gehören zusamm”

So stand es an der Wand der behaglichen Bauernstube in dem bekannten Kurhotel „Kniebis-Lamm“. Im Jahre 1984 ist dieser Spruch im Zuge des Hotelabbruchs für immer verschwunden. Wir möchten Ihnen die Geschichte dieses Traditionshauses soweit möglich in einer Zusammenfassung nahebringen.

Im Jahre 1830 wurde das Lamm durch den Wirt Epting, der davor Besitzer des „Grünen Baumes“ war, erbaut. Die Entstehung der Gastwirtschaft zum Lamm geht auf das Jahr 1833 zurück. Rast- und Unterkunftsstätte in unwirtlicher, rauer Gegend war das Lamm einstmals Wegstation und willkommener Halt für Gespanne, die vom Christophstal bei Freudenstadt damals sechs- und mehrspännig heraufkeuchten. Hier trafen sich die Menschen von hüben und drüben, vom Schwäbischen und Badischen, Wanderer, Hausierer, Krämer, Kienruß- und Harzhändler, Siebmacher, Jäger und Förster. Oftmals stiegen auch Truppen ab, da der Kniebis strategisch immer von Bedeutung war.

1878 ging das Gasthaus in den Besitz der Familie Gaisser über. Als Pionierleistung konnte man den Bau einer eigenen Wasserleitung im Jahre 1896 bezeichnen. Diese hatte eine Länge von 1.100 Metern bei 99 m Steigung.

Im Jahre 1912 erfolgte dann der entscheidende und bedeutsame Umbau. Nach Plänen von Prof. Bauder wurde ein neuzeitliches, mit Zentralheizung und elektrischem Licht versehenes Anwesen erstellt. Aus dem Gasthof zum „Lamm“ wurde damit das Höhen- und Kurhotel „Kniebis-Lamm“ – viel bestaunt wurden im Winter die ersten Skiläufer.

Blättern wir in den alten Geschichtsbüchern, aus den Jahren um 1878, so stoßen wir auf eine beträchtliche Zahl von Vertretern der damals führenden Fürstenhäuser Deutschlands, die gerne zur Auerhahnjagd im gastlichen Kurhaus Kniebis-Lamm weilten. Zu lesen sind Namen von Herzögen, Freiherren, Grafen, Fürsten, ja sogar von Prinzen und Königen. Bei einer Beschreibung des Hotels „Kniebis-Lamm“ darf auch der als „dr alt‘ Ranzeblitz“ bekannte Lamm Wirt Karl Gaisser nicht vergessen werden. Er führte das Hotel von 1878 bis 1916 und mit folgendem Verslein wurde ihm durch den damaligen Amtmann und späteren Staatspräsident Bazille als einer weitbekannten Persönlichkeit und dem ganzen Kniebis ein bleibendes Denkmal gesetzt.

 

Bald schlägt mit dumpfen Tönen

Die trübe Stunde mir.

Wo mich und meine Habe

Das Räss/ein fährt von hier.

Wem gilt das letzte Verschen

Der letzte Reim und Witz?

Dir, Blüte aller Wirte,

Herrlicher Ranzenblitz!

 

Es steht auf stolzen Höhen

Ein Gasthof wunderbar,

Der noch vor wenigen Jahren

Eine Fuhrmannskneipe war.

Der ist in deutschen Landen,

Allüberall bekannt.

Nach seinem Schilde wird er

Das Kniebis-Lomm genannt.

 

In seinen stolzen Hallen

Kehrt mancher Wandrer ein

Und schlürft in seinem Schatten

Den wohlverdienten Wein.

Und wenn er nach dem Mahle

Dann will alleine sein,

So nimmt in seinen Frieden

Der nahe Wald ihn ein.

 

Doch in das Waldes weben

Ein rauher Ton bald schlägt,

Der ihn aus süßen Träumen,

Aus süßer Ruhe weckt.

Er hört ein wildes Fluchen,

Viel Grobheit, wenig Witz.

Das ist der Wirt zum Lamme

Der edle Ranzenblitz.

 

Nimm einen Zentner

Grobheit

Und den verschlagnen Sinn,

Der überall erspähet

Den goldenen Gewinn,

Nimm noch die

Arbeitsfreude,

Ein Herz und etwas Witz:

Dann hast Du, wie er lebet,

Den edlen Ranzenblitz.

 

Des Alkoholes Feinde

Sind seine Feinde auch.

An Bier und Wein zu sparen,

Das ist bei ihm nicht Brauch.

Jedoch wenn einer säufet,

Bis er nicht mehr kann

stehen,

Sagt er mit holdem Lächeln:

Leb wohl! Auf Wiedersehen!

 

So schaltet und so waltet

Er als ein ganzer Kerl.

Längst würdig für die

Woche“

Des großen August Scherl.

In ihr sich zu beschauen,

Ist Lebens höchste Spitz.

Mögst bald du sie

erklimmen,

Du edler Ranzenblitz.

 

1921 übernahm Karl Gaisser jun. mit seiner Frau die Leitung des Hauses. Sie haben den Hotelbetrieb tatkräftig weitergeführt und weiter ausgebaut, so dass das Haus nicht nur von vielen Inländern, sondern auch von zahlreichen Besuchern aus dem Ausland zum Ferienaufenthalt gewählt wurde.

Karl Gaisser jun. starb bereits 1927. Danach führte die „Alt-Lammwirtin“ und deren Schwiegertochter das Geschäft fort. Sie leitete unter kräftiger Mithilfe ihrer Geschwister den immer größer werdenden Betrieb. Nach dem Tod der Alt-Lammwirtin 1938 brachte die Schwiegertochter, Luise Gaisser geb. Müller, das Anwesen durch alle Wirren der letzten Kriegs- und Nachkriegsjahre hindurch. Dabei unterstützt wurde sie von ihrer Tochter Else-Rose. Der einzige Sohn, Karl Gaisser, war Soldat und geriet in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr 1947 übernahm er das „Kurhotel Kniebis Lamm“, das er nach neusten Erkenntnissen modernisierte und dem damaligen, stark anwachsenden und anspruchsvolleren Fremdenverkehr in jeder Beziehung angepasste.

1949 verheiratete er sich mit Ingeborg, geb. Roth. Gemeinsam haben beide dazu beigetragen, dass das Hotel um einige Errungenschaften bereichert wurde und somit der gute Ruf des Hauses weiterhin gewahrt blieb.

2009 entstand, fast an derselben Stelle, an der einst das Hotel Kniebis-Lamm stand, ein neues Gebäude: das Besucherzentrum Schwarzwaldhochstraße und die Kniebis-Hütte, ein wunderbares Zusammenspiel aus städtischem und privatwirtschaftlichem Engagement, gefördert mit den Mitteln der Europäischen Gemeinschaft.

 

Geschichten aus dem Kniebis-Lamm

Eines Tages kam ein Mann ganz außer Atem zum Lamm, verfolgt von einem Gendarmen. Aufgeregt rief er zur Lammwirtin: „Resle, mach schnell uff ond laß mi nei!“

Dies geschah und der Mann verschwand durch die Hintertüre im „Badischen“, und war somit der Zuständigkeit der württembergischen Gendarmen entkommen.

(Anzumerken ist, dass das Lamm auf der Landesgrenze zwischen Baden und Württemberg stand.)

Um 1906 verweilte der württembergische König Wilhelm II zur Auerhahnjagd im Hotel Kniebis-Lamm. Er kam mit einem Sonderzug in Freudenstadt an, wo ihn der „Ranzenblitz“ bereits mit seiner Kutsche erwartete. Da der Lamm-Wirt viel zu früh am Bahnhof eintraf, verbrachte er die Wartezeit in einer Gaststube und trank ein paar Gläschen zu viel. Der König verfrachtete den „angetrunkenen Ranzenblitz“ im hinteren Teil der Kutsche und übernahm selbst die Zügel auf dem Kutschbock. Auf dem Kniebis erwartete sie dann ein großer Empfang mit rotem Teppich, doch beim Öffnen der Kutschtüre, „hagelte nur der besoffene Wirt“ dem Empfangskomitee entgegen. Der König selbst wurde auf dem Kutschbock kaum wahrgenommen.

Den Namen „Ranzenblitz“ erhielt der Lamm Wirt Karl Gaisser der Überlieferung zufolge durch folgende Begebenheit:

Der württembergische König war zu Gast im Lamm und Karl Gaisser setzte dem König gerade das Fleisch zum Essen vor, als ihm unversehens ein lauter Wind entwich. „Potz, Ranzenblitz, Majestät“ soll der erschrockene Wirt gestammelt haben, „ich dachte, er käme leiser“. Über diesen Nachsatz gehen die Meinungen auseinander, er könnte auch gelautet haben: „ich konnte ihn net verhebe“.

Wie dem auch sei, der Name „Ranzenblitz“ blieb ihm und seinen nachfolgenden Wirten erhalten.

Nachdem der König im Hotel Lamm zur Jagd war, fragten viele neugierige Touristen: „Ist das hier, wo der König war?“. Der Lamm Wirt antwortete dann stolz: „Ja, an diesem Tisch hat er gesessen und oben im schönsten Zimmer geschlafen.“ Darauf wollten natürlich viele in dem Zimmer übernachten, in dem schon der König genächtigt hatte. Der „Ranzenblitz“ witterte ein gutes Geschäft und verkaufte auf diese Weise alle seine Zimmer als das, in dem der König genächtigt hatte.

 

Textquelle: Infobroschüre im Besucherzentrum Schwarzwaldhochstraße, neben der Kniebis-Hütte (Juni 2023)