Der neue Heilbronner Geo- und Naturpfad am Jägerhaus (seit Oktober 2020) eröffnet außergewöhnliche Einblicke in die Erd- und Landschaftsgeschichte
Die Bedeutung der Steinbrüche am Jägerhaus motivierte bereits die Gründer der Heilbronner Museumsfreunde 1984 zur Errichtung eines geologischen Lehrpfads. Jetzt wurde der Pfad unter Federführung der Museen als 4 Kilometer langer Rundweg vollständig neu konzipiert und somit materiell und inhaltlich runderneuert.
Die beeindruckenden Gesteinsschichten, das Vorkommen seltener Pflanzengemeinschaften und die facettenreiche Kulturgeschichte machen die ehemaligen Steinbrüche am Jägerhaus zu einem einzigartigen Geotop in Nordwürttemberg. Rund fünf Millionen Jahre Klima- und Landschaftsgeschichte sind hier sichtbar und jetzt neu erlebbar.
Die dortigen Gesteine entstanden vor rund 230 Millionen Jahren. Damals war das heutige Süddeutschland Teil einer ausgedehnten Tiefebene. Von umgebenden Hochländern transportierte das fließende Wasser Sande und Tone ins Innere der Tiefebene – das Ausgangsmaterial für die Gesteine entlang des Lehrpfads. Deren Abbau ist seit dem 14. Jahrhundert belegt. 1968 wurde der Betrieb eingestellt und das Gelände 1972 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Heute ist der ehemalige Steinbruch Rückzugsraum für viele gefährdete Pflanzen- und Tierarten.
Die 14 neuen, interaktiven Stationen des Lehrpfads erklären die geologischen Aspekte und eröffnen außergewöhnliche Einblicke in die Natur und Kultur der Heilbronner Region. Als Pendant des Skulpturenpfads am Wartberg ist Heilbronn um eine weitere kulturelle Attraktion reicher, die sich gleichermaßen an Naturfreunde, geologisch Interessierte und Familien richtet.
Führungen
Die Städtischen Museen bieten geführte Rundgänge am Geo- und Naturpfad an. Aktuelle Termine und Details zur Anmeldung bzw. Buchung erfahren Sie auf der Internetseite oder unter der Telefonnummer 07131/562295.
© Städtische Museen Heilbronn. Mit freundlicher Genehmigung. Vielen Dank.
Hinweise zum „Geo- und Naturpfad“
- Die Städtischen Museen Heilbronn haben ein kleines Infoheftchen (32 Seiten) als Wegbegleiter für die Hosentasche herausgegeben.
- Der Pfad ersetzt den 1984 errichteten „Geologischen Lehrpfad Keuperweg„, der als Streckenwanderung mit 13 Infotafeln ausgewiesen war.
Weitere Infos bei …
Holger Nass
Museumspädagoge
Stadt Heilbronn | Schul-, Kultur- und Sportamt | Städtische Museen Heilbronn
Deutschhofstraße 6, D-74072 Heilbronn
Telefon: 07131 56- 3260 (Mo, Di, Mi, Fr)
www.facebook.com/StaedtischeMuseenHeilbronn
www.instagram.com/museenheilbronn
Wegstationen
Station 1: Einführung
Station 2: Verblüffende Geologie
Station 3: Sandkorn mit Migrationshintergrund
Station 4: Fenster in die Landschaftsgeschichte
Station 5: Minerale als Klimazeugen
Station 6: "Goldgrube" Sandsteinbruch
Station 7: Kaltluftdusche
Station 8: Zeitsprung von zwei Millionen Jahren
Station 9: Gesteine wie Blätterteig
Station 10: Vegetationsgegensätze
Station 11: Abwechslungsreich
Station 12: Uralter Wirtschaftswald
Station 13: Achtung Steinschlag!
Station 14: Kulturlandschaft auf Schilfsandstein
Naturschutzgebiet „Alter Steinbruch Jägerhaus“
Als ehemals bedeutendster Steinbruch Württembergs lieferte der Schilfsandsteinbruch beim Jägerhaus über ein halbes Jahrtausend wertvolles Baumaterial, das nicht nur in Heilbronn, sondern weit über die Stadtgrenzen hinaus hohes Ansehen genoss.
Nach Aufgabe der Nutzung 1968 drohte dem Steinbruch wie vielen anderen die Verfüllung. 1972 wurde er durch das Regierungspräsidium Stuttgart als Naturschutzgebiet ausgewiesen. 1986 erfolgte die Erweiterung des Schutzgebietes auf eine Größe von knapp 30 ha.
Schutzzweck ist die Erhaltung des aufgelassenen Steinbruchgeländes als naturkundlich und kulturhistorisch bedeutsames Gebiet, die Beibehaltung der charakteristischen Eigenart als wertvoller Lebensraum für die heimische, wild lebende Tier- und Pflanzenwelt, die Sicherung des Gebietes für die nicht an Erholungseinrichtungen gebundene stille Erholung der Allgemeinheit sowie die Beibehaltung der Artenzusammensetzung des Waldes.
Das Naturschutzgebiet ist durch einen Rundweg auf den ehemaligen Zu- und Abfahrten erschlossen.
Beschreibung Steinbruch
In der alten Abbauwand erkennt man die mächtigen Sandstein-Lagen, die durch dünne Tonstein- und Mergellagen untergliedert werden.
Beim Abbau wurden große Blöcke mit schweren Stahlkeilen abgebaut. In jüngerer Zeit kamen dann auch Diamant-besetzte Sägen und Fräßmaschinen zum Einsatz.
Paläogeographie
Nach Ablagerung der Gipskeuper-Abfolgen in weiten Schlammebenen veränderten sich die klimatischen Bedingungen, und das Landschaftsbild wurde nun durch ein riesiges System miteinander verflochtener großer Flüsse („braided river“) dominiert. Die Flüsse schnitten sich metertief in die zuvor abgelagerten Tonsteine und Mergel des Gipskeupers ein. Diese relativ weichen Schichten waren leicht auszuräumen. Dadurch entstanden oft sehr breite Rinnen, in denen die Flüsse, je nach Fließgeschwindigkeit, ihre mitgeführte Geröll- und Suspensionsfracht ablagerten.
Die Hauptmasse des so abgelagerten Materials besteht aus kleinen Gesteinsbruchstücken, Quarz- und Feldspatkörnern. Daneben finden sich Glimmerplättchen sowie auch Schwerminerale. Anreicherungen von Eisen-Hydroxiden sind als dunkle Flecken zu erkennen. Dieses zunächst nicht verfestigte Sedimentgestein wurde durch darüber abgelagerte Schichten allmählich verdichtet und entwässert. Mit Sand und Schluff gemeinsam abgelagerte Tonminerale verkitteten die Körnchen zu einem tonigen Sandstein, den Schilfsandstein.
Hierauf beruht die bei den Steinmetzen beliebte gute Verarbeitbarkeit des Schilfsandsteins. Allerdings ist das tonige Bindemittel auch die Ursache für die nicht sehr ausgeprägte Verwitterungsbeständigkeit. Mit seiner guten Verarbeitbarkeit und seinem warmgelben Farbton war der Heilbronner Schilfsandstein über viele Jahrhunderte ein geschätzter Werkstein.
Er wurde in ganz Deutschland als Bau- und Bildhauerstein geschätzt und sogar exportiert. Bekannte Beispiele sind viele historische Gebäude in Heilbronn, aber auch der Kölner Dom oder sogar der Bahnhof von Amsterdam (Hansch et al. o.J.).
Nach über 500 Jahren endete um 1960 der Steinbruchbetrieb am Jägerhaus. Seit 1972 ist der Jägerhaus-Steinbruch Naturschutzgebiet.
Infomaterialien
Heilbronn
Presseinformation zum neu konzipierten Lehrpfad vom 15.09.2020
Textquellen