Radioaktivität messen

Da man ionisierende Strahlung nicht direkt beobachten kann, muss man geeignete Messverfahren verwenden, um die Art und Intensität der Strahlung zu ermitteln.

Auch wenn ionisierende Strahlung nicht zu sehen, hören, fühlen oder schmecken ist, gibt es Methoden und Geräte, um sie zu messen.

Je nach Art der Strahlung und Messaufgabe sind unterschiedliche Geräte erforderlich.

Im Vergleich zu professionellen Messgeräten messen einfache Geräte für den Privatgebrauch oft ungenauer und weniger zuverlässig.

Verschiedene Faktoren nehmen Einfluss auf die Güte von Messergebnissen und müssen bei der Auswertung von Messergebnissen beachtet werden.

Messverfahren

Je nach Art der Strahlung (Alpha-, Beta- und Neutronen-Strahlung oder Röntgen- und Gamma-Strahlung) sind unterschiedliche Messverfahren erforderlich. Das bedeutet, dass man nicht mit einem einzigen Verfahren alle durch den radioaktiven Zerfall entstehenden Strahlungsarten messen kann.

Auch der Messzweck spielt eine wichtige Rolle. Soll zum Beispiel neben der Intensität der Strahlung auch die Art des radioaktiven Stoffes bestimmt werden, sind unterschiedliche Messverfahren notwendig.

Die Messverfahren werden in unterschiedlichen Messgeräten eingesetzt. Je nach Art und Intensität der Strahlung sind die hier genannten Messgeräte unterschiedlich gut zum Nachweis der jeweiligen Strahlungsart geeignet: So können Szintillationsmesssonden sehr viel geringere Aktivitäten oder Dosisleistungen messen als zum Beispiel ein Geiger-Müller-Zähler.

Physikalische Wechselwirkung der Strahlung mit der Materie

Alle Verfahren zur Messung ionisierender Strahlung basieren auf physikalischen Wechselwirkungen der Strahlung mit Materie.

Dabei wird Energie von der Strahlung auf das verwendete Detektormaterial übertragen, was je nach verwendetem Detektor zu verschiedenen Effekten führt, die dann gemessen und zum Beispiel per Anzeige auf einem Display sichtbar und/oder durch Knackgeräusche in einem Lautsprecher hörbar gemacht werden können.

Messgeräte
Geiger-Müller-Zähler

Geiger-Müller-Zähler nutzen den photoelektrischen Effekt, bei dem ionisierende Strahlung elektrisch geladene Teilchen im Messgerät freisetzt, die verstärkt und registriert werden können.

Bei Geiger-Müller-Zählern befindet sich Gas in einem Metallrohr, dem so genannten Zählrohr, an das eine elektrische Spannung angelegt ist. Kommt das Gas im Zählrohr mit ionisierender Strahlung in Kontakt, entstehen im Gas elektrisch geladene Teilchen, die durch die angelegte Spannung beschleunigt und vervielfacht werden. Dadurch entsteht eine „Lawine“ von geladenen Teilchen, die als elektrisches Signal (Strom) gemessen werden kann.

Durch einen akustischen Verstärker, der im Messgerät mit verbaut sein kann, kann ein Geräusch (Ticken/Knacken) erzeugt und/oder durch das Umrechnen der Signale in Messeinheiten kann ein Messwert am Gerät abgelesen werden.

Halbleiterdetektoren

Bestimmte feste Materialien, so genannte Halbleiter, können zum Nachweis ionisierender Strahlung verwendet werden.

Das Prinzip ähnelt dem in Geiger-Müller-Zählern verwendeten Effekt: In Halbleiterdetektoren entstehen durch den Kontakt mit ionisierender Strahlung elektrisch geladene Teilchen. Diese erzeugen ein elektrisches Signal, mit dessen Hilfe die Strahlung messbar gemacht wird.

Zusätzlich zur Intensität der Strahlung kann dabei auch deren Energie bestimmt werden.

Szintillationszähler

In bestimmten Materialien, so genannten Szintillatoren, kann die ionisierende Strahlung optische Effekte wie zum Beispiel Lichtblitze verursachen.

Diesen Lumineszenz-Effekt, bei dem ionisierende Strahlung bestimmte Stoffe zum Leuchten anregt, nutzt man in Szintillationszählern zum Nachweis von Strahlung, indem man die optischen Effekte direkt beobachtet oder mittels eines Lichtverstärkers und eines optischen Sensors messbar macht. Das abgegebene Licht wird als Signal erfasst und in einem Messwert am Gerät dargestellt.

Wie mit Halbleiterdetektoren kann auch mit Szintillationszählern unter bestimmten Umständen zusätzlich zur Intensität der Strahlung die Energie der einfallenden Teilchen bzw. Gammastrahlung bestimmt werden.

Passive (Radon-)Messgeräte, Filmdosimeter

Passive Messgeräte nutzen zum Beispiel Photoemulsions-Effekte als Messverfahren. Hier hinterlässt ionisierende Strahlung dunkle Spuren auf einer dünnen, lichtempfindlichen Schicht im Messgerät.

In der Regel werden solche Messgeräte für einen bestimmten Messzeitraum an einem Ort aufgestellt wie zum Beispiel passive Radon-Messgeräte oder von einer Person mitgeführt wie zum Beispiel tragbare Filmdosimeter.

Nach Ende des Messzeitraums werden die Detektoren im Labor ausgewertet, indem die von einfallenden Teilchen auf der lichtempfindlichen Schicht im Messgerät erzeugten Spuren ausgezählt werden. Die erhaltene Dosis wird bei diesem Messverfahren also im Nachhinein erfasst.

Aussagekraft von Messungen mit handelsüblichen/einfachen Geräten

Ein qualifiziertes, zuverlässiges und belastbares Messergebnis kann durch private Messungen in der Regel nicht erbracht werden, da die Aussagekraft von Messungen mit handelsüblichen, einfachen Geräten begrenzt ist. Private Messungen mit einfachen Messgeräten können maximal einen groben Anhaltspunkt geben.

  • In der Regel erfolgt keine kontinuierliche Kalibrierung und/oder Eichung der handelsüblichen, einfachen Geräte.
  • Liegt eine Kalibrierung vor, ist sie meistens auf ein bestimmtes Radionuklid bezogen – das bedeutet, dass die Kalibrierung nur für eine spezielle Messaufgabe wie zum Beispiel die Detektion von Cäsium-137 gilt.
  • Günstige Geiger-Müller-Zähler sind häufig nicht für alle Messsituationen geeignet, daher kann es gerade in niedrigeren Dosisbereichen zu Abweichungen der gemessenen Werte von den Werten teurer professioneller Geräte kommen.
  • Bei der ungeübten Nutzung unbekannter Detektoren kann es leicht zu Bedienungsfehlern oder dem Einsatz von für die zu messende Strahlung ungeeigneten Messgeräten kommen – etwa, wenn Geräte für die zu ermittelnde Strahlungsart nicht geeignet sind oder die messbare Dosisleistung außerhalb des Messbereiches des Gerätes liegt.
  • Handelsübliche, einfache Geräte sind oft anfällig für äußere Einflüsse wie zum Beispiel Temperaturschwankungen, Luftfeuchtigkeit oder elektromagnetische Felder.

Die Messwerte privater Messungen mit einfachen Messgeräten lassen sich nur dann sinnvoll beurteilen, wenn Vergleichswerte vorliegen. Das bedeutet, dass zuvor mit demselben Messgerät bei gleichen äußeren Einflüssen und gleichen Messabständen eine Messung des „normalen“ Hintergrundwertes durchgeführt wurde, mit dem man die neu ermittelten Messwerte vergleichen kann.

Da eine Messung aller Strahlungsarten in der Regel nicht über ein einziges Messgerät erfolgen kann, sind Messungen mit einem einzigen Messgerät fast immer unvollständig.

ODL-Messnetz

Der Schutz der Bevölkerung vor radioaktiver Strahlung ist ein wichtiger Bestandteil des staatlichen Vorsorge- und Schutzsystems. Das Bundesamt für Strahlenforschung (BfS) betreibt dafür das integrierte Mess- und Informationssystem (IMIS) zur Überwachung der Umweltradioaktivität. Es überwacht die Umweltradioaktivität kontinuierlich in allen Umweltbereichen, erfasst bei einem Unfall die radioaktive Kontamination der Umwelt und schätzt die zu erwartende Strahlenbelastung ab.

Als eine der wichtigsten Messeinrichtungen betreibt das BfS auf Grundlage des StrVG ein bundesweites Messnetz zur großräumigen Ermittlung der äußeren Strahlenbelastung durch kontinuierliche Messung der Gamma-Ortsdosisleistung (ODL).

Die ODL wird in der Messgröße Umgebungs-Äquivalentdosisleistung bestimmt und in der Einheit μSv/h (Mikrosievert pro Stunde) angegeben. Die Umgebungs-Äquivalendosisleistung schätzt die effektive Dosis durch die Gammastrahlung aus der Umgebung pro Stunde ab, welcher ein Mensch ausgesetzt ist, wenn er sich am selben Ort befindet. Die natürliche ODL bewegt sich in Deutschland je nach örtlichen Gegebenheiten zwischen 0,05 und 0,18 μSv/h.

Das ODL-Messnetz besteht aus ca. 1.700 ortsfesten, automatisch arbeitenden Messstellen, die flächendeckend in einem Grundraster von rund 20 x 20 Kilometern über Deutschland verteilt sind. In einem Radius von 25 Kilometern beziehungsweise 100 Kilometern um kerntechnische Anlagen ist das Netz dichter angelegt. Ungefähr 20 Messstellen in der Umgebung kerntechnischer Anlagen sind mit zusätzlichen spektroskopierenden Sonden ausgestattet. Diese Sonden verwenden Lanthanbromid-Detektoren, die im 10-Minuten-Takt ein Spektrum der Gammastrahlung aufnehmen.

Die Messstationen registrieren in ca. 1,3 m Höhe im Zehnminuten-Takt die Gamma-Strahlung über der Bodenoberfläche und in der bodennahen Luft. Die Messdaten werden in der Regel im Stundentakt automatisch an die Messnetzknoten übertragen. Überschreitet der gemessene Radioaktivitätspegel an einer Messstelle einen bestimmten Schwellenwert, wird automatisch eine Meldung ausgelöst.

Die Ergebnisse der aktuellen Messungen und der Verlauf der Strahlenbelastung an sämtlichen Messstationen des BfS in den letzten Monaten können im Internet auf einer Online-Karte abgerufen werden.

Das Deutsche Messnetz für Radioaktivität (PDF).

Online-Karte

Die Messergebnisse werden auf einer frei zugänglichen Online-Karte der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Die Karte zeigt standardmäßig die Bundesrepublik Deutschland und angrenzende Länder. Die Kreise stehen für die Messstellen. Die Messstellen in einem Gebiet sind „geclustert“, das heißt, Messstellen im Umkreis werden abhängig von der Zoomstufe in einem Kreis zusammengefasst.

Die Zahl in dem Kreis zeigt an, wie viele ODL-Sonden enthalten sind. Die Farbe zeigt an, wie hoch die „Strahlung“ in dem Bereich ist.