Grainau: Geologische Wanderung zum Eibsee

13.09.2023 | Alpen(vorland), Geologie, Lehrpfad

Auf geologischen Pfaden das Zugspitzdorf Grainau erleben.

Die Landschaft um Grainau bietet ein breites Spektrum an geologischen Sehenwürdigkeiten. Erkunden Sie die Landschaft eines Dorfes, welches durch einen Bergsturz vor ca. 4.000 Jahren nachhaltig geprägt wurde.

Die Wanderung beginnt im Kurpark der Gemeinde. Unterhalb des großen Felsblockes vor dem Rathaus steht die erste Infotafel. Der Weg führt vorbei am Rosen- und Badersee, über die Breitla, Frenzl, Radschuh weiter zur Umrundung des Eibsees bis zum Frillensee.

Die Gehzeit beträgt ca. 3,5 bis 4 Stunden.

In der Tourist-Information gibt es den kostenlosen Führer mit allen Erklärungen.

Wegstationen
Station 1: Felsblock am Rathaus

Aus dem Bayerischen Schneekar unter dem Zugspitzgipfel ging vor rund 3700 Jahren ein riesiger Bergsturz nieder. Die ausgebrochene Felsmasse stürzte in das Eibsee-Becken und das Loisachtal und brandete am Gegenhang des Kramer-Gebirgsstockes bis etwa 100 m hoch. Am Bergrücken Zirmerskopf— Höhenrain wurde ein großer Teil der Sturzmasse nach Osten bis zum Westrand des Talkessels von Garmisch-Partenkirchen abgelenkt; als gleitungsfördernder Horizont wirkte dabei eine späteiszeitliche Seeton-Decke. Die Bergsturzmasse nimmt eine Fläche von rund 15 km2 ein; ihre Mächtigkeit schwankt zwischen wenigen Metern und über 50 m. Die Reichweite der Sturzbahn beträgt rund 10 km, das Volumen der Sturzmasse rund 300–400 Mio. m3. Damit handelt es sich um den größten Bergsturz der Bayerischen Alpen. Die Bergsturzmasse weist ein unruhiges Kleinrelief auf. Es handelt sich um eine stark gegliederte, von einem teilweise intensiven Wechsel von hügeligen Aufragungen und dazwischen liegenden Senken gebildete Felstrümmerlandschaft. Diese verleiht – im Zusammenwirken mit zwischengestreuten Auen (See- und Bachablagerungen) – dem Ortsbereich von Grainau sein vielfältiges, typisches Gepräge. Auch der Hügel, auf dem das Rathaus steht, stellt ein Relikt des seinerzeit katastrophalen Ereignisses dar. Die eindrucksvollen Blöcke bestehen aus hellem Wettersteinkalk. Der große Block, vor dem der Wanderer steht, lässt auch erahnen, mit welcher Wucht die Massen zu Tale donnerten.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 2: Brücklesbach-Ursprung

Hier, am Ostfuß des bewaldeten Hinterbichel-Rückens, tritt ein Grundwasserstrom aus der Bergsturzmasse zutage. Unter dem Pflaster der Waxensteinstraße liegen fünf Quellen; ihre Schüttung ist sehr gleichmäßig und auf 50–100 l/s zu veranschlagen. Die Wassertemperatur beträgt 7-10 °C (im Winter niedrig, im Sommer hoch). Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um den unterirdischen Abfluss des 22 m höher gelegenen Badersees (Station 4), worauf nicht nur die Lagegegebenheiten, sondern auch der saisonale Temperaturgang (siehe Diagramm auf der folgenden Seite) hindeuten: Das den Badersee speisende, gleichmäßig temperierte Grundwasser unterliegt beim Durchströmen des Sees im Sommer einer leichten Erwärmung, im Winter dagegen einer Abkühlung.

Der Austritt wird verursacht durch den Staueffekt einer Seeton- Decke, die bei der Anlage von Baugruben im Ortsbereich von Grainau immer wieder aufgeschlossen wird. Der Brücklesbach nimmt den vom Plateau der Neuneralm kommenden Alplebach (Quellwasser) auf und mündet im Untergrainauer Feld in den Krepbach.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 3: Rosensee und Baderseewald

Rechts unterhalb des Wanderweges ist das grünklare Wasser des Rosensees zu erkennen. Der See liegt auf Privatgrund und ist nicht öffentlich zugänglich. Seine maximale Fläche beträgt ca. 3.500 m2, die größte Wassertiefe etwa 4 m (bei hohem Wasserstand). Das Stillgewässer liegt vollständig in der Bergsturzmasse; die Ufer und Seegrund bildenden Sturzblöcke sind gut zu erkennen. Es herrscht Analogie zum Badersee (Station 4): Die Speisung erfolgt allein durch Grundwasser, oberirdische Zu- und Abflüsse fehlen; aufgrund der Lage in einer oberflächenabflusslosen Mulde ist von einem Blindsee zu sprechen. Ungewöhnlich ist die hohe Schwankung des Wasserspiegels: Sie beträgt bis etwa 2 m. Offenbar ist der Ablauf durch die knapp östlich beginnende Seetondecke gestaut (siehe Station 2). Bei Niedrigwasserstand zerfällt der See in zwei Teilflächen. Bei mittlerem und hohem Wasserstand lässt sich beobachten, wie der Grundwasserstrom an der westlichen (vom Betrachtungspunkt aus linken) Ecke in den See eintritt.

Die unruhige Geländeoberfläche des bewaldeten Hinterbichel- Rückens, durch die der Weg führt, ist charakteristisch für grobblockige Bergsturz-Trümmermassen (zur Entstehung siehe Station 1). Mulden und Aufragungen wechseln einander in rascher Folge ab. Wie an zahlreichen Öffnungen im Waldboden zu erkennen, ist der Untergrund von Kleinhohlräumen durchzogen und hoch durchlässig; alles Niederschlagswasser versickert flächenhaft, ohne oberirdische Rinnsale zu bilden.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 4: Badersee

Der See weist eine Fläche von 12.810 m2 auf (Länge 177 m, Breite 131 m, Umfang 580 m). Die groben Bergsturzblöcke prägen das morphologische Erscheinungsbild des Sees und seines Umfeldes. Der größte Block bildet im Ostteil des Sees eine kleine, bewachsene Insel. Zwischen den Blöcken des Seegrundes liegt heller Sand. Die mittlere Wassertiefe liegt im Westteil des Seebeckens bei 2–3 m, im Ostteil bei 5–6 m; die maximale Tiefe beträgt 8 m (Senke zwischen Insel und Südufer). Die Sohle des Sees besteht im Westteil großteils aus Sand, im Ostteil vorwiegend aus Blöcken. Den Untergrund des Seebeckens bilden feinkörnige Sedimente, die abdichtend wirken.

Ebenso wie der Rosensee (Station 3) weist der Badersee oberirdisch weder Zu- noch Abfluss auf. Er ist Teil eines starken Grundwasserstrom- Systems, das die Bergsturz-Trümmermasse des Hinterbichels durchfließt. Man kann beobachten, wie das Grundwasser am Westufer an mindestens drei Stellen aus Blockwerk in den See eintritt. Dagegen sind die Ablaufstellen kaum auszumachen. Der Abfluss durchströmt teilweise den Rosensee und tritt am Brücklesbach- Ursprung (Station 2) wieder zutage. Im Gegensatz zum Rosensee schwankt der Wasserstand des Badersees nur um etwa 0,7 m.

Mehrjährige Messungen an zwei Quellen am Westufer des Sees ergaben eine mittlere Wassertemperatur von 8,3 °C bzw. 8,7 °C (Minimum 7,9 °C, Maximum 9,1 °C). Die ganzjährig niedrige Temperatur des Sees erklärt sich aus der ständigen, starken Durchströmung mit kühlem Grundwasser. Erwärmung des Seewassers im Sommer und Abkühlung im Winter findet nur in unbedeutendem Umfang statt. Deshalb friert der See nie zu, ist aber auch als Badesee ungeeignet. Auch die außerordentliche Klarheit und hohe Sichttiefe des Sees resultiert aus der ganzjährigen Durchspülung mit nährstoffarmem Grundwasser bei gleichzeitigem Fehlen von Oberflächenzufluss, der Trübungspartikel und organische Stoffe eintragen könnte.

Vor allem im tiefen Ostteil finden sich am Seegrund ausgedehnte Rasen von Wasserpflanzen, bestehend aus Armleuchteralgen (Characeen), Moos und Laichkraut. Die zu den Grünalgen rechnenden Characeen bilden Indikatoren für saubere, nährstoffarme Gewässer. Ihr massenhaftes Vorkommen wird als Mitursache für die reizvolle Smaragdtönung des Sees erachtet. Einige Meter westlich der Insel liegt auf einem Felsblock in einer Wassertiefe von rund 5 m die lebensgroße Bronzeguss-Skulptur einer Nixe. Sie lässt sich vom Boot aus gut betrachten. Mitte des 19. Jahrhunderts ließ die Gattin des damaligen See-Eigentümers Staatsrat Rudhart von Schwaigwang dieses Kunstobjekt anbringen. Es war nicht zuletzt diese Skulptur, die dem See zu seiner Bekanntheit verhalf. Der Name des Sees rührt von den ursprünglichen Besitzern her, der Familie Bader aus Grainau.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 5: Vorderbrand / Breitla

Hier hat der Rohrbach (Station 6) im Laufe von Jahrtausenden aus dem mitgeführten Schotter einen Schwemmkegel aufgeschüttet; seine Spitze liegt an der Christlhütte. Die leicht gewölbte, durch trockengefallene Abflussrinnen nur unwesentlich gegliederte Oberfläche des Schwemmkegels zeigt einen im Großen ruhigen Verlauf, der sich deutlich unterscheidet vom unruhigen Relief der umgebenden Bergsturz-Ablagerungen. Die glatte Oberflächengestalt und der relativ tiefgründige Boden ermöglichten eine landwirtschaftliche Kultivierung (Nutzung als Grünland). Die Schwemmkegel- Spitze liegt im Bereich einer oberirdischen Wasserscheide.

Es existierte eine Phase, in welcher der Bach nicht über die Breitla und zum Krepbach, sondern nach Obergrainau, also südlich des Hinterbichel-Rückens floss. Davon zeugt der ruhige Sohlverlauf der flach profilierten Talrinne. Im heutigen Trockental zwischen Christlhütte und Obergrainau verlaufen die Trasse der Zahnradbahn und ein Fahrweg. Der Talboden trägt die Flurbezeichnung Obergrainauer Feld, welche auf die einstige Nutzung als Ackerland hinweist (heute Weidefläche der Obergrainauer Landwirte). – Bei dem umzäunten Gebäude am Waldrand handelt es sich um den Hochbehälter der Grainauer Wasserversorgung.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 6: Rohrbach und Christlhüttenquelle

Der Rohrbach kommt aus der Zuggasse (Graben an der NW-Flanke der Waxensteinkette) herab. Seine obersten Äste werden gespeist aus einem lang gestreckten Quellhorizont im Muschelkalk-Sockel der Wand (Station 12). Bei starkem Gewitterregen bilden sich in den nackten Felsflanken Sturzbäche, die große Mengen an Gesteinsschutt mitreißen und am Wandfuß ablagern. So finden sich im oberen Abschnitt der Zuggasse mächtige steinige Wülste niedergegangener Muren. Mit Austritt aus der Zuggasse versickert bei Niedrig- und Mittelwasserabfluss der Bach vollständig im kiesigen Untergrund. Dauerhafte Wasserführung besteht zunächst wieder ab der Christlhüttenquelle (siehe unten). Aber auch dieses Wasser versickert die meiste Zeit vollständig auf dem kiesigen Schwemmkegel der Breitla (Station 5). Zum Schutz der Grünlandfläche Breitla vor Vermurung hat man ein Schotter-Auffangbecken angelegt. Unterhalb der Breitla setzt sich der Rohrbach als Krepbach fort, nachdem er starken Zulauf aus den Krepbach-Quellen erhalten hat. Diese nahe der Eibseestraße in der Bergsturzmasse gelegene Quellgruppe schüttet bis einige hundert Liter pro Sekunde; mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich hierbei in der Hauptsache um den unterirdischen Abfluss des Eibsees (Station 10).

Die am linken Ufer des Rohrbaches austretende Christlhüttenquelle diente in früherer Zeit zur Trinkwasserversorgung von Grainau. Wegen häufiger bakterieller Belastung ist diese Fassung seit dem Jahre 1977 aufgelassen. Ihre Schüttung schwankt zwischen 3 und 82 l/s (Durchschnitt 37 l/s). Die mittlere Wassertemperatur beträgt 7,2 °C. Vermutlich gelangt hier das im oberstromigen Abschnitt des Rohrbaches versickerte Wasser zum Wiederaustritt. Die Trinkwasserversorgung von Grainau erfolgt heute aus zwei Bohrbrunnen, welche den Grundwasserstrom erschließen, der die Krepbach- Quellen speist.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 7: Lärchwald

Der Name dieses Waldes rührt von den hier häufiger auftretenden Lärchen her. Durch Bewirtschaftung des Waldes ging der Lärchenbestand zurück; heute überwiegt die Fichte. Die Lärche (Larix decidua) liefert ein begehrtes, da haltbares und witterungsbeständiges (harzreiches) Bauholz. Eine Besonderheit ist, dass es sich hier um eine sehr robuste Lärchenart handelt, die an anderer Stelle nicht mehr vorkommt (autochthone Art). Die oft von Heidelbeer- Gestrüpp (Vaccinium myrtillus) überwucherten Bergsturz-Blöcke bilden eine reizvolle Szenerie. Im Verbreitungsgebiet der Bergsturz- Trümmermasse verhinderten das unruhige Kleinrelief und der flachgründige Boden eine landwirtschaftliche Nutzung. Deshalb blieben diese Flächen waldbestanden; sie werden forstwirtschaftlich genutzt (Staatswald). Der Bodentyp im Bereich der Bergsturzmasse ist im Allgemeinen als Moder-Rendzina, stellenweise gar nur als Rohhumus-Auflage anzusprechen. Es herrscht ein niedriger Entwicklungsgrad, der dem geologisch sehr jungen Alter des Bergsturzes entspricht.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth     

Station 8: Frenzl

Längliche Wiese inmitten der bewaldeten Bergsturz-Trümmermassen; im unteren Teil sehr flach, nach oben zunehmend steiler. Es besteht Analogie zum Talboden Obergrainauer Feld (Station 5): Einst floss hier der Rohrbach durch eine Depression der Bergsturzmasse, lagerte Schotter ab und glättete damit das unruhige Kleinrelief. Infolge einer Laufänderung des Baches wurde die Mulde zum Trockental.

An der Wegkehre über dem oberen Ende der Frenzl-Wiese lässt sich ein steiler Graben mit Bergsturz-Blöcken als Relikt des einstigen Bachbettes erkennen. Die ruhige Oberfläche der Aufschüttung im Frenzl und der (im Vergleich zur Trümmermasse) tiefgründige Boden ermöglichten eine landwirtschaftliche Nutzung. Gleiches gilt für die oberhalb (entlang der Eibseestraße) gelegene Wiese Auf dem Rohr, welche ebenfalls eine Aufschüttung des Rohrbaches darstellt.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 9: Radschuh

Die Passhöhe der Eibseestraße wird auch als Radschuh bezeichnet. Der Name dieses Ortes kommt daher, dass hier früher die Fuhrleute die Hinterräder ihrer Wagen vor der Talfahrt mit einem Bremsschuh versehen haben. Die Steilheit der Straße machte dies erforderlich.

Der Wanderweg zum Eibsee führt hier durch eine Ansammlung von Riesenblöcken. Diese bestehen aus Wettersteinkalk, und zwar aus Partien mit massiger Gesteinsausbildung. Solche kompakten Groß- Kluftkörper, die mechanisch widerstandsfähig waren, blieben beim Absturz relativ unbeschädigt, während geschichtete Partien – entsprechend ihrer jeweiligen Bankdicke – in kleinere bis kleinste Trümmer zerbrachen.

Die Bergsturzmasse ist generell durch ein extrem breites Korngrößenspektrum charakterisiert: von Riesenblöcken bis zum Gesteinsmehl. Das Trümmer-Haufwerk ist i. Allg. ungeschichtet; die Komponenten sind schlecht sortiert und eckig bis kantengerundet. Wie in Aufschlüssen zu beobachten, „schwimmen“ die großen Blöcke vielfach auf stärker zerkleinerten Blockmassen. Blöcke bis zur Größe eines kleinen Hauses finden sich im und neben dem Flussbett der Loisach, an der Bundesstraße 23 / Radweg Grainau—Griesen (Straßen-Kilometer 6–7).

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Der Eibsee

Das Eibsee-Becken wird aufgefasst als eine von eiszeitlichen Gletschern ausgeschürfte Mulde, deren Überlaufschwelle durch Bergsturz überhöht wurde. Die Sturzmasse hat das ursprünglich größere Becken vor allem auf seiner Nord- und Ostseite teilweise verfüllt. Die Grunddaten des Sees, bezogen auf Mittelwasserstand, lauten: Wasserspiegelhöhe 973,3 m über NN, Oberfläche 1,774 km, Volumen 26,61 Mio. m3, maximale Tiefe 36 m. Die Längserstreckung beträgt 2,45 km, die größte Breite 0,85 km. Das Nordufer ist durch Buchten reich gegliedert. Im Nordteil des Sees liegen acht Inseln, die aus Bergsturzblöcken aufgebaut sind. Es werden folgende Teilbecken unterschieden: Weitsee (Hauptbecken), Untersee, Braxensee, Steingringpriel und Frillensee (die drei Letzteren durch Schwellen abgetrennt, doch spiegelgleich).

Aufgrund seiner Lage in einem oberflächenabflusslosen Becken (siehe unten) ist der Eibsee als Blindsee zu typisieren und weist hohe Wasserstandsschwankungen auf. Die Größt-Amplitude beträgt über 4 m. Die mittlere Schwankung im Jahresgang liegt bei 1,8 m, wobei das Minimum im März und der Hochpunkt im August erreicht wird. Das überaus niederschlagsreiche Jahr 1999 brachte einen Extremhochstand: Er lag etwa 2,2–2,5 m über dem Mittelwasserstand. Ein ungefähr gleich hoher Wert war bereits in den Jahren 1910 und 1965 erreicht worden. Der See weist an durchschnittlich 100–110 Tagen im Jahr Eisbedeckung auf: Die von den überragenden Höhen zugeströmte Kaltluft kann aus dem geschlossenen Becken nicht abfließen; es handelt sich um eine Kaltluftsenke.

Es sind keinerlei oberirdische Abflussmöglichkeiten gegeben; die niedrigste „Überlaufschwelle“ (nordöstlich des Untersees) liegt etwa 25–30 m über dem mittleren Seespiegel. Das Seebecken ist nach Osten durch einen Süd–Nord verlaufenden Rücken aus Bergsturzmasse gegen den Talraum von Grainau hin abgedämmt.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth                 

Station 10: Untersee

Der schmale Untersee ist vom Hauptbecken durch eine Schwelle getrennt, deren Scheitel bei Mittelwasserstand nur 0,6 m unter dem Seespiegel liegt und die bei Niedrigwasserstand trockenfällt. Über diese Schwelle aus Bergsturztrümmern führt der Steg des Seerundweges. Der unterirdische Abfluss des Eibsees findet im Untersee statt. Bei Niedrigwasserstand (wie im Sommer/Herbst 2003) lässt sich unter dem Steg beobachten, wie das Wasser vom Weitsee zum Untersee strömt bzw. die hoch durchlässige Schwelle auch unterirdisch quert.

Hydrologische Berechnungen des unterirdischen Abflusses aus dem Eibsee-Becken ergaben für niedrige Wasserstände etwa 300 l/s und für sehr hohe Wasserstände rund 800 l/s; der mittlere Abfluss wird auf 450 l/s geschätzt. Als Wiederaustritt des Seeabflusses kommen nur die rund 1,7 km nordöstlich des Untersees gelegenen Krepbachquellen mit ihren mutmaßlichen Folgeaustritten im Bereich von Grainau-Dorf in Betracht (Stationen 2, 4, 6).

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 11: Steingringpriel (Fortsamtsseale)

Der Bergsturz hat den Nordteil des ursprünglichen Eibsee-Beckens teilweise verfüllt. Aufgrund des unruhigen Kleinreliefs der Trümmermasse ist das Nordufer durch Buchten reich gegliedert. Im Hinterland des Ufers liegen vier Kleinseen, die mit dem Hauptbecken in unterirdischer hydraulischer Verbindung stehen und deshalb stets dieselbe Wasserspiegelhöhe wie der Weitsee aufweisen; aus gleichem Grund schwankt ihr Wasserstand ebenso stark wie der des Weitsees. Wir stehen hier am größten und tiefsten dieser Kleinseen.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth         

Station 12: Wankle

Wankle bedeutet kleine Lichtung, genützt als Weidefläche. Der Ort liegt etwas oberhalb des Weges, wird heute nicht mehr beweidet und wächst deshalb mit Fichten allmählich zu.

Blick über den Eibsee auf die schroffen, massigen Steilwände des Zugspitz-Massives (rechts) und der daran anschließenden Waxenstein- Kette (links); die Wandflucht erreicht eine relative Höhe bis 1260 m. In Falllinie des Zugspitz-Gipfels liegt die viereckige Nische des Bayerischen Schneekares. Dort brach der gewaltige Bergsturz aus, dessen Ablagerungen die Landschaft des Raumes Eibsee— Grainau maßgeblich prägen (siehe Stationen 1, 3, 4, 7-11).

Im Fußbereich der Wandzone erscheint ein gebänderter, schrofiger, überwiegend von Latschen bewachsener Sockel, der an seiner Oberkante eine Verflachung (Bärenheimatkopf, links) aufweist, doch ebenfalls sehr steil bis über 400 Höhenmeter abbricht. Dieser Sockel besteht aus Alpinem Muschelkalk, der zweitältesten Gesteinseinheit des Wettersteingebirges. Er reicht, von links nach rechts flach ansteigend, im SW hinauf bis zum Ehrwalder Kopf (auf dem von dort abfallenden Grat die Stütze der Tiroler Zugspitz-Seilbahn). Es handelt sich um eine Folge geschichteter, bis etwa 500 m mächtiger Kalksteine; als Besonderheiten sind eine knollig-wellige Ausbildung (Wurstelbänke) sowie Lagen von grünem vulkanischem Tuff (Pietra verde) zu nennen. Zwischen Bärenheimatkopf und dem Großschuttkegel Riffelriss verläuft im Muschelkalk ein lang gestreckter Quellhorizont (siehe auch Station 6), dessen abstürzende Bäche man bis zum Eibsee herunter rauschen hört.

Dominierender Wandbildner des betrachteten Raumes ist der auf dem Muschelkalk-Sockel liegende Wettersteinkalk. Der sehr reine, nur im unteren Bereich partienweise dolomitische Kalkstein tritt teils in massiger (Schwammriffe), teils in bankiger Ausbildung (Algenrasen) auf. Seine Mächtigkeit erreicht im Zugspitzmassiv bis über 1000 m. Der Wettersteinkalk neigt zu Verkarstung und unterirdischer Entwässerung. Beim Bau des Zahnradbahn-Tunnels der Bayerischen Zugspitzbahn wurden Höhlen angeschnitten. Die Bedeutung des Wettersteinkalkes als Kluft- und Karstwasserleiter ist besonders augenfällig in der Höllentalklamm, wo das im Gesteinskörper fließende Wasser über zahllose Spalten und Röhren zutage tritt.

Das Paket aus Muschelkalk und Wettersteinkalk ist tektonisch über eine Serie jüngerer Gesteine geschoben (Station 16). Dabei handelt es sich in der Hauptsache um Kössener Schichten. Zufolge ihres hohen Tongehaltes verwittert diese Serie leicht und ist meist von Schutt überdeckt. Sie bildet den Untergrund im weiten Zugwald zwischen dem Eibsee und der Wandflucht.

Rechts, über dem SW-Ufer des Sees, erhebt sich der steile, schrofige NW-Abbruch der bewaldeten Törlen-Ebene (Blaue und Schwarze Wand). Er besteht aus brüchigem Hauptdolomit (Station 15), während die Ebene darüber in verkarstetem Plattenkalk ausgebildet ist.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 13: Seeberg-Quellen

Zwischen der letzten Station und hier zeigten sich bergseits des Weges einige schwache Austritte aus lehmig verwitterter Grundmoräne. Solche eiszeitlichen Gletscher-Ablagerungen, die den Felsuntergrund vielerorts flächenhaft überdecken, sind durch ein extrem breites Korngrößenspektrum (von Blöcken bis zum Ton) gekennzeichnet und wirken wegen ihres hohen Feinkorngehaltes (zerriebenes Gestein) oft wasserstauend. Als während der Würm- Eiszeit die Vergletscherung vor etwa 20.000 Jahren ihren Höchststand erreichte, betrug die Mächtigkeit des Eises an dieser Stelle rund 600 m.

Hier am bergseitigen Steilhang liegt ein kleiner Quellbezirk: oben Hochwasser-, unten Niedrigwasser-Austritte aus Spaltenkarst. Als Wasserstauer in dem zerrütteten Kalkstein wirkt eine von links oben nach rechts unten abfallende, rund 0,2 m mächtige Zwischenlage von dunklem Mergel. Es handelt sich hier um einen kleinen Fleck von Kössener Schichten (Station 16) auf verkarstetem Plattenkalk- Untergrund.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 14: Koatbach

Hier, am NW-Ende des Sees, mündet einer der wenigen oberirdischen Zuläufe mit ganzjähriger Wasserführung ein. Das Gestein, im Graben Kaskaden und einen kleinen Wasserfall bildend, ist dünnbankiger Plattenkalk in steiler Lagerung. Der Bach nimmt seinen Anfang im Gern-Mösl, einer moorigen Ebene in einem Sattel (1270 m über NN) zwischen Eibsee-Becken und Loisachtal. Er bildet in der Uferbucht einen flachen, kiesigen Schwemmkegel, im See selbst ein Delta mit flachem Böschungswinkel (dieser ist ein Ergebnis der hohen Wasserstandsschwankungen des Sees) und schlammiger Oberfläche.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth            

Station 15: Beim stinkenden Wasser

Die ungeklärte Bezeichnung des Ortes geht möglicherweise auf eine Schwefelwasserstoff (H2S) enthaltende, wie faule Eier riechende Quelle zurück. Solche Austritte sind im Zusammenhang mit Vorkommen von Sulfatgestein (Anhydrit, Gips) von einigen Stellen der Bayerischen Alpen bekannt. Durch Bakterien erfolgt eine Reduktion des Sulfates zu Sulfid.

Der Eibsee-Rundweg quert dort auf über 1 km Strecke eine steile Hangschutt-Halde. Die den Weg kreuzenden Bäche weisen unter normalen Verhältnissen geringe Wasserführung auf oder liegen gar trocken; bei hohem Abfluss führen sie jedoch reichlich Schutt mit, so dass es nicht selten zur Vermurung des Weges kommt. Der Schutt entstammt der unmittelbar darüber gelegenen schrofigen Wandflucht (Station 12). Lieferant ist der Hauptdolomit, eine monotone Folge von Dolomitsteinen; im oberen Abschnitt treten Kalksteinbänke auf, die den Faziesübergang zum Plattenkalk anzeigen. Der Hauptdolomit stellt das neben dem Wettersteinkalk bedeutendste Gestein des betrachteten Raumes dar. Er bildet den Sockel des Eibsee-Plateaus und baut (zum wesentlichen Teil) die Höhenrücken im Westen und Norden des Sees auf. Seine Mächtigkeit beträgt im hiesigen Gebiet 800–1000 m. Charakteristisch ist die intensive Zerklüftung des Gesteins, die die typische Brüchigkeit verursacht und zu kantigkleinstückigem Zerfall führt. Deshalb dominiert im Hauptdolomit Schrofengelände und es fallen beträchtliche Schuttmassen an.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 16: Weiherkopf

Hier, fast 50 Höhenmeter über dem felsigen Süd-Ufer des Sees, besteht ein auffallender Unterschied zur vorherigen steilen, meist trockenen Schutthalde: flacheres Gelände, dichter Bewuchs, feuchte Lehmböden, zahlreiche Quellen und Wasserläufe. Ursache hierfür ist das Auftreten tonreicher, leicht verwitternder, wasserstauender Gesteine: am Weg Kössener Schichten, zwischen Weg und Seeufer Malm- und Neokom-Aptychenschichten (siehe auch Station 12). Der Untergrund ist sehr labil (siehe unten), so dass an einer Stelle schon der gesamte Weg abrutschte.

Bei den Kössener Schichten handelt es sich um eine Wechselfolge von Kalken und Mergeln. Kennzeichnend ist der hohe Reichtum an Fossilien, vor allem an Muscheln und Brachiopoden. Das stets vorkommende Mineral Pyrit (FeS2) verursacht nach Oxidation zu Eisen-III-Verbindungen die für die Kössener Schichten ebenfalls typische gelbliche bis rostbraune Anwitterungsfarbe. Aus der Verwitterung der Mergel gehen mächtige Lehmdecken hervor. Ihr hoher Tongehalt bedingt die charakteristischen hydrologischen und geomorphologischen Merkmale der Kössener Schichten: Sie fungieren als Wasserstauer, was zum Auftreten vieler kleinerer Quellen und (in flacheren Lagen) zu Versumpfung führt. In Hanglage besitzen sie starke Neigung zu Blaikenbildung und zu Rutschungen. Das Gestein ist meist von Schutt überdeckt und nur fleckenhaft aufgeschlossen. Seine Mächtigkeit beträgt im betrachteten Gebiet 180–200 m.

Die Aptychenschichten des Malms bestehen aus dünnbankigen bunten Kalken, die des Neokoms aus grüngrauen Mergelkalken und Mergeln. Erstere bilden Schrofengelände und in Gräben Wasserfallstufen, Letztere Ausraumzonen mit sumpfigen Lehmböden (Wasserstauer). Die Mächtigkeit dieser Gesteinsserien beträgt am Eibsee-Südufer jeweils 15 m. Bildungsraum war in beiden Fällen die küstenferne Tiefsee.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth

Station 17: Schöngänge

Hier liegt ein ausgedehnter Schwemmkegel, der sich als Delta in den See vorgebaut hat. Über eine Länge von rund 400 m findet sich breiter, glatter Kies-Strand mit konvexer Uferlinie. Die Komponenten des Kieses bestehen aus hellem Wettersteinkalk und sind kantenrund bis leicht gerundet. Der Bachlauf, der diese Schotter- Ablagerung aufgeschüttet hat, fehlt heute. Von der Spitze des Schwemmkegels führt ein Trockental über die ehemalige Seealm hinauf bis zum Fuß der hohen Wandflucht unter dem Bayerischen Schneekar (darin verläuft die Skipiste Riffelriss–Eibsee). Vermutlich waren es Starkregen-Ereignisse katastrophalen Ausmaßes, die den Abgang riesiger Muren aus den Wänden herunter bis zum See ausgelöst haben. Die Bergsturz-Trümmermassen wurden dabei überschüttet. Die Existenz von schottergefülltem Trockental und Schwemmkegel weist auf Klimabedingungen (nach dem Bergsturz- Ereignis, also in den letzten 3700 Jahren) hin, die sich von den heutigen deutlich unterscheiden.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth               

Station 18: Frillensee

Der Name des Sees rührt von Frille oder Elritze (Phoxinus phoxinus) her, einem kleinen Süßwasser-Fisch. Das Ufer des bei mittlerem Wasserstand maximal rund 5 m tiefen Sees wird weitestgehend aus Bergsturz-Blöcken gebildet; nur im jenseitigen Südost-Zipfel des Sees erscheint eine helle Kiesbank, wobei es sich um Schotter handelt, der von einem kleinen Bach aufgeschüttet wurde (vergleiche Station 17). Zur Entstehung und Hydrologie des Sees gilt analog das bei Station 11 Mitgeteilte: Der Bergsturz hat den See vom ursprünglichen Eibsee-Becken abgetrennt. Wie bei den Kleinseen am Nordufer des Eibsees steht der Frillensee mit dem Hauptbecken in unterirdischer hydraulischer Verbindung und weist deshalb stets dieselbe Wasserspiegelhöhe wie der Eibsee auf; aus gleichem Grund variiert sein Wasserstand ebenso stark wie der des Eibsees.

Text: Dipl.-Geol. Johann-Peter Orth                

Infomaterialien

agsdi-file-pdf

Grainau

Broschüre „Geologische Wanderung durch Grainau“

Allgemeine Hinweise

Streckenkilometrierung

Auf der Karte zeigen die Zahlenwerte an dem Track die Kilometrierung der Tour an und sollten nicht mit den Stationsnummern von Infotafeln an Lehrpfaden verwechselt werden (Standorte von Infotafeln werden auf den Karten nicht angezeigt).

Vor Tourenbeginn

Vor Antritt einer Tour wird generell empfohlen, sich über die Begehbarkeit der Strecke direkt bei den zuständigen Stellen vor Ort bzw. bei den Wegebetreibern zu informieren, insbesondere nach Unwettern oder während des Holzeinschlags.

Nebenwege

Manche Touren verlaufen teilweise auf "off-grid"-Abschnitten (wenig genutzte Nebenwege außerhalb der bekannten Hauptwege). Solche Wegabschnitte sind teilweise durch stärkeren Bewuchs oder querliegende Baumstämme weniger gut begehbar und können durch einen Blick auf die Karte meist auch umgangen werden.