Ölförderung im Schachtbetrieb (1745-1888)

Merkwiller-Pechelbronn

Das Chateau Le Bel im Januar 2024. Rechts das ehem. Laborgebäude.

1745-1786: Schachtbetrieb bis 27 m Tiefe

1740 erhält Louis-Pierre Auzillon de la Sablonnière eine Konzession über 20 Jahre. Er gründet eine Gesellschaft mit 40 Aktien, die Compagnie d’Asphalte. Ihre ersten Gesellschafter kommen aus Paris, Edelmänner, Offiziere der Krone, zu denen sich nach und nach zwei protestantische Bankiers Genfer Herkunft gesellen.

Sablonnière erweitert und verbessert die Produktion, indem er weitere Schächte und Stollen zum bergmännischen Abbau des Ölsands vortreibt.

Er beginnt 120 Faden nördlich der Hoeffelschen Quelle zu graben, 45 Fuß tief. Dabei stößt er auf horizontale ölführende Schichten zwischen ein und sechs  Fuß Dicke, denen er hinterher gräbt. Die Stollen sind vier Fuß breit und sechs Fuß hoch. Die Entwässerung erfolgt über drei Fuß tiefe Rinnen in der mit Brettern abgedeckten Sohle. Die Stollen werden  mit Eichenbalken abgestützt. Die Bewetterung erfolgt mittels Blasebalgen und bis zu 200 Fuß langen Zinnrohren.

1745 werden auf dem Gelände des erst 1805 errichteten  Chatêau Le Bel die ersten Grabungen durchgeführt. Der Schacht I (Puit I) wird bis zu einer Tiefe von 9,75 m ausgehoben.

Fortan wird Erdöl unter Tage, also bergmännisch, gewonnen.

Auch die Aufbereitung der ölhaltigen Sande wird verbessert. Die Sande werden zuerst mit heißem Wasser gekocht, dadurch trennen sich der schwere Sand und die leichteren Ölbestandteile.

Das dickflüssige Öl wird durch Destillation in schwere (Bitumen) und leichte (Öle) Fraktionen aufgespalten. Das Bitumen wird nicht nur zum Abdichten von Schiffen und Bauwerken gebraucht, sondern auch für medizinische Zwecke. Die leichten Bestandteile werden als Schmier- und Leuchtöl verwendet.

Wegen Geldmangels braucht Sablonnière bald neue Partner, die er in zwei elsässischen Notabeln (dem Vogt von Soultz-sous-Forêts und einen Straßburger Kaufmann) und drei Offizieren aus Straßburg findet. Die Gesellschafter werfen Sablonnière bald vor, das investierte Kapital nicht zu verzinsen, und entziehen ihm die Geschäftsführung.

Sablonnière kommt 1759, ein Jahr vor Ablauf seiner Konzession, bei einem Grubenunglück ums Leben. Er stirbt hochverschuldet.

Seine Witwe sucht in Paris bei einem einflussreichen 30 jährigen Anwalt nach Hilfe.

Der Anwalt heißt Antoine Le Bel.

Sablonnières Wittwe kann den jungen, industriell aber völlig unerfahrenen Anwalt für das Erdölgeschäft  interessieren. Le Bel schliesst mit ihr einen Assoziationsvertrag über 25 Jahre und bereitet von Paris aus ein neues Unternehmen vor.

Als Le Bel 1763 erstmals die Minen  in Pechelbronn aufsucht sind diese, fünf offene Gruben, zu seinem Entsetzen in desolatem Zustand, geflutet und eingestürzt. Le Bel pachtet kurzerhand im angrenzenden Kutzenhausen 18 Morgen Land und errichtet neue Gruben.

Die von ihm gegründete „Société Le Bel et Compagnie“ erwirbt eine Konzession über 30 Jahre und später auch das königliche Patent.

Der Grundstein einer erfolgreichen Familiendynastie, die über vier Generationen das (wirtschaftliche) Leben in Pechelbronn und Umgebung maßgeblich prägte, ist gelegt.

Die Familie Le Bel bringt in der Folgezeit die Erdölförderung entscheidend voran und entwickelt v.a. auch technische Methoden zur Aufbereitung  (Destillation) des Erdöls, was zum Bau der weltweit ersten Raffinerie führt.

1805 wird dort, wo 60 Jahre zuvor der erste Schacht errichtet wurde, ein Anwesen errichtet, das fortan als Familienstammsitz dient, das Chatêau Le Bel.

Das Chateau Le Bel im Januar 2024. Rechts das ehem. Laborgebäude.

Antoine Le Bel

(1729 – 1788)

Marie Joseph Achille Le Bel

(1772 – 1842)

Louis Frédéric Achille Le Bel

(1807 – 1867)

Joseph Achille Le Bel

(1847 – 1930)

Zwischen 1745 und 1786 werden in den sogenannten „Mines La Sablonnière“ insgesamt 12 Gruben (Puits) betrieben.

Mines La Sablonnière
Puit I
Puit II
Puit III
Puit IV
Puit V
Puit VI
Puit VII
Puit VIII
Puit IX
Puit X
Puit XI
Puit XII
Tiefe
9,75 m
16,25 m
13,00 m
16,25 m
19,50 m
27,30 m
13,00 m
19,50 m
19,50 m
19,50 m
nur Stollenvortrieb
nur Stollenvortrieb
Betriebszeit
1745-1758
1745-1758
1759
1759
1760-1768
1764-1786
1768-1771
1768-1786
1771-1783
1774-1780
1776-1780
1786

1785-1888: Schachtbetrieb bis 95 m Tiefe

Weitere 15 Gruben werden zwischen 1785 und 1888 in den sogenannten „Mines Le Bel et. Cie ausgebeutet.

Mines Le Bel et Cie.
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
Puit
Pluton
Antoine
Catherine
André-Achille
Marie-Louise
Auguste I
Adèle
Auguste II
Glückauf
Madeleine
Salomé
Joseph
Georges
Henri
André
Tiefe
35 m
35 m
31 m
34 m
50 m
50 m
33 m
54 m
40 m
72 m
62 m
57 m
77 m
72 m
95 m
Betriebszeit
1785-1794
1788-?
1794-1801
1802-1836
1810-1825
1822-1836
1833-1850
1837-1839
1838-1848
1839-1869
1841-1865
1849-1869
1866-1876
1873-1880
1877-1888

Ab 1860 ermöglicht der breitere und höhere Stollenausbruch, die Schubkarren der Arbeiter durch schienengebundene Kipper zu ersetzen.

Als die Schächte tiefer wurden (60 bis 95 m), wurde nur noch Sickeröl statt ölimprägnierte Sande nach oben befördert.

Von 1785 bis 1888 wurden 4.000 m Stollen gegraben und 14.000 t Öl (hauptsächlich Sickeröl) gefördert.

In den Mines La Sablonnière und Mines Le Bel et Cie. wurde zwischen 1785 und 1888 in den insgesamt 27 Schächten und 45 km Stollen zusammen 27.087 t Rohöl gewonnen.

Textquellen

Wikiwand "Merkwiller-Pechelbronner". Abfrage im Januar 2024

Konold, Werner; Werner, Wolfgang und Regnath, R. Johanna (Hrsg.): Kohle-Öl-Torf. Zur Geschichte der Nutznung fossiler Energieträger. Veröffentlichung des Alemannischen Instituts Freiburg i. Br., Nr. 89. Jan  Thorbecke Verlag, 2022.

Scheld, Manfred: Erdöl im Elsass. Die Anfänge der Ölquellen von Pechelbronn - Von der historischen Doktorarbeit Jean Theophille Hoeffels (1734) in die Zeit nach dem Erdöl. Verlag Regionalkultur, 2002.