Eine der Erdpechquellen bei Merkwiller-Pechelbrunn im Januar 2024.
Merkwiller ist eine alte Siedlung, die erstmals im Jahr 742 als „Mark-Berganwillare“ urkundlich erwähnt wurde. Der Ortsname Pechelbronn leitet sich aus dem Vorkommen der Pechquellen ab, das vor 1843 noch „Baechelbrunn“ hieß („Pechbrunnen“).
1922 wurden beide Siedlungen zur Gemeinde „Merkwiller-Pechelbronn“ zusammen gelegt. Der Ort gehört seit 2007 dem Gemeindeverband Sauer-Pechelbronn an.
Schon seit Jahrhunderten sind in der Gegend um Lampertsloch und Baechelbrunn Erdlöcher und Quellen bekannt, aus denen Erdöl und Naturasphalt austritt.
Bereits im 7. Jahrhundert soll ein Mönch namens Lambert an einer heißen Quelle den Segen des Erdpechs festgestellt haben (mit Erdpech eingeriebene Schweine sollen von der Schweinepest verschont worden sein).
Die Erdpechquellen von Lampertsloch und Baechelbrunn wurden 1498 erstmals schriftlich erwähnt in dem Werk „Directorium Statuum Seuverius Tribulatio Seculi“ (Regel zur Beurteilung der Situation, oder genauer gesagt „Drangsal“, des Jahrhunderts) von Jakob Wimpfeling, einem katholischen Priester und Historiker des Deutschen Humanismus.
Im Mittelalter war es üblich, das Erdpech, das auf dem Wasser der Quellen aufschwamm, zu nutzen.
Die Bewohner hatten beobachtet, dass sich Tiere, v.a. Wildschweine gerne in dem öligen Schlamm suhlten und sich dann an den umliegenden Baumstämmen rieben, um ihre Wunden zu heilen und ihren von Parasiten verursachten Juckreiz zu stillen.
Die Bauern in der Umgebung kamen daher auf die Idee, dieses ölige Material als äußerliches Pflegemittel, für sich selbst und ihre Haustiere, zu sammeln und auch als Schmiermittel für ihre Werkzeuge und Fuhrwerke zu verwenden.
„Die armen Leuth haben die Kärch damit gesalbet.“
Der ölige Schlamm wurde mit einem an einem Stiel befestigten Brett abgezogen und in geeignete Behälter gefüllt.
Apotheker und Ärzte aus dem 15. bis 17. Jahrhundert berichteten in verschiedenen Veröffentlichungen über die Verwendung dieses Öles. Zu nennen ist hier Gonthier d’Andernach (1487-1574), der als Arzt von Franz I. tätig war. Ein weiterer Arzt, der aus Bad Bergzabern stammte, erwähnte 1584 die Quelle, die er zwischen Haguenau und Woerth ansiedelte. Der Vogt von Woerth erwähnt sie ebenfalls und verortet sie etwa 10 km von der Ortschaft entfernt.
Viele Menschen interessierten sich für das Öl und seine medizinischen Anwendungen, doch aufgrund der religiösen Unruhen und des Dreißigjährigen Krieges fand noch keine umfangreichere Nutzung statt.
Erste Forschungsarbeiten
Im Jahr 1734 untersucht der im nahegelegenen Woerth an der Sauer geborene Medizinstudent Jean-Theophile Hoeffel im Rahmen seiner Dissertation an der Universität Straßburg verschiedene Erdölquellen in Lampertsloch und Baechelbrunn.
Der Titel von Hoeffels Doktorarbeit lautet:
„Historia Balsami Mineralis Alsatici sev Pétrolai Vallis Sancti Lamperti – Der Hanauische Erd-Balsam/Lamperslocher Oel- oder Bächel-Brunn„.
Hoeffels Doktorvater ist Professor Johann-Jacques Sachs.
Der historisch bedeutende Ölaustritt an der „Hoeffelquelle“ im Januar 2024.
Hoeffel vergleicht die Ölpechquelle in der Aumatt mit Ölvorkommen in der Nachbarschaft und führt zahlreiche Destillationsversuche sowohl mit dem steingebundenen als auch mit dem frei austretenden Öl durch. Die Destillationsversuche führen ihn aber nicht zum gewünschten Ziel, ein möglichst reines Öl ohne störende Rückstände zu gewinnen. Dies war aus heutiger Sicht v.a. auch den seinerzeit unzureichenden technischen Möglichkeiten geschuldet. Bei seinen Versuchen entwickelte er unwissentlich das Lampenöl, das nur ein Jahrhundert später für die Beleuchtung verwendet wurde.
In seiner Dissertation zählt Hoeffel alle medizinischen Verwendungszwecke des des „Elsässer Öls“ auf und beschreibt zahlreiche Heilungen (Infektionen, Wunden, Augen- und Hautprobleme, Gicht, Gelenkprobleme…).
Die Ergebnisse seiner historisch bedeutsamen Untersuchungen bereiteten den Weg der industriellen Ölförderung in Europa und der Entwicklung der Rohölraffination vor.
Erdölaustritt bei Surbourg im Januar 2024.
Beginn des kommerziellen Abbaus
Die Arbeit Hoeffels kursiert seinerzeit in Fachkreisen weit über das Elsass hinaus.
In der Schweiz wird Jean-Damascène Eirinis, dessen Vater die Asphaltmine im Val-de-Travers bei Neuchâtel betreibt, auf die Arbeit Hoeffels aufmerksam.
Eirinis reist 1735 ins Elsass, wo er an den von Hoeffel angegebenen Stellen Untersuchungen durchführt, in dem er mehrere Stollen errichtet.
Dieses Datum markiert den Beginn des kommerziellen Abbaus.
Eirinis treibt auch die Destillationstechniken voran, indem er den Ölsand mit kochendem Wasser wäscht, um das Öl abzuscheiden.
1740 tritt er seine Rechte an Louis-Pierre Auzillon de la Sablonnière ab. Sablonnière ist ein französischer Diplomat bei den Schweizer Ligen, der Anteile an dem Unternehmen im Val de Travers übernommen hatte. Der französische König Ludwig XV., der ihm die zollfreie Einfuhr der Asphalts erlaubte, beauftragte ihn 1737 damit, die Rümpfe von Schiffen auf dem Weg nach Indien mit Schweizer Asphalt zu verkleiden. Sablonnière soll im Auftrag des Königs eine solche Grube auch auf französischem Boden ausfindig machen.
Diese Grube findet er im Elsass.