Originalgetreuer Nachbau der weltweit ersten Erdölbohrung am Originalstandort im Kutzenhausener Wald (August 2023).
In Wald von Kutzenhausen wird 1813 die weltweit erste Prospektionsbohrung auf Erdöl abgeteuft, aber leider ohne Erfolg.
Bei dem Bohrgerät handelt es sich um einen handbetriebenen Löffelbohrer mit einem schrauben- oder messerförmigen Ende (Metallklinge), der schlagend in den Untergrund getrieben wird (Schlagbohrverfahren).
Mit einer Seilwinde kann der Bohrer zum Entleeren wieder nach oben gezogen wird. Der Antrieb erfolgt über zwei Kurbeln, die jeweils von einem Arbeiter gedreht werden. Dies erfordert viele Handgriffe, da der Fortschritt manchmal nur 50 cm auf einmal betrug.
Die Bohrung erreicht eine Endtiefe von 42 m.
Der Löffelbohrer kann bei Bedarf durch einen Schlagbohrmeißel ersetzt werden, um auch Festgestein durchbohren zu können.
Das Français Musée du Pétrole errichtete später am Originalbohrplatz einen originalgetreuen Nachbau des Handbohrgerätes.
Die wohl erste erfolgreiche (fündige) Erdölbohrung der Welt findet im Juni 1859 im niedersächsischen Bauerndorf Wietze in der Lüneburger Heide statt, wo heute das Deutsche Erdölmuseum, das immitten des ehem. Fördergebietes liegt, die Zeit der Erdölförderung erlebbar macht.
Ab 1845 wird in größerem Ausmaß im Handbohrverfahren gebohrt. Das Öl wird aber noch immer abgeschöpft.
Ab 1879 werden die Bohrungen (Schlagbohrverfahren) maschinell im Dampfbetrieb ausgeführt.
Joseph Le Bel (Gesellschaft Le Bel & Cie.) führt die Förderung von Teersand durch ein neues Verfahren, welches in Pennsylvania (Vereinigte Staaten) erprobt worden war: man bohrt die Ölschichten an und injiziert Wasser unter Druck, welches das Öl nach oben treibt. Mit geringerem Aufwand kann man so größere Mengen von Öl gewinnen.
Nachdem das Elsass wieder deutsch ist, wird die Ölsuche intensiviert. Die Vereinigten Deutschen Petroleumwerke AG und andere Firmen untersuchen die Umgebung von Pechelbronn, Walbourg-Biblisheim und Haguenau und beginnen Öl zu fördern.
1889 verkauft Joseph Achille Le Bel das Familienunternehmen für drei Millionen Reichsmark an die (seinerzeit deutsche) Pechelbronner Ölberbergwerke, eine Gesellschaft reicher Elsässer Unternehmer. Innerhalb von 15 Jahren erhöht die neue Firma die Förderung um 75 Prozent.
1911 werden alle lokalen Produktionsgesellschaften in der Deutsche Erdöl Aktiengesellschaft (DEA) zusammengefasst.
Im Jahr 1913 werden 49.500 t gefördert, die höchste regionale Förderung im Deutschen Reich. Mit der Methode der Bohrung und Pumpen konnte man nur ca. 25 % der vorhandenen Vorkommen ausbeuten.
Weil danach die Förderung zurückgeht, wird 1917 die bergmännische Ausbeutung der Ölsande wieder aufgenommen (Phase III).
Seit 1914 werden die Bohrungen (Schlagbohrverfahren) elektrisch betrieben.
1918 erreicht die Förderung 50.000 t.
Nach dem Ersten Weltkrieg wird Elsass-Lothringen wieder französisch, die DEA wird enteignet und die Anlagen 1921 der neu gegründeten Pechelbronn SAEM (Bergbau Aktiengesellschaft Pechelbronn) übertragen. Für den Vertrieb wird die Marke Antar gegründet. Der Schacht Nr. VIII wird bis zu einer Tiefe von 520 Meter vorangetrieben, jedoch ohne Erfolg.
In Ohlungen, westlich von Hagenau, werden 1922 in einer Tiefe von 440 m erstmals Erdölvorkommen im Hauptrogenstein (Jura) ausgebeutet.
1923 beginnt die Pechelbronn SAEM auf dem Gelände des alten Bauernhofs der Familie Le Bel mit dem Bau einer Arbeitersiedlung Cité Boussingault, heute Rue Boussingault. Sie besteht aus Mehrfamilienhäusern, größere für mehrere Arbeiterfamilien und Doppelhäuser für die Ingenieure. Nach dem Ende der Erdölförderung werden die Häuser an ihre Bewohner verkauft.
1924 gibt es in der Umgebung von Pechelbronn 550 Pumpstationen, die über ein Leitungsnetz von 150 km mit der Raffinerie verbunden sind.
1925 wird das leistungsfähigere Rotary-Bohrverfahren aus den USA eingeführt (Drehbohrverfahren). Der Druck auf die Bohrkrone wird bei diesem Verfahren nur durch eine Schwerestange und das Bohrgestänge ausgeübt. Eine im Kreislauf eingesetzte Spülflüssigkeit kühlt den Bohrkopf und transportiert das Bohrklein als Schlamm nach oben. Damit sind Bohrungen bis 2.000 m Tiefe möglich.
1926 beschäftigt die Gesellschaft 3.400 Menschen in Pechelbronn.
Bis 1927 werden ca. 2.850 Bohrungen mit einer Gesamtlänge von 760.000 m (!) niedergebracht.
Pumpenanlagen
1882 wird die erste Pumpenanlage in Betrieb genommen.
Von insgesamt über 5.000 Bohrungen werden in der Folgezeit ca. 2.850 zur Ölförderung mit Pumpen ausgestattet.
Eine Pumpenanlage besteht aus einer Gestängetiefpumpe, auch Pferdekopfpumpe genannt, die durch eine Dampfmaschine und später durch einen Elektromotor angetrieben wird. Der eigentliche Pumpenmechanismus ist ein Kolben mit Rückschlagventilen, der im Bohrloch in einem eigenen Rohrstrang nahe der ölführenden Schichten eingehängt ist.
Der Kolben wird mittels einer verschraubbaren Stange von einem pferdekopfähnlichen Pumpenbock in eine kontinuierliche Auf- und Abwärtsbewegung gesetzt.
1942 werden moderne Pumpen mit Untersetzungsgetrieben eingerichtet, 1949 sind insgesamt 650 solcher Pumpen in Betrieb.
Das geförderte Erdöl wird vor Ort vorübergehend in großen Tanks gespeichert und mit verschiedenen Transportmitteln (Rohrleitungen, Tankwagen oder Zugtiere) zur Weiterverarbeitung in die nächste Raffinerie gebracht.
Eine Gestängetiefpumpe (Pferdekopfpumpe) mit Bohrmeißel-Exponaten am südlichen Ortseingang von Merkwiller-Pechelbronn aus Richtung Hoelschloch.
Im benachbarten Dieffenbach-lès-Woerth wird 1927 in der Bohrung „Dieffenbach 2905“ (Endteufe: 500 m) durch eine Forschergruppe um die Gebrüder Schlumberger aus dem nahegelegenen Guebwiller die weltweit erste geoelektrische Bohrlochmessung durchgeführt. Die Messungen erfolgten punktweise in 1 m-Intervallen. Die ermittelten Widerstandsdaten, anhand der Sand- und Tonschichten differenziert werden konnten, wurden händisch als Widerstandslog dokumentiert.
Aus der 1926 gegründeten „Société de Prospection Electrique Schlumberger“ (PROS) ist bald der heutige Schlumberger Konzern hervorgegangen, einer der weltweit führenden Ausrüster der Erdölindustrie.
Bohrstelle „Dieffenbach 2905“: Gedenkstelle für die weltweit erste geoelektrische Bohrlochmessung am östlichen Ortsrand von Dieffenbach-lès-Woerth (August 2023).
1932 werden Bohrungen in Ohlungen im Schilfsandstein (Oberer Keuper) fündig, 1935 in Kutzenhausen in der Lettenkohle (Unterer Keuper) und 1949 in Soultz-sous-Forêts im Muschelkalk.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geht die Produktion wegen Erschöpfung der Ressourcen zurück, gegenüber den neuen, viel billiger produzierenden Ländern im Nahen und Mittleren Osten ist Pechelbronn nicht konkurrenzfähig.
1953 wird das Ende der Produktion für 1965 geplant, schrittweise wird die Belegschaft reduziert und die Förderung zurückgefahren.
Am 31. Dezember 1964 wird die Produktion beendet.
Die Firma Antar wird 1970 von Elf Aquitaine übernommen. Damit ist aber die Erdölförderung im Nord-Elsass nicht vollständig beendet, die Firma Geopetrol betreibt kleinere Förderanlagen, z. B. in Scheibenhard-Niederbronn in der Nähe von Lauterbourg, wo bis heute (2024) Erdöl gefördert wird. 2011 beantragt die Firma weitere Bohrgenehmigungen in der Nähe von Soufflenheim.
Ab 1987 werden vorbereitende Arbeiten für das Geothermiekraftwerk Soultz-sous-Forêts durchgeführt, die auf Daten aus der Erdölförderung beruhten.