Musée Français du Pétrole

Merkwiller-Pechelbronn

Merkwiller-Pechelbronn ist eine kleine, ländlich geprägte Gemeinde im Nordelsass (Département Bas-Rhin), ungefähr 900 Einwohner.

Wenn man ohne weitere Kenntnisse zum ersten Mal in den Ort kommt oder möglicherweise sogar nur zufällig mit dem Auto durchfährt, dann wird man diesen Flecken Erde nicht unbedingt in Erinnerung behalten. Warum auch.

Wer aber genauer hinschaut, der entdeckt den einen oder anderen Wegweiser, der auf einen „Puit“ als lokale Sehenswürdigkeit hinweist. Und dann finden sich hier und da, wie aus dem Nichts sich erhebende Hügel, die so gar nicht in das normale Landschaftsbild passen. Eine Landschaft, die zwar auch sehr hügelig ist, aber irgendwie auf eine andere Art, sanfter und weitläufiger.

Aber am auffälligsten sind wohl diese stählernen Pferdeköpfe, die bewegungslos an der einen oder anderen Straße stehen, z.B. bei der evangelischen Kirche, gegenüber der Grundschule.

Daneben ein unscheinbares Gebäude mit der Aufschrift: Musée du Pétrole. Das Museum hat eine eigene Webseite, dort liest man sogar „Musée Français du Pétrole“.

Ganz schön dick aufgetragen, oder?

Das „Musée Français du Pétrole“ im August 2023.

Ganz und gar nicht. Das Französische Erdölmuseum trägt seinen großen Namen zurecht und steht genau dort, wo es hingehört: In der Wiege der europäischen Erdölindustrie.

In Merkwiller-Pechelbronn war das Zentrum einer Erdölindustrie, die zwischen 1735 und 1964 den Ort und seine Umgebung über einen Zeitraum von 230 Jahren maßgeblich prägte.

Im Ort entstand mit der Erdölraffinerie Merkwiller (oder Erdölraffinerie Pechelbronn) die weltweit erste großtechnische Anlage zur Erdölaufbereitung.

Von den heute bewegungslosen Pferdeköpfen gab es in der näheren und weiteren Umgebung von Merkwiller-Pechelbronn ursprünglich einmal um die 2.850 aktive „Artgenossen“. Genauer gesagt handelt es sich um sogenannte Gestängetiefpumpen, dem Aussehen wegen umgangssprachlich auch Pferdekopfpumpen genannt. Diese bewegten mit monotonen, nickenden Bewegungen, eine an einem tiefen Gestänge befestigte Kolbenpumpe über ein Seil permanent auf und ab, um so im Untergrund vorhandenes Erdöl nach oben zu fördern.

Neben der konventionellen Erdölgewinnung im Bohrbetrieb war aber v.a. auch die bereits ab 1735 praktizierte bergmännische Gewinnung der Erdöls im Schachtbetrieb von großer und auch landschaftsprägender Bedeutung.

Bei den fremd anmutenden Hügeln in und um den Ort handelt es sich um Abraumhalden (terriles) der zweiten bergmännischen Abbauphase von 1917 bis 1954. In dieser Zeit wurden in acht Gruben (Puit I bis Puit VIII) bis zu 400 m Tiefe Schächte angelegt und Stollenanlagen mit einer Gesamtstrecke von 430 km vorgetrieben.

Dieser immense Aufwand wurde betrieben, um in einem Zeitraum von 230 Jahren insgesamt ca. 3,3 Millionen t Erdöl zu fördern.

Eine gewaltige Zahl, oder?

Die Erdölvorkommen im gesamten Oberrheingebiet und die Menge des dort bisher (und heute wieder) geförderten Erdöls sind im weltweiten Vergleich verschwindend gering.

So wurde die im Erdölfeld Merkwiller-Pechelbronn in 230 Jahren geförderte Ölmenge, in Kuwait im Jahr 2020 innerhalb nur einer Woche gefördert!

    Aber was bleibt ist, Merkwiller-Pechelbronn war und ist, nicht nur für die europäische Erdölindustrie, ein historisch wichtiger und sehr bedeutender Ort.

      1734 führte J. T. Hoeffel erste Detillationsversuche durch.

      1813 teufte die Companie Le Bel et Cie. im Kutzenhausener Wald die weltweit erste Prospektionsbohrung auf Erdöl ab.

      Im 19. Jahrhundert wurde in Merkwiller die weltweit erste großtechnische Erdölraffinerie errichtet.

      1927 führte in Dieffenbach-les-Woerth eine Arbeitsgruppe um die Gebrüder Schlumberger die weltweit erste geoelektrische Bohrlochmessung durch.

      All dies und vieles mehr macht den Ort zu einer einzigartigen Besonderheit, zu einem Ort, der in Erinnerung bleiben sollte.

      … und genau das ist das Vermächtnis des Vereins der Freunde des Erdölmuseums von Pechelbronn, dem im Jahr 1984 der Betrieb des 1967 gegeründeten Museums übertragen wurde.

      Das Museum plant 2024 einen Umzug innerhalb des Ortes in größere Räumlichkeiten. An einen Ort mit besonderer Historie, nämlich auf das ehemalige Grubengelände „Clémenceau“, direkt an der Rue Hattenweg am westlichen Ortsausgang in Richtung Preuschdorf.

      Textquellen

      Wikiwand "Merkwiller-Pechelbronner". Abfrage im Januar 2024

      Konold, Werner; Werner, Wolfgang und Regnath, R. Johanna (Hrsg.): Kohle-Öl-Torf. Zur Geschichte der Nutznung fossiler Energieträger. Veröffentlichung des Alemannischen Instituts Freiburg i. Br., Nr. 89. Jan  Thorbecke Verlag, 2022.

      Scheld, Manfred: Erdöl im Elsass. Die Anfänge der Ölquellen von Pechelbronn - Von der historischen Doktorarbeit Jean Theophille Hoeffels (1734) in die Zeit nach dem Erdöl. Verlag Regionalkultur, 2002.