Harz- und Pechfabrik J. G. Müller

Früherer Standort der Harz- und Pechfabrik (Parkplatz mit Bushaltestelle Löcherberg am 08.07.2023. Auf der gegenüberliegenden Straßeseite (weißes Gebäude) das ehem. Gasthaus Pflug.

An der Parkfläche bei dem kleinen Wartehäuschen befand sich ca. bis 1970 die letzte Harzfabrik des Renchtals und wohl des Schwarzwalds überhaupt.

Im Jahr 1964 hatte H. Schlosser den folgenden Bildbericht verfasst, der über ein verschwundenes heimisches Gewerbe Auskunft gibt:

„In einer vertraut alten Frakturschrift steht seit Jahrzehnten an einem Schuppen die im Bild (1) zu lesende Inschrift mit der liebenswürdigen Übertreibung, dass sich hier eine „Fabrik“ befinde, die Harz und Pech herstellt.

Nun – in der Tat gibt es sie noch. Aber nur noch wenige Tage im Jahr!

Und was man früher als „Fabrikbetrieb“ bezeichnete, entpuppt sich bei Bernhard Huber, der mit seiner Mutter auch das gegenüberliegende „Gasthaus zum Pflug“ betreibt (Bild 2), als ein rein handwerkliches Gewerbe, so, wie es seine Vorfahren bereits vor 150 Jahren in größerem Umfang ausgeübt haben. Was heue davon übrig blieb, ist die Tatsache, dass Bernhard Huber, unterstützt von seiner Familie, als einziger weit und breit noch das für Baumschulen und Obstbauern wichtige Zweigharz und für die Metzger das sogenannte Brühharz herstellt. Alle anderen Spielarten der Harz- und Pechherstellung hat heute weitgehend die chemische Industrie übernommen, die auf der Kohlenwasserstoffbasis mittels Katalysatoren alle Kunstharze (und auch das dabei anfallende Terpentin) herstellt. Die Kunstharze übertreffen oft für bestimmte technische Verwendungszwecke die natürlichen und sind auch mengenmäßig leichter herzustellen. Im Schwarzwald, wo früher die Harzgewinnung eine große Rolle spielte, ist sie fast ausgestorben. Nur in Österreich, wo die Alpen zum Wiener Becken hin abfallen und große Kiefern- und Schwarzföhrenwälder stehen, hat die sogenannte Balsamharzgewinnung noch eine größere Bedeutung. Die sehr aufwendigen Methoden des Anzapfens sind verschieden und verlangen auch für die Lebenserwartung der Bäume ganz bestimmte Voraussetzungen. Das Harz, das beim Anschneiden des Baumes austritt, ist ein Gemenge von organischen Verbindungen, wie Harzalkoholen, Harzestern, Harzsäuren und vor allem von ätherischen Ölen, denen es seinen aromatischen Geruch verdankt.

Kommt es zu einem bis zum Splintholz vorgreifenden Einschneiden des Baumes (Bild 3), so tritt aus den dicht beieinander liegenden Harzkanälen das Harz aus, verschließt die Wunde oder fließt in den darunter angebrachten Auffangtopf. Man bezeichnet das Einschneiden des Baumes auch als „Anpechen“. Pro Jahr und Baum rechnet man im günstigsten Fall mit einem Ertrag von etwa 4 kg. Es kommen dabei nur Bäume mit mindestens 30 cm Durchmesser in Frage. Bei entsprechender Schonung kann ein Baum 20 bis 30 Jahre „angepecht“ werden.

In unserem Falle bezieht Bernhard Huber das eingeschmolzene Baumharz in 250 kg Fässern aus den USA, da in Europa die wenigen Naturharzgewinner diese selbst verarbeiten. In solchen Fässern (Bild 4) wird das Harz aus den Vereinigten Staaten über eine Großhandelsfirma nach dem Renchtal importiert. Es ist ungereinigt eingeschmolzen und muss wieder zerkleinert werden und erneut verflüssigt werden.

Nur in den Kriegsjahren hatte man eine bescheidene Eigengewinnung im Schwarzwald eingerichtet, die aber sofort wieder eingestellt wurde, als Importe zur Verfügung standen.

Baum- (Zweig-) harz und Metzger- (Brüh-) harz sind dagegen die gern verwendeten Produkte der jährlich nur wenige Tage in Anspruch nehmenden Harzveredlung, die uns am Löcherberg heute noch begegnen.

Das Importharz wird in zerkleinertem Zustand gemahlen (Bild 5) und in dem großen, alten Heizkessel gekocht, bis es dünnflüssig wie Wasser geworden ist. In diesem Kessel (Bild 6) haben schon Bernhard Hubers Vorfahren Harz gekocht.

Die flüssige Harzmasse wird in einen Bottich mit heißem Wasser ausgeleert (Bild 7), wo sie wieder die knetartige Konsistenz annimmt, mit der sie ursprünglich aus der Anschnittwunde herausgetreten ist. Die Masse wird in dem Bottich gewaschen und geknetet, bis sie völlig sauber ist (Bild 8 und Bild 9).

Die auf dem Bottichrand geknetete Harzmasse glänzt hellgolden und erinnert daran, dass auch der zu den verschiedensten Schmuckarten verarbeitete Bernstein nichts anderes ist als versteinertes Baumharz (oft mit Tiereinschlüssen) von vor Jahrtausenden untergegangenen Wäldern.

Als man früher noch eigenes Harz direkt vom Baum verwendete, in dem sich auch viel verkrustetes Scharrharz und Kiefernadeln befanden, verkaufte man das Brühwasser als Badewasserzusatz nach Bad Peterstal und Oppenau.

Die oben beschriebene Prozedur erzeugt Brüh- und Zweigharz. Das Brühharz, das auch Metzger- oder Wurzelharz genannt wird, ist dunkler.

In verschiedenen Gewichtsmengen noch warm abgepackt (Bild 10), erstarrt das regenerierte Harz, bis es zur eigentlichen Verwendung vom Obstanbauer wieder portionsweise erwärmt und weichgemacht wird.“

Text und Fotos von: H. Schlosser

 

Nachtrag: Dieser Betrieb wurde um 1970 eingestellt und das „Fabrikgebäude“ wurde abgerissen.

Sandsteinblock mit dem Schriftzug der alten Harz- und Pechfabrik (Bushaltestelle Löcherberg am 08.07.2023).

Kurhotel Kniebis-Lamm

Kniebis-Hütte und Besucherzentrum Schwarzwaldhochstraße (früherer Standort des „Lamm“) im Juni 2023

´s Lamm auf dem Kniebis

 

Geschichte eines Hotels

1830-1984

 

„Der Kniebis und ’s Lamm, die gehören zusamm”

So stand es an der Wand der behaglichen Bauernstube in dem bekannten Kurhotel „Kniebis-Lamm“. Im Jahre 1984 ist dieser Spruch im Zuge des Hotelabbruchs für immer verschwunden. Wir möchten Ihnen die Geschichte dieses Traditionshauses soweit möglich in einer Zusammenfassung nahebringen.

Im Jahre 1830 wurde das Lamm durch den Wirt Epting, der davor Besitzer des „Grünen Baumes“ war, erbaut. Die Entstehung der Gastwirtschaft zum Lamm geht auf das Jahr 1833 zurück. Rast- und Unterkunftsstätte in unwirtlicher, rauer Gegend war das Lamm einstmals Wegstation und willkommener Halt für Gespanne, die vom Christophstal bei Freudenstadt damals sechs- und mehrspännig heraufkeuchten. Hier trafen sich die Menschen von hüben und drüben, vom Schwäbischen und Badischen, Wanderer, Hausierer, Krämer, Kienruß- und Harzhändler, Siebmacher, Jäger und Förster. Oftmals stiegen auch Truppen ab, da der Kniebis strategisch immer von Bedeutung war.

1878 ging das Gasthaus in den Besitz der Familie Gaisser über. Als Pionierleistung konnte man den Bau einer eigenen Wasserleitung im Jahre 1896 bezeichnen. Diese hatte eine Länge von 1.100 Metern bei 99 m Steigung.

Im Jahre 1912 erfolgte dann der entscheidende und bedeutsame Umbau. Nach Plänen von Prof. Bauder wurde ein neuzeitliches, mit Zentralheizung und elektrischem Licht versehenes Anwesen erstellt. Aus dem Gasthof zum „Lamm“ wurde damit das Höhen- und Kurhotel „Kniebis-Lamm“ – viel bestaunt wurden im Winter die ersten Skiläufer.

Blättern wir in den alten Geschichtsbüchern, aus den Jahren um 1878, so stoßen wir auf eine beträchtliche Zahl von Vertretern der damals führenden Fürstenhäuser Deutschlands, die gerne zur Auerhahnjagd im gastlichen Kurhaus Kniebis-Lamm weilten. Zu lesen sind Namen von Herzögen, Freiherren, Grafen, Fürsten, ja sogar von Prinzen und Königen. Bei einer Beschreibung des Hotels „Kniebis-Lamm“ darf auch der als „dr alt‘ Ranzeblitz“ bekannte Lamm Wirt Karl Gaisser nicht vergessen werden. Er führte das Hotel von 1878 bis 1916 und mit folgendem Verslein wurde ihm durch den damaligen Amtmann und späteren Staatspräsident Bazille als einer weitbekannten Persönlichkeit und dem ganzen Kniebis ein bleibendes Denkmal gesetzt.

 

Bald schlägt mit dumpfen Tönen

Die trübe Stunde mir.

Wo mich und meine Habe

Das Räss/ein fährt von hier.

Wem gilt das letzte Verschen

Der letzte Reim und Witz?

Dir, Blüte aller Wirte,

Herrlicher Ranzenblitz!

 

Es steht auf stolzen Höhen

Ein Gasthof wunderbar,

Der noch vor wenigen Jahren

Eine Fuhrmannskneipe war.

Der ist in deutschen Landen,

Allüberall bekannt.

Nach seinem Schilde wird er

Das Kniebis-Lomm genannt.

 

In seinen stolzen Hallen

Kehrt mancher Wandrer ein

Und schlürft in seinem Schatten

Den wohlverdienten Wein.

Und wenn er nach dem Mahle

Dann will alleine sein,

So nimmt in seinen Frieden

Der nahe Wald ihn ein.

 

Doch in das Waldes weben

Ein rauher Ton bald schlägt,

Der ihn aus süßen Träumen,

Aus süßer Ruhe weckt.

Er hört ein wildes Fluchen,

Viel Grobheit, wenig Witz.

Das ist der Wirt zum Lamme

Der edle Ranzenblitz.

 

Nimm einen Zentner

Grobheit

Und den verschlagnen Sinn,

Der überall erspähet

Den goldenen Gewinn,

Nimm noch die

Arbeitsfreude,

Ein Herz und etwas Witz:

Dann hast Du, wie er lebet,

Den edlen Ranzenblitz.

 

Des Alkoholes Feinde

Sind seine Feinde auch.

An Bier und Wein zu sparen,

Das ist bei ihm nicht Brauch.

Jedoch wenn einer säufet,

Bis er nicht mehr kann

stehen,

Sagt er mit holdem Lächeln:

Leb wohl! Auf Wiedersehen!

 

So schaltet und so waltet

Er als ein ganzer Kerl.

Längst würdig für die

Woche“

Des großen August Scherl.

In ihr sich zu beschauen,

Ist Lebens höchste Spitz.

Mögst bald du sie

erklimmen,

Du edler Ranzenblitz.

 

1921 übernahm Karl Gaisser jun. mit seiner Frau die Leitung des Hauses. Sie haben den Hotelbetrieb tatkräftig weitergeführt und weiter ausgebaut, so dass das Haus nicht nur von vielen Inländern, sondern auch von zahlreichen Besuchern aus dem Ausland zum Ferienaufenthalt gewählt wurde.

Karl Gaisser jun. starb bereits 1927. Danach führte die „Alt-Lammwirtin“ und deren Schwiegertochter das Geschäft fort. Sie leitete unter kräftiger Mithilfe ihrer Geschwister den immer größer werdenden Betrieb. Nach dem Tod der Alt-Lammwirtin 1938 brachte die Schwiegertochter, Luise Gaisser geb. Müller, das Anwesen durch alle Wirren der letzten Kriegs- und Nachkriegsjahre hindurch. Dabei unterstützt wurde sie von ihrer Tochter Else-Rose. Der einzige Sohn, Karl Gaisser, war Soldat und geriet in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr 1947 übernahm er das „Kurhotel Kniebis Lamm“, das er nach neusten Erkenntnissen modernisierte und dem damaligen, stark anwachsenden und anspruchsvolleren Fremdenverkehr in jeder Beziehung angepasste.

1949 verheiratete er sich mit Ingeborg, geb. Roth. Gemeinsam haben beide dazu beigetragen, dass das Hotel um einige Errungenschaften bereichert wurde und somit der gute Ruf des Hauses weiterhin gewahrt blieb.

2009 entstand, fast an derselben Stelle, an der einst das Hotel Kniebis-Lamm stand, ein neues Gebäude: das Besucherzentrum Schwarzwaldhochstraße und die Kniebis-Hütte, ein wunderbares Zusammenspiel aus städtischem und privatwirtschaftlichem Engagement, gefördert mit den Mitteln der Europäischen Gemeinschaft.

 

Geschichten aus dem Kniebis-Lamm

Eines Tages kam ein Mann ganz außer Atem zum Lamm, verfolgt von einem Gendarmen. Aufgeregt rief er zur Lammwirtin: „Resle, mach schnell uff ond laß mi nei!“

Dies geschah und der Mann verschwand durch die Hintertüre im „Badischen“, und war somit der Zuständigkeit der württembergischen Gendarmen entkommen.

(Anzumerken ist, dass das Lamm auf der Landesgrenze zwischen Baden und Württemberg stand.)

Um 1906 verweilte der württembergische König Wilhelm II zur Auerhahnjagd im Hotel Kniebis-Lamm. Er kam mit einem Sonderzug in Freudenstadt an, wo ihn der „Ranzenblitz“ bereits mit seiner Kutsche erwartete. Da der Lamm-Wirt viel zu früh am Bahnhof eintraf, verbrachte er die Wartezeit in einer Gaststube und trank ein paar Gläschen zu viel. Der König verfrachtete den „angetrunkenen Ranzenblitz“ im hinteren Teil der Kutsche und übernahm selbst die Zügel auf dem Kutschbock. Auf dem Kniebis erwartete sie dann ein großer Empfang mit rotem Teppich, doch beim Öffnen der Kutschtüre, „hagelte nur der besoffene Wirt“ dem Empfangskomitee entgegen. Der König selbst wurde auf dem Kutschbock kaum wahrgenommen.

Den Namen „Ranzenblitz“ erhielt der Lamm Wirt Karl Gaisser der Überlieferung zufolge durch folgende Begebenheit:

Der württembergische König war zu Gast im Lamm und Karl Gaisser setzte dem König gerade das Fleisch zum Essen vor, als ihm unversehens ein lauter Wind entwich. „Potz, Ranzenblitz, Majestät“ soll der erschrockene Wirt gestammelt haben, „ich dachte, er käme leiser“. Über diesen Nachsatz gehen die Meinungen auseinander, er könnte auch gelautet haben: „ich konnte ihn net verhebe“.

Wie dem auch sei, der Name „Ranzenblitz“ blieb ihm und seinen nachfolgenden Wirten erhalten.

Nachdem der König im Hotel Lamm zur Jagd war, fragten viele neugierige Touristen: „Ist das hier, wo der König war?“. Der Lamm Wirt antwortete dann stolz: „Ja, an diesem Tisch hat er gesessen und oben im schönsten Zimmer geschlafen.“ Darauf wollten natürlich viele in dem Zimmer übernachten, in dem schon der König genächtigt hatte. Der „Ranzenblitz“ witterte ein gutes Geschäft und verkaufte auf diese Weise alle seine Zimmer als das, in dem der König genächtigt hatte.

 

Textquelle: Infobroschüre im Besucherzentrum Schwarzwaldhochstraße, neben der Kniebis-Hütte (Juni 2023)

St. Märgen-Glashütte

St. Märgen-Glashütte

© Wilfried Löffler, St. Märgen

Mit freundlicher Genehmigung.

Vielen Dank.

Die Glashütte ist heutzutage ein Ortsteil von St. Märgen. Bis 1936 war Glashütte und Hinterstraß eine eigenständige Gemeinde unter dem letztgenannten Namen. Dann folgte die Eingemeindung zu St. Märgen.

Hinterstraß liegt hinter einer sehr alten Verkehrsverbindung, die etwa 700 Jahre lang eine Grenzlinie der Klosterherrschaft St. Peter vom Kapfenberg, Hochwald bis zum Hohlen Graben bildete. Der Name Hinterstraß – so wird es gedeutet oder vermutet – kam deshalb zustande, weil alles was „hinter der Straße“ liegt, also das Kapfenberggebiet, das Steinbachtal mit Schaltkarrendörfle, das Gebiet des ehemaligen Knobelwaldes in die spätere Vogtei Hinterstraß integriert wurde, die damals Eigentum des Klosters St. Peter war.

Sämtliche Siedler der damaligen Zeit kamen vom Kloster St. Peter, zu deren Siedlungsgebieten übrigens auch die heutigen politischen Gemeinden Waldau, Neukirch und Wildgutach zählten.

Hinterstraß wurde verhältnismäßig spät, etwa in der Zeit von 1650 bis 1710, nach dem Dreißigjährigen Krieg innerhalb von 60 Jahren besiedelt und dies während ständiger Kriegszeiten. Jahrhunderte hinweg waren, so vermutet man, die Höfe „Steinbachhof“ und „Breitmooshof“ die einzigen im Gebiet Hinterstraß. Hinterstraß erhielt 1743 einen Vogt und wurde damit zu einer Gemeinde.

Der Knobelwald, aus dessen Gebiet die spätere Glashütte hervor ging, erstreckte sich in der Länge etwa vom Jägerstieg bis hinten an den Wolfsgrat und in der Breite vom Gfällbühl – heute Immenbühl – hinunter über den Bach und hinauf bis an die Redeck. Es war ein urwaldähnlicher dichter, finsterer Wald, in dem auch noch Wolf, Luchs und Bär lebhaft waren.

Schon im 15. Jahrhundert begannen die Benediktinermönche mit der Besiedlung des Knobelwaldes, um gegen den Wald vorzugehen und ihn zu roden. So entstanden die ersten Glasbläsersiedlungen, zunächst auf den Höhen, dann später unten im Tal.

Die Gründung der Glashütte liegt um das Jahr 1683, gleichzeitig mit der Gründung der Gasthäuser „Steinbach Hirschen“, sowie „Zum Kreuz“ im Hohlengraben. Initiator der Gewerbeansiedlungen war der damalige Abt Paulus Pastor, um die materielle Lage des Klosters zu verbessern.

Im Jahre 1685 wurde zwischen den Einwohnern der Glashütte und dem Kloster St. Peter ein Vertrag abgeschlossen, indem alle Rechte und Pflichten der Glashütter verzeichnet waren. Es wurden den Glasbläsern bedeutsame Zugeständnisse gemacht. Die Glasbläserei blühte und Häuschen an Häuschen entstand.

So manche „Flaschen“, „Buddeln“ und „Gütterle“ wurden aus dem Tal in die weite Welt getragen. Die Namen von vielen Ortschaften und Bauernhöfen, in denen das Wort „Glas“ vorkommt, wie beispielsweise Glashütte, Glashof, Glasberg, Glasträgerhof, erinnern noch heute an die Zeit der Glasbläser aus dem Schwarzwald.

Als aber der Wald abgeholzt war, zogen die Glasbläser wieder aus und suchten sich andere waldreiche Gebiete. Sie zogen in den Bräunlinger Wald, wo die waldgierigen Glashütter von den Stadtherren mit offenen Armen aufgenommen wurden. Das ganze Bubenbacher Tal wurde ihnen zugesprochen. Durch den neuen Glashüttenbetrieb wurde das Dorf Bubenbach gegründet. In der Glashütte blieben aber zahlreiche Bewohner zurück, die sich einer anderen Tätigkeit widmeten – der Uhrmacherei. Nachdem ein Glasträger aus dem Böhmischen einen solchen Zeitmesser mitbrachte, ließ es den Tüftlern keine Ruhe, dieses Ding zu vervollständigen. So ist auf dem Glashof bei Waldau die erste Schwarzwalduhr entstanden. Und wieder zogen die Träger in die Welt hinaus. Dieses Mal waren es keine Glaswaren, sondern Schwarzwalduhren. Die Schwarzwalduhrenindustrie entstand aber nicht an ihrer Wiege, sondern in verkehrstechnisch günstigeren Orten.

In der Blütezeit der Uhrmacherei, etwa um 1811, vereinigten sich die bisherigen Vogteien Hinterstraß und Glashütte und bildeten nun die Gemeinde der Vogtei Hinterstraß, unter einem gemeinsamen Vogt. Den Titel Bürgermeister gab es damals noch nicht. Im Jahr 1836 hatte Hinterstraß mit Glashütte 405 Einwohner. Die Gemeinde Hinterstraß hatte etwa 120 Jahre Bestand. In der folgenden Zeit wanderten zahlreiche Glashütter aus und brachten durch ihre Unternehmensfreude, aber auch durch ihre Zähigkeit, zu Wohlstand.

Diejenigen aber, die am elterlichen Boden festhielten, hatten in einer armen Gegend einen zähen Lebenskampf zu führen. Sie flochten Spankörbe, schnitzten Uhrenschilder, formten Uhrenkästen oder wurden Holzhauer beim Forstamt, das inzwischen die verwaisten Gütchen erwarb. Die Gemeinde konnte nicht viel unternehmen. Sie hatten kein Geld, brauchte aber zum Glück auch keine großen öffentlichen Ausgaben zu tätigen, denn eine zentrale Wasserversorgung und -entsorgung war nicht möglich, eine eigene Pfarrkirche (außer der kleinen Kapelle) besaß sie nicht, elektrischen Strom produzierte meist jeder selbst, große Straßenbauten standen nicht an. Dann kam das Jahr 1935, das letzte Jahr dieser historischen Gemeinde. Sie fiel der ersten Gemeindereform zum Opfer. Ab 1936 wurde die politische Gemeinde Hinterstraß aufgelöst und in die Gemeinde St. Märgen integriert. Das war sicherlich zunächst eine schwere Aufgabe, sich gegenseitig zu tolerieren, zu achten und miteinander in einem größeren Gemeinwesen zu leben. Eine Lenkung in gute Bahnen gelang.

Die Verdienstmöglichkeiten in dem kleinen Örtchen Glashütte waren bis in die Gegenwart sehr bescheiden. Dank der Motorisierung hat sich die Lage in den letzten Jahrzehnten doch verbessert. Die Möglichkeit besteht, in den umliegenden Orten Berufe auszuüben oder zur Schule zu gehen.

Durch schlechte oder erschwerte Baumöglichkeiten in der Glashütte ist ein Großteil der jüngeren Generation immer wieder gezwungen auszuziehen und sich auswärts niederzulassen. In früheren Jahrzehnten betrieb fast jeder Bewohner, der ein kleines Anwesen hatte, einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb. Unter mühevollen Bedingungen an Steillagen musste gearbeitet werden. Daher ist es nicht außergewöhnlich, dass die Zahl der „Bodenständigen“ immer weiter zurückgeht.

Heute sind es nur noch wenige, die einen sogenannten „Nebenerwerb“ ausüben. Tatsache ist, dass es eine „Nebenausgabe“ ist, die zur Offenhaltung der Landschaft dient.

So bleibt zum Schluss dieser kleinen Ortsgeschichte nur der Wunsch und die Hoffnung, dass es immer wieder einige bodenständige Leute gibt, die wenigstens einen Teil der Landschaft offenhalten, damit das schöne und kleine Tal nicht der totalen Wildnis zum Opfer fällt.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Heinrich Fehrenbach, St. Märgen. VIELEN DANK.

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