Im Nordelsass (Département Bas-Rhin) wurde in der Gegend um Merkwiller-Pechelbronn zwischen 1735 und 1964 auf einem 44.000 ha großen Areal über einen Zeitraum von 230 Jahren Erdöl gewonnen.

Kenndaten

Die Erdpechquellen von Lampertsloch und Baechelbrunn wurden 1498 erstmals schriftlich erwähnt.

1734 untersuchte der Medizinstudent Jean-Theophile Hoeffel erstmals wissenschaftlich die Erdölaustritte der Umgebung und führte erste Destillationsversuche durch.

Mit seiner Arbeit bereitete Hoeffel den Weg der industriellen Ölförderung in Europa und der Entwicklung der Rohölraffination vor.

In den Folgejahren legten Louis-Pierre Auzillon de la Sablonnière und die Industriellenfamilie Le Bel den Grundstein für die Entwicklung einer 230 Jahre andauernden Erdölindustrie.

Ab 1735 baute man in Baechelbrunn und Lobsann Erdöl kommerziell ab, zunächst nur durch lokale Abgrabungen an der Oberfläche.

Im 18. und 19. Jh. wurden in den Mines de Sablonnière und Mines Le Bel et. Cie. über 22.000 t Öl bergmännisch in bis zu 100 m tiefen Gruben im Schachtbetrieb gefördert. Der erste Schacht wurde 1745 angelegt.

Die weltweit erste Prospektionsbohrung auf Erdöl in Kutzenhausen im Jahr 1813 war noch nicht fündig, die Bohrtätigkeiten wurden aber zusehends intensiviert.

Bis 1927 wurden ca. 2.850 Bohrungen mit einer Gesamtlänge von 760.000 m abgeteuft.

In der ersten Hälfte des 20. Jh. wurde über einen Zeitraum von 37  Jahren Erdöl in bis zu 400 m tiefen Gruben im Schachtbetrieb gewonnen.

In einem 1.250 ha großen Gebiet wurden in acht Gruben insgesamt ca. 430 km lange Streckenanlagen angelegt. Die Erdölausbeute betrug insgesamt 955.000 t.

1927 führte eine Forschergruppe um die Gebrüder Schlumberger in Dieffenbach-lès-Woerth die weltweit erste geoelektrische Bohrlochmessung durch.

Für die bohrtechnische Gewinnung von Erdöl wurden insgesamt 5.000 Suchbohrungen abgeteuft, davon wurden 2.700 Bohrungen mit Pumpen ausgestattet.

In Pechelbronn wurde die weltweit erste großtechnische Erdölraffinerie errichtet. In den besten Zeiten waren hier 3.200 Menschen beschäftigt. Die meisten Mitarbeiter der Raffinerie kamen aus der Umgebung. 

Für Zugezogene und leitende Mitarbeiter der Raffinerie wurden eigene Siedlungen errichtet. Die Produkte der Raffinerie wurden unter dem Markennamen „Antar“ vertrieben.

Am 31.12.1964 wurde die Erdölförderung eingestellt. Der Raffineriebetrieb wurde noch bis 1970 fortgeführt.

 

Zwischen 1735 und 1964 wurden in 230 Betriebsjahren, durch Bohrungen und bergmännischen Abbau, insgesamt 3,3 Millionen t Öl gewonnen.

Zeitraum
1735-1888
1882-1917
1918-1964
(1735-1964)
(nach C. Sittler)
Fette
Rohöl
Rohöl (Bohrbetrieb)
Rohöl (Schachtbetrieb)
Gesamt
Menge
22.384 t
784.802 t
1.407.977 t
1.098.886 t
3.314.051 t

Zum Vergleich:

In Kuwait wurde 2022 diese Ölmenge innerhalb nur einer einzigen Woche (!) gefördert (Jahresförderung: 145,7 Millionen t).

Dieser eklatante Unterschied ist nicht nur der heute eingesetzten Hightech-Fördertechnik geschuldet, sondern v.a. auch dem Erdölvorkommen selbst (Größe der Lagerstätte, Tektonik, räumliche Verteilung und Viskosität des Erdöls, Permeabilität des Muttergesteins etc.).

Tiefste Bohrung (Kutzenhausen)

Betriebszeit der ersten Pumpenanlage

Textquellen

Wikiwand "Merkwiller-Pechelbronner". Abfrage im Januar 2024

Konold, Werner; Werner, Wolfgang und Regnath, R. Johanna (Hrsg.): Kohle-Öl-Torf. Zur Geschichte der Nutznung fossiler Energieträger. Veröffentlichung des Alemannischen Instituts Freiburg i. Br., Nr. 89. Jan  Thorbecke Verlag, 2022.

Scheld, Manfred: Erdöl im Elsass. Die Anfänge der Ölquellen von Pechelbronn - Von der historischen Doktorarbeit Jean Theophille Hoeffels (1734) in die Zeit nach dem Erdöl. Verlag Regionalkultur, 2002.