Ottenhöfen: Geologischer Lehrpfad Felsenweg
Aufstieg und Platznahme der Schmelze
Viele dieser anatektischen Schmelzen verbleiben am Ort ihrer Entstehung und kristallisieren hier wieder zu einem mehr oder weniger gleichförmigen, gelegentlich aber auch von Schlieren des Altbestandes durchzogenen Gesteins, einem Diatexit.
Vielfach geschieht es jedoch, dass das Magma nicht ortsfest bleibt und in einen anderen, meist höher gelegenen Gesteinsrahmen eindringt. Hierbei wirken verschiedene Faktoren einander unterstützend zusammen, z.B. tektonischer Druck, der die Schmelze wegpresst, das geringere spezifische Gewicht des glutflüssigen Gesteins gegenüber der festen Umgebung und die Tatsache, dass der Schmelzfluss insbesondere sein Dach fortwährend anlöst und so aufwärts steigt. Der Aufstieg aber bedeutet Druckentlastung, die ein „Aufschäumen“ des Magmas bedingt. Der „Schaum“ kann nun seinerseits besonders gut mit dem „Deckel“ reagieren, er frisst diesen auf und schafft der nachdrängenden Schmelze so Schritt für Schritt weiteren Platz. Schließlich kommt ihr Aufstieg durch Abkühlung zum Erliegen, meist in Tiefen von wenigen Kilometern. Hier beginnt nun die Kristallisation des Granits mit dem Ausscheiden einzelner Mineralarten, zunächst mit geringen Mengen von Zirkon und Apatit, gefolgt von Hornblende und Biotit. Zweiglimmer-Granite enthalten neben dem schwarzen Biotit auch noch den braunen bis farblosen Muskovit. Als nächstes folgt der Plagioklas und schließlich Orthoklas und Quarz. Diese Ausscheidungsfolge findet man in vielen Graniten durch die Verwachsungsverhältnisse der verschiedenen Mineralarten bestätigt, wobei das älteste Mineral – zumindest gelegentlich – von allen jüngeren umwachsen wird. Doch ist der Kristallisationsvorgang nicht als einfaches Auskristallisieren der verschiedenen Mineralarten zu verstehen, da je nach den besonderen Bedingungen (Chemismus, Wassergehalt, Temperatur, Druck usw.) auch wieder Reaktionen der restlichen Schmelze mit bereits ausgeschiedenen Mineralen eintreten können. Die Elemente, die nicht in die normalen Granit-Minerale eingebaut werden können, wie z.B. Blei, Zink, Kupfer, Barium, Fluor und Schwefel, reichern sich in der stark wasserhaltigen restschmelze an, die gegen Ende der Kristallisation des Granits auf Spalten und Klüften ins Nebengestein eindringt und hier Mineral- und Erzgänge bildet, wie sie von vielen Stellen im Schwarzwald bekannt sind. Die letzten Phänomene bei der Erstarrung eines Granits sind Austritte von Thermalquellen, sei es, dass das Wasser nun direkt aus dem Granit stammt oder sei es, dass fremdes Wasser durch die letzte Wärmeabgabe des Granits aufgeheizt wird.
Der Zeitraum von der Entstehung der granitischen Schmelze bis zum Versiegen der letzten, granitgespeisten Quellen umspannt viele Millionen Jahre, wobei die Erstarrung der Schmelze zum festen Granit noch der am schnellsten ablaufende Vorgang sein kann.
Textquelle
Maus, H: Geologische Wanderung auf dem Felsenweg, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg, Freiburg, 1980. Herausgeber: Gemeinden Ottenhöfen und Kappelrodeck.
Mit freundlicher Genehmigung der Gemeinde Ottenhöfen. VIELEN DANK.