Bergbau in Aitern

Das 12. Jh. brachte dem Silberbergbau im Südschwarzwald einen bedeutenden Aufschwung, der sich nicht allein in der Intensivierung in bereits bekannten Revieren, sondern auch im Angriff auf bisher unbekannte oder ungenutzte Lagerstätten im lnneren des Gebirges, z.B. auf der Belchen-Ostseite, bemerkbar machte.

Auf der Ostseite des Belchen waren im Gefolge der landwirtschaftlichen Erschließung der inneren Schwarzwaldtäler in der Schönauer Mark, die das gesamte obere Wiesental umfasste, Erzvorkommen aufgespürt worden, unter ihnen der „Aiterberg“ und der bedeutendere „Schönenberg“ nahe Schönau als dem zentralen Ort. Ihre Entdeckung scheint noch ins 12. Jh. zurück zu reichen. Es darf angenommen werden, dass das ältere Bergbauzentrum auf der Münstertäler Belchenseite über die zwar steile und beschwerliche, aber doch auch nahe Verbindung des Saumweges über die Krinne bergmännische Entwicklungshilfe im neu entstandenen Revier geleistet hat.

Verhältnismäßig geringe Reste alter Tagbaue zeigen, dass im Aitertal vor der um 1300 einsetzenden Bevorzugung des Stollenbaues (statt der älteren Tagschächte) wenig gearbeitet worden ist. Um so mehr künden die an der Letzberghalde (Schönenberg) hinaufziehenden tiefen Verhaue vom Alter und Umfang dieser zeitweiligen Hauptgrube des oberen Wiesentals.

Im frühen 14. Jh. wurde am Aiterberg der oberste Tagstollen aufgefahren. Im Zeichen der Hochkonjunktur des Silberbergbaus, den 1330-er und 1340-er Jahren, fanden sich bei Aitern zwei Ansätze, nämlich ein 12 m langer Stollen auf dem ca. 400 m oberhalb des Komplexes Aiterberg streichenden Erzgang bei der Aiterer Säge mit Spuren von Eisen- u. Schlägelarbeit, der aber auch der Zeit um 1500 zugerechnet werden kann,  ferner ein durch Flussspatgewinnung im 20. Jh. beseitigter etwa l0 m tiefer Stollen auf dem Erzgang Aitern – Nord auf der Gegenseite des „Aiterbergs“.

Das westliche Vorfeld des Belchenmassivs zählt zur ältesten Bergbauprovinz des Schwarzwaldes. Anlässlich der Überlassung des königlichen Silberzehnten durch Konrad II. an den Bischof von Basel im Jahre 1028 wird die beträchtliche Ausdehnung des auf Blei und Silber angesetzten Reviers von Badenweiler über Sulzburg bis ins Münstertal hinein erkennbar.

Aber schon die Römer waren im 2. Jh. auf die silberhaltigen Bleierze aufmerksam geworden und hatten diese nachweislich bei Badenweiler und Sulzburg abgebaut. Ihnen waren vermutlich auch die Erzlagerstätten am Westhang des Münstertales und beim Etzenbach bekannt.

Die fortschreitende Besetzung der rechtsrheinischen Lande durch die Alemannen nach dem Fall des Limes (um 260) brachte sicher den bergbaulichen Aktivitaten ein vorläufiges Ende. Doch hatten die Eindringlinge wohl Kunde vom Bergbau, da seine Spuren noch einige Zeit sichtbar gewesen sein müssen.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass spätestens im 9. Jh., also noch in fränkischer Zeit, das alte Grubengebiet im weiteren Vorland des Belchen wieder entdeckt und erneut abgebaut worden ist.

Im Aitertal befand sich eine Schmelze. Als standortgünstig  bot sich der Aitergrund unterhalb von Multen wegen des Holz- und Wasserreichtums an. Der Name Eisenbläue scheint auf das Schmelzwerk hinzudeuten, dem damals bzw. im weiteren Verlauf des 14. Jh. eine Hammerschmiede beigestellt war.

Um 1396 wurde mit einer neuen Konzession am Aiterberg ein Bergmann aus Todtnau belehnt, wobei es sich vielleicht schon um den Beginn des Tiefstollens am Aiterbach selbst bei der ehemaligen Sägemühle (heute über dem Bach bei der Info – Tafel in Ortsmitte) handelte. Diese Grube dürfte einige Zeit bis ins 15. Jh. hinein betrieben worden sein.

Dieser Periode gehören auch die bereits 1780 ganz verfallenen beiden oberen Stollen mit ihren beträchtlichen Halden an, deren geringe Saigerabstände voneinander darauf hinweisen, dass sie vor dem 16. Jh. begonnen worden sind.

Nach wohl längerer Pause müssen etwa um 1500 die vielleicht schon früher (1396 ?) angesetzten Arbeiten an einem Tiefstollen bei der Aiterer Mühle zur Unterteufung der alten Stollen und Verhaue durch eine neue Gewekschaft wieder aufgenommen worden sein, die zwischen 1520 und 1523 wieder abgebrochen wurden. Man war von der Bachseite her einer kleineren querenden Kluft gefolgt und dann nach etwa 40 m auf den Hauptgang nach rechts eingeschwenkt, wobei man das Feldort auf insgesamt 190 m vorantrieb.

Im 18. Jh. setzte eine neue Bergbauepoche ein, sodass auch kleinere Versuche auf der Ostseite des Belchens begannen. 1770 untersuchten Tiroler Schurfhäuer Erzgänge am Rollspitz sowie einen „Achatgang“ bei Multen. 1777 erfolgte die Mutung und Belehnung des Suckentaler Obersteigers Joseph Ortlieb mit der alten Grube in Aitern, die später als St. Georgi-Stollen bezeichnet wird.

1780 wird von zwei großen Schächten in der Höhe und zwei darunter liegenden verfallenen höheren Stollen, sowie dem am Aiterbach bergwärts getriebenen Tiefstollen berichtet.

1805, nach über 400 Jahren Österreichischer Berghoheit, wird der St. Georgi-Stollen in Aitern noch als aufgelassen in den Befahrungsberichten aufgeführt. Danach beginnt die Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden.

Zwei Bürgern aus Schönau (Pankraz Thoma und Friedrich Schnabel) kommt der Verdienst zu, unter persönlichen Opfern den Tiefstollen (ehemals Georgi-Stollen) aufzuschliessen und seine Abbaumöglichkeit zu sondieren. Nach 3 Jahren erfolgte die bergamtliche Befahrung, deren günstiges Urteil am 15.02.1821 zum „Aufstand über die Grube Ludwig bei Aitern“ führte. Der Grubenname galt dem seit dem 8.12.1818 regierenden Großherzog Ludwig I von Baden. Über den ja erst Ende des 18. Jh. aufgewältigten Stollen wird geurteilt:

„Hier ist ebenfalls ein bloser Stolle getrieben und über den Stollen liegen die Abbaue auf Erz. Auch diese stehen noch völlig als gestern verlassen vorgerichtet da. so dass gleich zur Gewinnung von Erzen geschritten werden kann“. Die örtliche Gegebenheit zum Bau von Foche und Waschwerken sei bestens. Unterhalb am Aiterbach hätten die beiden Schürfer eine Matte gekauft. Der Aiterbach biete “ hinlänglich Aufschlagwasser für ein sehr beträchtliches Pochwerk… „.

Die Hoffnung auf Bildung einer Gewerkschaft erfüllten sich jedoch nicht, noch wurde dem Antrag auf Übernahme in staatliche Regie entsprochen. 1824 musste die Matte am unteren Aiterbach zur Schuldenabdeckung wieder verkauft werden.

Ab 1868 arbeitete die Grube „Ludwig“ ernsthafter, war jedoch 1880 nicht mehr belegt. Die wenig reichhaltigen Erze waren bei den bestehenden Blei- u. Silberpreisen nicht mehr mit Gewinn auszubeuten.

Gegen Ende der großherzoglichen Zeit kam es dann erstmals zu einem kleineren, auf Flussspat gerichteten Unternehmen durch die Grube „Pfingstsegen“ zwischen Aitern und Multen, welches im Juli 1918 begonnen wurde.

Im 20. Jh. orientierte sich der Bergbau im Belchengebiet wie auch allgemein im Schwarzwald in erster Linie an Flussspat und Schwerspat, deren wirtschaftliche Bedeutung erst seit Mitte des 19. Jh. erkannt worden ist. Als sich bald weitere Mineralien zeigten, beantragte man eine weitere Verleihung auf Kupfer-, Arsen-und Bleierze (1919), später auf Blei- und Zinkerze (1921). 1918 waren hier 8 Mann beschäftigt.

1919/1920 wurde mit einem 45 m langen Versuchsstollen auf Flussspat auf der südlichen Talseite unterhalb Aiterns begonnen.
1923 erfolgte die Stillegung von „Pfingstsegen“ wegen unbefriedigender Flussspat-Förderung.

Auf der nördlichen Talseite von Aitern wurde der im Mittelalter nur kurz angeschnittene Gang Aitern-Nord 1941 durch die Gewerkschaft Finstergrund aufgefahren und bis 1944 mit einem etwa 160 m tiefen Stollen angegangen. Bei ca 100 m teufte man einen Blindschacht ca. 40 m ab und baute auf einer tieferen Sohle etwa 25 m nach Norden und 60 m nach Süden hin ab.

In den frühen 1970-er Jahren unternahm die Gewerkschaft Finstergrund Probebohrungen auf der Höhe zwischen Aitern und Rollsbach („Auf den Winden“).

Darstellung von Bergleuten im „Tulenhauptfenster“ des Münsters in Freiburg i. Br., um 1330/40. Das Fenster ist nach den Stiftern benannt, die Benennung „Dieselmuot“ auf den Fenstern bezieht sich auf den gleichnamigen Bergbau am Schauinsland.

Die Infotafeln am Stolleneingang

Textquellen

Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Rudolf Mathä. VIELEN DANK.

Bergbau in Schenkenzell

Silber und Kobalt – Die Geschichte des Bergbaus in Schenkenzell und Umgebung

Die Gemeinde Kaltbrunn-Wittichen hat in der Geschichte des Schwarzwälder Bergbaues eine besondere Bedeutung erlangt durch die zum Teil recht beachtlichen Silber- und Kobaltvorkommen und durch das Blaufarbenwerk, das seine Erzeugnisse über die Grenzen Deutschlands hinaus in verschiedene europäische Länder exportierte.

Wann der Bergbau im Witticher Revier begonnen hat, lässt sich wohl nicht mehr mit Bestimmtheit feststellen. Zeugnisse aus dem Mittelalter fehlen.

Erster Nachweis

Den ersten sicheren Nachweis für die Eröffnung von Gruben gibt eine Urkunde aus dem Jahr 1517, in der die Landgräfin Elisabeth zu Fürstenberg, die Witwe des 1509 verstorbenen Grafen Wolfgang I. dem „Ehrsamen, gelehrten, Unnserem lieben getrüwen Johannes Wäscher von Markhdorff, der Zytt Schulmeister und Stattschriber zu Wolffach …, genannt Jm Wittichenstain“ verlieh mit allem, was nach damaligem Bergrecht dazugehörte.

Dafür musste der genannte Johannes Wäscher sich verpflichten, den „zehnten Kübel Ärtz oder Metall“ von  allem anfallenden Erz der Landesherrschaft zu liefern.

Die Gräfin versprach für sich und ihre Nachkommen, die Unternehmer und Bergleute, „so zu vnnd uff dem Bergwerkh dienent, arbeitent, handeln vnd wandlent, Jhr und aller Lyb und Guoth in Vnnserem land, so wüt wür zue gepieten haben“, zu geleiten, zu schützen und zu beschirmen.

Die von den Bergarbeitern benötigten Lebensmittel durften zollfrei eingeführt werden. Außerdem sollten „och alle Hütten, Hüßer und Höffe, so zu vnd vff dem Bergwerkh von nüwen gemacht oder gebuwen werden vnd darzue dienent, fry sein aller Bott, Verbott, Stueren, Schatzungen Huet und Wacht, und anderer derglichen beschwerdten“.

Die Befreiung von Zoll und sonstigen Abgaben entsprach den auch andernorts üblichen Privilegien, mit denen man dem Bergbau eine Ausnahmestellung einräumte.

Außer dieser Belehnung von 1517 sind uns über den Bergbau in Wittichen für das 16. und 17. Jahrhundert keine weiteren Nachrichten überkommen. Wahrscheinlich hat der reiche Silberimport aus den neu entdeckten spanischen Kolonien in Südamerika nach Europa wie an vielen Stellen, so auch im Kinzigtal, die Gruben gegen Ende des 16. Jahrhunderts zum Erliegen gebracht, da sich der Abbau nicht mehr rentierte. Dann behinderte der Dreißigjährige Krieg den Handel und das Gewerbe.

Neuer Auftrieb im 18. Jahrhundert

Im benachbarten Rippoldsau nahm man um 1649 die Schürfversuche nach Kupfererz auf, im Gebiet von Wittichen kam der Bergbau erst Anfang des 18. Jahrhunderts wieder in Gang.

Die Anregung dazu gab Fürst Anton Egon von Fürstenberg, der nach der Krönung Augusts des Starken zum König von Polen im verwaisten Sachsen als Statthalter amtierte. Anton Egon empfahl seinen Verwandten, die alten Bergwerke im Kinzigtal, die zum Besitz des Hauses Fürstenberg gehörten, durch sächsische Bergbau-Fachleute auf Erzvorkommen untersuchen zu lassen.Die Stühlinger Verwandten nahmen die Anregung auf und ließen die Bergleute kommen. Die Visitatoren meinten, dass im Kinzigtal „noch gute bergmännische Hoffnungen bestünden“. Am so genannten Silberberg bei Wittichen, so steht im erhaltenen Gutachten zu lesen, sei die Rute „auf weißgülten Erz“ angeschlagen. Die sächsichen Bergleute fanden einen eingebrochenen Stollen. Sie schlossen daraus, dass in Wittichen vor längerer Zeit ein Silberbergwerk bestanden habe.

Der Bergbau im Kinzigtal erhielt durch das sächsische Gutachten einen neuen Autrieb. Der Öhringer Kaufmann Anton Fisher bekam die Genehmigung, die Rippoldsauer Kupferzeche wieder aufzunehmen. Zur Finanzierung des Unternehmens gründete Fischer eine „Gewerkschaft“. So nannte man die damlas übliche Form einer Bergbau-Kapitalgesellschaft. Die Gewerkschaft früherer Zeit hat aber nichts mit der heutigen Arbeitnehmerorganisation zu tun.

Die Gewerken erwarben einen bestimmten Anteil an der Grube, „Kux“ genannt, und waren entsprechend an den Unkosten und am Gewinn beteiligt. Die Kuxe der Rippoldsauer Gewerkschaft kauften vor allem Nürnberger Bürger.

Silber und Kobalt

Der spätere Hüttenschreiber und Bergrechner Johann Bernhard Mayer der Ältere berichtet in seinen Erinnerungen, wie Fischer den den Bergbau in Wittichen wieder aufnahm: „Da nun der Antoni Fischer das glückliche Kupferwerk (gemeint ist: in Rippoldsau) sah, hörte er auch, dass zu Wittichen, drei Stund über die Bergherüber, von Alters edle Silbergänge wären gewesen. Er nahm den Weg unter die Füße und lief Wittichen zu. Da fand er auf den Halden schöne Kobaltstufen, woraus man die blaue Farbe machte. Dieses war ihm noch lieber als Silbererz. Denn Kobalt leidet große Zusätze zum Schmelzen und vermehrt sich sehr, das Silber aber, bis es geläutert wird, ist weniger. Daraus schloß er, dass ein Farbwerk mehr Profit werde abwerfen als Silbererz. Warum aber auf den Halden große Kobaltstufen gefunden, ist dies die Ursache, dass die Alten noch nicht gewusst, was Kobalt ist …

Da nun der Antoni Fischer die erfreuliche Nachricht vom Kobalt zu Wittichen den anderen Gewerken hinterbrachte, war große Freude und Jubilieren.

Es kam viele Gewerke von Nürnberg heraus, es wurde Anstalt zu einer Farbmühle gemacht, welches ganz etwas Fremdes in diesen Landen war. In der Grube selbt trafen sich gewachsen Silber in dem Gnade Gotteswerk auf dem Adler genannt, und zwar große und mächtige Stufen …“

Ausführlicher darüber in: Der Kinzigtäler Bergbau in den Jahren 1700 bis 1754 nach dem Bericht des Hüttenschreibers und Bergrechners Johann B. Mayer d. Ä. (hrsg. von L. Wohleb und H. Schilli, 1950, Seite 16).

Anton Fischer und seine Nürnberger Geldgeber baten die fürstenbergische Landesherrschaft sogleich um Belehnung der wiederentdeckten Gruben. Die Grafen Anton Maria und Prosper von Fürstenberg waren bestrebt, den Bergbau in ihren Landen zu fördern, und verliehen deshalb 1703 die alten und neuen Stollen und Erzgänge im Gebiet von Wittichen an Anton Fischer von Öhringen und seinen Nürnberger Mitgewerken, dem Münzmeister Georg Friedrich Nürnberger, Kaufmann Sigmund Klein und an weitere Interessenten. Die Gewerkschaft erhielt das Recht auf die alleinige Kobalterzgewinnung innerhalb des fürstenbergischen Territoriums im Kinzigtal, also auch Außerhalb Wittichens, sowie das Monopol für die Kobaltfarbenherstellung. Dafür mussten die Gewerke den Zehnten von allem gewonnenen Kobalt in Geld an die Landesherrschaft entrichten und acht Grubenanteile (Kuxe) den Grafen von Fürstenberg gratis überlassen. Weiterhin erhielten das Kloster Wittichen als Grundherr und die Armenpflege im Amt Wolfach je ein Freikux. In Anbetracht der großen Unkosten, die der Gesellschaft bei der Wiederaufnahme der Grube entstanden, verzichteten die Landesherren für zwei Jahre auf die Auszahlung des Zehnten und der Gewinne, die auf ihre Freikuxe entfielen.

Auf die Ausfuhr des Kobalterzes sollten keine Abgaben erhoben werden. Bei Streitigkeiten galt die Kursächsische Bergordnung aus den Jahr 1589. Hier zeigt sich der Einfluss des sächsischen Bergrechts auf den Kinizigtäler Bergbau im 18. Jahrhundert. Die fürstenbergische Bergordnung von 1529 dagegen hatte die vorderösterreichische Gesetzgebung Maximilians übernommen.

Das Blaufarbenwerk

Nachdem Anton Fischer und seine Nürnberger Mitgewerken das Monopol für den Kobaltabbau erhalten hatten, errichteten sie bei Wittichen ein Blaufarbenwerk. Nach den Angaben Mayers des Älteren sollen die Unkosten 6000 Gulden betragen haben. Doch erwies sich die Farbmühle als eine Fehlkonstruktion. Es gelang nicht, brauchbare Kobaltfarben herzustellen.

Man beschloss deshalb, den Meister Sigwarth von den Gengenbacher Glashütten heimlich nach Sachsen in die dortigen Farbwerke zu schicken, um deren Fabrikationsmethode auszuspionieren. Sigwarth erfüllte seinen Auftrag mit großem Geschick, und mit seinen in Sachsen gewonnenen Erfahrungen wurde unterhalb von Wittichen eine neue Farbmühle gebaut. Nun konnte endlich mit der Produktion von Kobaltfarben begonnen werden.

Trotz der großen Investitionen brachte das Witticher Unternehmen wenig Gewinn. Zwar fand man 1705 auf der „Gnade Gottes“, wie die Grube am Witticher Silberberg jetzt genannt wurde, größere Anrüche von Silbererz, doch konnten die Betriebskosten der Zeche keineswegs gedeckt werden.

Sigmund Klein, der Vertrauensmann der Nürnberger, musste selbst zugeben, dass der Bergbau im argen liege. Die Gesellschafter gerieten unter sich in Streit, Anton Fischer, der eigentliche Initiator, stellte die Zahlungen ein. J. Bernhard Mayer erzählt, dass die Nürnberger bei ihren Besichtigungsreisen nach Wittichen und Rippoldsau große „Zechen“ gemacht hätten.

Der spanische Erbfolgekrieg wirkte sich ebenfalls ungünstig auf die Geschäftslage aus. Der Absatz der Kobalterze ging zurück. Das Haus Fürstenberg wurde vom Kriegsgeschehen unmittelbar betroffen. Der Landesherr, Prosper Ferdinand, fiel als kaiserlicher Offizier bei den Kämpfen um Landau im Jahr 1704. Die Nürnberger Gewerken versuchten, durch strenge Verhaltensvorschriften wieder Ordnung auf der Grube zu schaffen. Um den aus anderen Ländern, vor allem aus Sachsen, zugezogenen Bergleuten eine Unterkunft zu verschaffen wurde in Wittichen das Zechenhaus erbaut.

Missstände auf den Gruben

Die Missstände auf den Gruben hatten zur Folge, dass die fürstenbergische Verwaltung der Gewerkschaft das Vorrecht, allein Kobalterze abzubauen, entzog. Sie behielt aber das Vorkaufsrecht auf das geschürfte Kobalterz. Nachdem so der Kobaltabbau freigegeben war, eröffneten Straßburger Bürger die Grube Daniel im Gallenbach südlich von Wittichen. Im Jahr 1708 wurden die Gruben im Auftrag der Landesregierung von einem Herrn von Windheim visitiert. Dieser gab in seinem Gutachten seinem Befremden darüber Ausdruck, dass eine Angelegenheit von so großer Bedeutung wie der Kinzigtäler Bergbau so nachlässig betrieben wurde. Windheim vermisste vor allem genauere Rechnungsunterlagen. In den fürstenbergischen Bergwerksakten lässt sich feststellen, dass das Witticher Werk im Jahr 1709 = 1153 Gulden, im Jahr 1710 = 4821 Gulden Gewinn abwarf. In den folgenden Jahren verschlechterten sich die Verhältnisse.

Der Vertreter der Nürnberger, David Wölper aus Freudenstadt, musste aus eigener Tasche zusetzen. Erst 1718 zeigte sich wieder ein Hoffnungsschimmer. Als die Bergknappen einen alten Schacht auf dem Silberberg säuberten, stießen sie auf einen Anbruch von 41 Pfund gediegenem Silbers. Dieser überraschende Fund führte zur Gründung einer neuen Gewerkschaft, die den Namen des Landesherren, „Joseph“ erhielt. Die Gesellschafter waren im Wesentlichen die gleichen wie bei der „Gnade-Gottes-Zeche“. Deshalb verschmolzen sich die beiden Zechen drei Jahre später unter dem Namen „Joseph“ zu einer Gewerkschaft. Doch auch diese Maßnahmen retteten den Bergbau und das Farbwerk nicht vor dem finanziellen Zusammenbruch.

Die Nürnberger Gewerkschaft musste den Konkurs erklären. Ihr örtlicher Vertrauensmann Wölper verlor dabei sein ganzes Hab und Gut. Der so voll Hoffnung begonnene Kobalt- und Silberbergbau in Wittichen schien ein unrühmliches Ende zu nehmen. Nach Mayers Bericht begann auf dem Farbmühlenplatz das Gras zu wachsen und „war eine völlige Wüstenei“.

Das Handelshaus Doertenbach

In dieser verzweifelten Situation kam rettende Hilfe durch das Calwer Handelshaus Doertenbach, das nun statt der Nürnberger als Geldgeber einsprang. Die Doertenbachs waren Mitglieder der berühmten „Calwer Compagnie“, die seit 1622 einen ausgedehnten Tuchhandel betrieb und damit zu einem bedeutenden Unternehmen Süddeutschlands aufgestiegen war.

Der schon häufig erwähnte Bergrechner Mayer schreibt sich das Verdienst zu, die Familie Doertenbach für den Bergbau im württembergischen Reinerzau und dann auch für die fürstenbergischen Werke im Kinzigtal gewonnen zu haben. Nach und nach übernahm die Familie Doertenbach von dem bisherigen Geschäftsführer Wölper dessen Anteile. Als Moses Doertenbach die Mehrheit der Kaxe besaß, bat er um Verleihung der Witticher Gruben und des Fachwerkes, die ihm 1721 von der fürstenbergischen Regierung gewährt wurde. Die Landesherrschaft beteiligte sich diesmal selbst an den Unkosten der St.-Josephs-Zeche und begnügte sich mit einer geringen Zahl von Freikuxen.

Die Grafen Anton und Froben Ferdinand von Fürstenberg verbanden mit der Neuverleihung die Hoffnung, dass die neue Gewerkschaft, insbesondere das bekannte Haus Doertenbach von Calw, dem Kinzigtäler Bergbau wieder neuen Auftrieb geben würde. Bemerkenswert ist bei der Angelegenheit, dass nun statt der Bürger der alten Reichs- und Handelsstadt Nürnberg Kaufleute aus dem württembergischen Herzogtum als Geldgeber auftraten, in erster Linie die  Angehörigen der Calwer Compagnie. Moses Doertenbach benutzte nämlich die weitverzweigten Verkaufsstellen des Calwer Handelshauses, um die im Witticher Farbenwerk hergestellten Kobaltfarben in den verschiedenen europäischen Ländern zu verkaufen. Zum besseren Absatz der Farben wurde eine Farbenverkaufsgesellschaft gegründet, die Moses Doertenbach und Johann Georg Zahn, ebenfalls ein „Comapgnieverwandter“, leiteten.

21 Werke im Betrieb

Moses Doertenbach und seine neuen Mitgewerken entfalteten in ihrem neuen Arbeitsbereich in Wittichen eine große Aktivität. Neben einer Intensivierung der Arbeiten auf der St.-Josephs-Grube versuchten sie, auch an anderen Stellen auf Erzgänge zu stoßen. Verschiedene Gruben wurden wieder aufgenommen oder neue Stollen vorangetrieben, so dass sich 1725 21 Werke in Betrieb befanden, darunter in und bei Wittichen:

Allerdings handelte es sich meist nur um Schürfungen, die bald ohne Ergebnis wieder aufgegeben wurden. Einen Überschuss konnte in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts nur die St. Josephs-Zeche erzielen. Die „Güte Gottes“ deckte nur einen Teil ihrer Unkosten. Sophia zum Ludwig brachten es 1725 auf wenige Kübel Kobalterz. Die übrigen Gruben hatten 1725 überhaupt keinen Ertrag zu verzeichnen und erhielten sich nur durch fortlaufende Zuschüsse.

Die „Zubußboten“, die die neuen Gelder für Gruben einkassieren mussten oder bei Überschuss den Gewinn auszahlen konnten, schwindelten den vertrauensseligen Leuten etwas von zu erwartenden Silber- und Kobaltanbrüchen vor und verkauften viele Anteile (Kuxe) von verlustreichen Gruben, die nie auf Erze stießen. Diese so genannte Kuxkränzelei schadete auf die Dauer dem Ansehen des Kinzigtäler Bergbaues sehr und erschwerte zeitweise den Verkauf neuer Kuxe. Den größten Überschuss warf das Blaufarbenwerk bei Wittichen ab. Neben den Niederlassungen in Deutschland unterhielt die neu gegründete Farbenverkaufsgesellschaft Lager in London, Venedig und Mailand.

Handel mit Holland

Der inzwischen auf dem Witticher Farbwerk angestellte Bernhard Mayer berichtet uns, dass es ihm gelungen sei, durch einen Geschäftsfreund Verbindung mit holländischen Kaufleuten in Utrecht aufzunehmen. In den Akten des Fürstlich Fürstenbergischen Archivs läßt sich dieser Handel mit Holland belegen. Aus dem Jahr 1724 ist eine Abrechnung erhalten, aus der wir entnehmen können, dass das Witticher Blaufarbenwerk 118 Fässchen Kobaltfarben an die Herren Lohoff und Ploost van Amstel nach Amsterdam sandte (vom März bis Mai 1724) und dafür abzüglich der Provision und Transportkosten bis Köln, 5461 Gulden bekam. Die Blaufarben benötigen die Holländer für ihre Bleichereien. Zum Teil wurden die Farben auch weiter nach England verkauft. Die Vermutung liegt nahe, dass das berühmte Delfter Porzellan zeitweise mit Farben aus Wittichen bemalt worden ist, doch haben sich hierfür bisher keine urkundlichen Belege finden lassen.

Die Gewinne der Witticher Farbenmühle hielten das Interesse am Bergbau wach und ermöglichten es der Firma Doertenbach, immer wieder neue Schürfungen zu finanzieren. 1729 trafen die Häuser von St. Joseph auf einen Anbruch, aus dem 250 Pfund gediegenes Silber gewonnen werden konnten. Dieser überraschende Fund veranlasste die Gewerkschaft, einen „Ausbeutetaler“ prägen zu lassen.

Bergordnung von 1732

Da sich das Haus Doertenbach so unermüdlich um den Kinzigtäler Bergbau bemühte, hatte Fürst Joseph Wilhelm Ernst von Fürstenberg keine Bedenken, 1732 das Privileg für die Calwer Gerwerkschaft zu erneuern, da der Vertrag von 1721 abgelaufen war. Der Landesherr nahm die Bestätigung der Rechte zum Anlass, eine allgemeine Bergordnung zu erlassen. In der Präambel zollte der Landesherr dem Fleiß und der Sorgfalt, mit denen die Firma Doertenbach die Gruben und die Farbmühle seit 1721 wieder hochgebracht hatte, besondere Anerkennung und bestätigte sie in den bisherigen „Bergfreiheiten“.

Im Einzelnen wurde folgendes festgelegt:

Die Gruben, die die Gewerke bisher betrieben hatten, blieben ihnen „auf ewig“ bestätigt. Die Gewerkschaften erhielten ferner das Privileg, in den fürstenbergischen Ämtern Wolfach und Haslach neue Gänge zu erschürfen auf alle dort vorkommenden Metalle. Die St.-Josephs-Gewerkschaft, an der die Familie Doertenbach und die Mitglieder der Calwer Compagnie besonders stark beteiligt waren, bekam das alleinige Recht, eine Farbmühle zu betreiben. Als Gegenleistung gaben die Gewerken dem Landesherrn die ungewöhnlich hohe Zahl von 10 Freikuxen.

In den folgenden Jahren verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage des Bergbaus im Kinzigtal wieder. Eine Zeche nach der anderen „fiel ins Freie“, wie der bergmännische Ausdruck für die Aufgabe einer Grube lautet. 1734 waren im gesamten Revier nur noch vier Gruben in Betrieb, davon förderte St.-Joseph weiterhin Silber und Kobalt, die „Güte Gottes“ nur Kobalt. Beide konnten noch Gewinne erzielen. 1737 kam das Davidsbergwerk in Gallenbach dazu. Zum Teil hatte wohl der Polnische Erbfolgekrieg (1733 bis 1735) an dem wirtschaftlichen Rückgang die Schuld. Der Oberrhein war auch diesmal wieder Kriegsschauplatz. Der greise Feldmarschall Prinz Eugen suchte Philippsburg gegen die Franzosen vergeblich zu verteidigen. In den Grubenberichten von 1734 ist die Rede davon, dass die Grube „Sabina Barbara“ wegen dermahliger Kriegstrublen erliegen“ musste.

Sophiagang eine der ertragreichsten Gruben

Aber wie schon mehrfach in der Geschichte des Wittichener Bergbaus helfen plötzlich zutage tretende neue Silberanbrüche über die Krise hinweg. 1736 stieß man vom St. Joseph-Stollen auf den so genannten Sophiagang. Die Bergknappen schlugen bald darauf erhebliche Mengen von gediegenem Silber und Kobalt heraus. Schnell bildete sich eine neue Gewerkschaft, um den Sophiagang auszubauen. Der Sophiagang war von der Ludwigsgewerkschaft schon 1721 an einer anderen Stelle angegangen worden, man hatte aber diese Grube nach einigen Jahren wieder aufgegeben, da man den Gang nicht für abbauwürdig hielt. Nach dem Durchstoss von der St.-Josephs-Zeche er wurden die alten Gewerke von Ludwig aufgefordert, sich zu beteiligen. Die St.-Josephs-Gewerkschaft erhielt aus rechtlichen Gründen den vierten Teil der Sophia-Kuxe zugestanden. Die neue Sophiagrube entwickelte sich bald zu der bedeutendsten und ertragreichsten Grube des Kinzigtals. Besonders in den vierziger Jahren konnte sie einen beachtlichen Gewinn verzeichnen.

Das Ansehen des Kinzigtäler Bergbaus stieg wieder. Die Sophiazeche konnte in den Jahren 1742 bis 1747 jährlich eine Ausbeute von 40 bis 100 Gulden pro Kux verteilen, während der Ertrag von St.-Joseph zurückging. 1745 wurden neben diesen beiden Gruben noch „Neuglück“ und die „Güte Gottes“ im Wittichener Revier befahren.

Anscheinend hatte der unlautere Handel mit den Grubenanteilen nicht aufgehört, so dass sich die Landesregierung 1750 veranlasst sah, den Verkauf von Kuxen durch strenge Vorschriften zu regeln. Der Verkauf der Kuxe war fortan nur den vereidigten Vertrauensleuten gestattet. Wer unerlaubt mit Grubenanteilen handelte, sollte streng bestraft werden. In den Jahren zwischen 1750 und 1760 waren die Erträge der Gruben im Kinzigtäler Gebiet gering. Es gelang nicht, neue Bergbauinteressenten zu finden, so dass die Grubenverwaltungen in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. Bergmeister Mayer der Jüngere machte den zweifelhaften Vorschlag, die Schichtmeister und Bergleute zum Kauf von Kuxen zu veranlassen. Mit Einverständnis der fürstenbergischen Regierung wurden daraufhin die Grubenleiter und Bergknappen gezwungen, von ihrem geringen Lohn Grubenanteile zu kaufen. Wer sich weigerte, wurde fristlos entlassen. Mayers Plan, alle Einwohner des fürstenbergischen Territoriums zum Kauf von Grubenanteilen zu nötigen, um den darniederliegenden Bergbau zu finanzieren, stieß dagegen beim Landesherren auf Ablehnung.

In dieser misslichen Lage war es wieder die Grube Sophia, die mit frischen Silberanbrüchen den Gewerken noch einmal Mut machte. Weiteres reiches Silbervorkommen führte erneut zur Prägung eines „Ausbeutetalers“. Noch einmal war Fürst Joseph Wilhelm Ernst dargestellt. Die Rückseite der Münze trug jedoch diesmal das fürstenbergische Wappen. Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts lief die neu eröffnete Grube St. Wenzel im Fronbach den Wittichener Zechen den Rang ab. Die Förderung im Wittichener Revier ließ ständig nach. Da 1765 keine Gewinnanteile mehr ausgeschüttet wurden, verloren die Gewerken die Lust, weiterhin zuzuschießen. Außerdem waren de Anteile sehr aufgesplittert. Das Haus Doertenbach hatte nach und nach die meisten der in seinem Besitz befindlichen Kuxe verkauft.

Kobalt aus Spanien

Schon seit 1740 reichten die Vorkommen der Wittichener Gruben an Kobalterz nicht mehr aus, um den Bedarf des Blaufarbenwerkes zu decken, das immer noch einen beachtlichen Export zu verzeichnen hatte.

Deshalb schloss Moses Doertenbach mit der französischen Firma Boyer und L’empereur einen Liefervertrag. Dieses Unternehmen bezog seinerzeit den Kobalt aus Spanien. Anhand der im Stadtarchiv Calw vorhandenen Korrespondenz der Firma Doertenbach können wir den Weg des Kobalts verfolgen.

Das Kobalterz wurde in Säcken über die Pyrenäen befördert, von Toulouse aus auf dem Canal du Midi nach Lyon verschifft, von dort nach Straßburg gebracht, von wo aus es endlich nach Wittichen gelangte. Wittichener Bergleute wurden sogar von der Firma Doertenbach nach Plan in die Pyrenäen geschickt, um den dortigen Bergbau in Gang zu bringen. Im Jahr 1742 wollten die Holländer den alten Kontrakt nicht mehr erneuern, in dem sie sich zu einer Abnahme von 700 Fass Kobaltfarben jährlich verpflichtet hatten. Sie verlangten statt der bisherigen 4 Prozent jetzt 10 Prozent Rabatt und forderten bessere Farbqualität. Sie machten geltend, dass die kursächsischen Kobaltfarben wesentlich billiger angeboten würden. Die Mitgesellschafter der Farbmühle sahen sich gezwungen, trotz der ungünstigen Bestimmungen den Forderungen der Holländer nachzugeben, um den Absatz für die nächsten Jahre zu sichern, in einer Zeit, in der „alle negotien in ganz Europa so sehr danider ligen, zumalen da so vile Neue fabriquem in den Schmalten, als deren nie gewesen, entstanden“. So steht es im Gewerkentagsprotokoll von 1742 zu lesen.

Dem Witticher Farbwerk entstand in der 1750 von dem Gengenbacher Abt in Nordrach gegründeten Farbmühle eine unangenehme Konkurrenz. Ein Teil der Brennöfen des Wittichener Werkes wurde deshalb stillgelegt. Da seit 1753 die spanischen Kobaltlieferungen nachließen, mussten erneut andere Bezugsquellen erschlossen werden. Johann Jacob Doertenbach und Johann Georg Zahn, die seit 1744 das alleinige Geschäftsrisiko des Farbenhandels trugen, bezogen fortan böhmischen Kobalt aus Joachimsthal, obwohl dessen Qualität zu wünschen übrig ließ. Auch das Siegerland lieferte den wichtigen Rohstoff. Die beiden Direktoren scheuten sich nicht, trotz des langen Transportweges aus England zusätzlich Kobalt kommen zu lassen, um den Betrieb des Farbwerkes in Gang zu halten. Weitere Bezugsquellen waren Piemont und die Steiermark. Alle diese Maßnahmen konnten jedoch nicht verhindern, dass das Wittichener Farbwerk immer mehr Defizit aufwies. Bald verzeichneten die Rechnungsbücher 10.000 Gulden Schulden.

Niedergang und Ende des Witticher Bergbaues

1816 fielen die einst so berühmte „Sophia“ und die „Güte Gottes“ ins Freie. Nach sechsundsiebzig-jähriger ununterbrochener Tätigkeit musste der Abbau auf der „Sophia“ eingestellt werden. Nach den Angaben Vogelsangs konnten während der Betriebszeit von 1725 bis 1816 22.387 Mark Silber sowie 2.553 Zentner Kobalterz ausgebracht werden. Beides zusammen ergab einen Erlös von 555.663 Gulden. Schon diese Zahlen weisen die „Sophia“ als ertragreichste Grube im Wittichener Revier aus. Trotz der ungünstigen Verhältnisse gab das Haus Doertenbach den Bergbau nicht auf. Durch Anregung ihrer Teilhaber, des fürstenbergischen Bergrates Georgi, bildete sich 1826 der „Kinzigtäler Bergwerksverein“, der noch einmal sein Glück mit den alten Gruben versuchte.

Doch spielten die Gruben von Wittichen, die einst so ertragreich waren, keine Rolle mehr. Um eine breitere Kapitalgrundlage zu haben, vereinigte sich der „Kinzigtäler Bergwerksverein“ 1834 mit anderen Grubengesellschaften des Schwarzwaldes zum „Badischen Bergwerksverein“. Im mittleren Schwarzwald war aber nur der Grube St. Anton in Heubach Erfolg beschieden.

Im Jahr 1837 sah sich die Firma Doertenbach gezwungen, die alte Farbmühle in Wittichen zu verkaufen, die sie über mehr als hundert Jahre mit zum Teil recht beachtlichem Erfolg betrieben hatte. Die Erfindung und Produktion der neuen künstlichen Ultramarinfarben bedeuteten eine so starke Konkurrenz, dass sich die Herstellung von Blaufarben aus Kobalterz nicht mehr lohnte.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts zog sich die Familie Doertenbach ganz aus dem Bergbau zurück und verkaufte ihre Grubenrechte an die neu gegründete „Kinzigthal-Mining-Association“. Diese Aktiengesellschaft, an der vor allem englisches Kapital beteiligt war,  unternahm noch einmal verschiedene Schürfversuche im Kinzigtal. Unter anderem wurde die altehrwürdige „Sophia“ unter dem Namen „Wheal Capper“ aufgenommen. Als Nachlese wurden noch einmal 983 Pfund gediegenem Silber und 132 Zentner Kobalt gewonnen. Doch mussten die Arbeiten schon 1856 wieder eingestellt werden. Mit dem Auflassen der Grube „Sophia“ endet die Geschichte des Bergbaues im Gebiet von Wittichen. 1935 bis 1939 hat die Mineralogische Studiengesellschaft verschiedene Witticher Gruben aufgewältigt und die Abbauwürdigkeit der Erzgänge im Rahmen des Vierjahresplanes untersucht. In der St.-Georg-Grube am Burgfelsen bei Wittichen förderte man in diesem Zeitraum Manganerz. Mit dem Auflassen der Grube „Sophia“ endet die Geschichte des Bergbaus im Gebiet von Wittichen. 1935 bis 1939 hat die Mineralogische Studiengesellschaft verschiedene Wittichener Gruben aufgewältigt und die Abbauwürdigkeit der Erzgänge im Rahmen des Vierjahresplanes untersucht. Doch kam es nicht zu einem Abbau in größerem Maße. Nach dem zweiten Weltkrieg hat das Vorkommen von uranhaltigen Erzen auf den alten Halden Aufsehen erregt. Eingehende Untersuchungen wurden von Professor Kirchheimer vom Geologischen Landesamt durchgeführt.

Zum Abschluss soll das Urteil eines Bergbaufachmannes aus dem 19. Jahrhundert erwähnt werden, der davon spricht, dass das Obere Kinzigtal „durch seine unterirdischen Reichtümer ehemals den Ruf eines kleinen Peru in der großen bergmännischen Welt erworben“ habe. Man darf behaupten, dass die Wittichener Gruben zu diesem Ruhm in starkem Maße beigetragen haben.

Dieser Text wurde von Jürgen Rees für die Heimatchronik „Kaltbrunn / Wittichen einst und jetzt – aufgezeichnet.

Spuren heute

Heute sind noch Zeugen der alten Vergangenheit im KLOSTERMUSEUM WITTICHEN ausgestellt. Des Weiteren finden Liebhaber eine sehenswerte Mineraliensammlung in der Bergmannsstube im Gasthaus Martinshof in Kaltbrunn. In der Nähe der Klosterkirche Wittichen ist der Ausgangspunkt für den ca. 7 km langen GEOLOGISCHEN LEHRPFAD. Hier werden auf Schautafeln die verschiedenen Gesteinsformationen dargestellt und erläutert. In den dort vorhandenen 4 Abräumhalden können Liebhaber mit etwas Glück heute noch Mineralien finden.

Textquellen

Mit freundlicher Genehmigung. VIELEN DANK.

Bergbau in Suggental

Bergbau in Suggental

Über 700 Jahre Bergbaugeschichte
Historischer Zusammenhang

Über einen möglichen Beginn des Suggentaler Bergbaus in römischer Zeit besitzen wir nur indirekte Zeugnisse. Die am Mauracher Hof in Denzlingen in den Jahren 1972-1974 gefundenen Reste römischer Eisenverhüttungsöfen, Schlackenhalden und die dort vorliegenden Hinweise auf die Verhüttung bleihaltiger Erze machen es jedoch wahrscheinlich, dass die Römer die Lagerstätten im Suggental und im Glottertal bereits kannten.

Eisenerze wurden nachweislich um 400 n.Chr. am Einbollen zwischen Denzlingen und Suggental abgebaut. Der benachbarte hochmittelalterliche Glottertäler Bergbau läßt sich durch die Datierung von zahlreichen Schmelzplätzen und Keramikfunden auf Glottertäler und Denzlinger Gemarkung indirekt seit der Zeit um 1200 nachweisen. Nach der Erlaubnis durch den Grafen von Freiburg, Egino III, begann spätestens im Jahr 1284 ein Zusammenschluss aus Freiburger Bürgern mit dem Bau des Hangkanals vom Kandel bis hinab ins Suggental und zum Herzogenberg (heute Eichberg) im Glottertal. Geht man davon aus, dass mit dem Wasser des Kanals in erster Linie Wasserkünste, also Hebemaschinen für das in die Stollen eindringende Wasser, betrieben werden sollten, so war der Suggentaler Bergbau zu dieser Zeit schon tief unter die Erdoberfläche und damit auch unter das Niveau des Talbachs vorgedrungen. Dies weist darauf hin, dass der Bergbau auf die Suggentaler Erzgänge mindestens bereits seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts umgegangen ist. Um das frühe Ende der ertragreichsten Phase der Gruben ranken sich viele Geschichten, die schließlich zu der Sage vom versunkenen Tal ausgemalt wurden. Dass es eine große Naturkatastrophe gegeben hat, die den Bergbau schlagartig beendete, ist unbestritten. Da in den verschiedenen schriftlichen Quellen unterschiedliche Jahreszahlen herumgeistern, ist die Datierung dieses Ereignisses noch nicht zweifelsfrei gelungen. Nach dem jetzigen Kenntnisstand ereilte das Unglück die Silbergruben im Jahr 1288, als während eines Unwetters die Schächte und Stollen, wohl aber auch die Bergbausiedlung mit der Kirche überflutet wurden und dabei das Leben vieler Menschen auslöscht wurde.

Im benachbarten Glottertal konnte der Silbererzabbau für einige Zeit noch fortgesetzt werden. Noch im Jahr 1289 erkauften sich die Betreiber der Bergwerke für 300 kg Silber das Recht auf die Holznutzung im Mooswald bei Freiburg. Aber bereits 1297 wurden die Glottertäler Bergwerke auf einem Rachefeldzug gegen den Grafen von Freiburg, Egino, durch den elsässischen Landvogt Thiebald von Pfirt zerstört.

Ob im Suggental zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert ein erwähnenswerter Silberbergbau stattfand, entzieht sich unserer Kenntnis. Eisen wurde bis ins Jahr 1683 abgebaut und noch 1566 eine Schmelzhütte errichtet, die dann später nach Simonswald und schließlich Kollnau verlegt wurde.

Im 14. Jahrhundert hatte das Haus Habsburg die Herrschaft im Breisgau und großen Teilen des Schwarzwaldes angetreten. Schließlich wurde für die österreichischen Vorlande in Freiburg 1783 eine „K.K. Kammer in Münz- und Bergwesen“ eingerichtet. Mehrfach kamen nach und nach Bergbausachverständige in den Schwarzwald, um die alten Gruben zu untersuchen. So bereiste auch der K.K. Bergdirektoratsrat Joseph Wenzel Freiherr von Vernier die Region und berichtete über das Bergwesen und einzelne Gruben. Bergrat Hermann von Carato war seit 1784 Bergrichter in Freiburg und untersuchte die ihm bekannten auflässigen und die 19 in Abbau stehenden Gruben in seinem Amtsbezirk. Beide besuchten auch das Suggental und so erfahren wir, dass der Suggentaler Silberbergbau ab 1776 wieder Lebenszeichen von sich gab. Ein großer Erfolg sollte ihm jedoch nicht beschieden sein, es gab in diesen Zeiten einfach zu viele zwielichtige Geschäftemacher und selbsternannte Fachleute. Auch waren die Kenntnisse des Bergwesens und der lokalen Gegebenheiten verloren gegangen. So berichtet Vernier 1781 über den Lehnsinhaber und Steiger Ortlieb: „Er kann nicht lesen, nicht rechnen, nicht schreiben und kennt kaum den Kompass und immer fortfährt, die Gewerken zu betrügen.“ Einen weiteren Kontrollgang machte im Jahre 1786 Carato. Auch er war nicht sehr begeistert von dem, was er dort hinsichtlich der aktuellen Abbaubemühungen vorfand. Leider folgten die Bergleute den Empfehlungen der Bergräte nicht und der Abbau musste im Jahr 1789 wegen Erfolglosigkeit und Geldmangel eingestellt werden.

Erst ein Jahrhundert später meldeten Bergbaugesellschaften wieder ihr Interesse an den Suggentaler Bergwerken an. Mit Ausnahme einiger Abbauversuche auf Schwerspat kam es jedoch zu keiner nennenswerten Förderung mehr. Seit 1938 ruht der Abbau und die Stollen und Schächte verfielen und gerieten in den desolaten Zustand, wie ihn die Bergbauforschungsgruppe im Jahr 1986 vorfand.

Die Geologie der Erzlagerstätte Suggental
Das regionalgeologische Umfeld
Das Suggental lässt sich in das Grundgebirge des Scharzwaldes, die sogenannte Zentralschwarzwälder Gneismasse, einordnen. Nach der amtlichen geologischen Karte des Gebietes (GK 25 / Blatt 7913 Freiburg Nordost) bildet ein heller, z. T. Hornblende führender, Paragneis das Nebengestein des Suggentales. In diesen eingeschaltet findet sich in W-E Richtung eine Einheit von Hornblende führendem Orthogneis. Eine Grenze zwischen beiden Einheiten verläuft laut GK 25 auch im Bereich der „Grube Erich“. Diese konnte jedoch im Rahmen der Kartierung nicht bestätigt werden. Beide Gesteine sind in einer Zone, die parallel zum Talgrund des Suggentales verläuft, in der Vergangenheit starker bruchhafter Verformung ausgesetzt gewesen.
Strukturgeologie/Tektonik

Strukturgeologisch betrachtet liegt das Suggental auf einer als Kandel-Scholle bezeichneten Großstruktur. Diese wird im Nordwesten von der Elztalstörung und im Norden von der Simonswälder Störung begrenzt. Die Simonswälder Störung kann mittlerweile auf Basis der Nachuntersuchungen des Waldkirch-Erdbebens aus dem Jahre 2004 als gesichert angesehen werden. Die Simonswälder Störung geht in die jungpaläozoische Störungszone von Zinken-Elme über. Im Süden wird die Kandel-Scholle durch einen Abbruch zur 500 m tiefer liegenden Fläche von St. Peter begrenzt. Groschopf et al. (1996) vermuten, dass die Kandelscholle auf ihrer Südseite von einer Störung begrenzt ist, die etwa in NW-SE-Richtung durch das obere Glottertal in das Suggental reicht. Diese Störung wird als diejenige erachtet, die den Hauptteil des Vertikalversatzes während der Hebung der Kandelscholle infolge der Hebung der Grabenschultern des Oberrheingrabens kompensiert. Es kann als gesichert angesehen werden, dass eben diese die Hauptstörung im Suggental darstellt, die durch die Grube untertage aufgeschlossen ist und im Rahmen der Forschungsarbeiten im Tal untersucht wurde und weiter wird. Das Erdbeben der Magnitude 5,4 auf der Richterskala, das sich am 04.12.2004 unterhalb des Kandelmassives ereignete, zeigt, dass die Umgebung des Suggentales auch heute noch geologisch sehr aktiv ist.

Ergebnisse der geologischen Forschungsarbeiten

Eine Oberflächenkartierung ist auf Grund schlechter Aufschlussverhältnisse im Tal wenig sinnvoll. Daher wurde das Augenmerk verstärkt auf die Stollenkartierung gelegt, die zudem optimale Aufschlussverhältnisse für den Erzgang darstellen. Auf der geologischen Karte des Silberbergwerk Suggentals sind alle bis dato verfügbaren Kartierergebnisse zusammengestellt. Auf Grund des weitergeführten Vortriebs wird auch diese Datenlage wachsen. Es ist zu erkennen, dass der St. Josephi-Stollen zum größten Teil im Erzgang aufgefahren wurde. Nur im Bereich des Mundloches, in einem Querschlag und am ein oder anderen Stoss steht Orthogneis an. St. Anna-Stollen und Matze-Stollen wurden senkrecht zum Erzgang aufgefahren und geben so einen gute Querschnitt über die Verhältnisse der Bereiche parallel zum Erzgang wieder. Diese Stollen durchfahren zudem teils dezimeter- bis metermächtige Ruschelzonen.

Die Darstellung der im Suggental gemessenen Strukturdaten für Störungen, Salband des Erzganges und Quarzgängen zeigt eine deutliche Vorzugsrichtung im Streichen um 130°. Alle Strukturen, mit Ausnahme der Quarzgänge, fallen mit ca. 80° nach Südwesten ein. Die Quarzgänge fallen, genau um 90° gedreht, nach NE ein. Diese auffallende Ähnlichkeit der Strukturen in ihrer Raumlage erlaubt den Schluss, dass sie miteinander genetisch verknüpft sind, es sich im Suggental also um eine störungskontrollierte Vererzung handelt. Es handelt sich bei allen Störungen, auf denen Bewegungsindikatoren gemessen wurden, um schräge Abschiebungen. Dabei ist ein Trend in Richtung dextraler, also rechtsseitiger Schrägabschiebung erkennbar. Die Bildung der Störungen wird dominiert durch eine vertikale Komponente, die sich in Abschiebungen darstellt, und durch eine horizontale Komponente, die eine Schrägheit der Abschiebungen bewirkt.

Kartierung der Grube

Bleiglanz Anschliff

Mineralisation

Die Erzlagerstätte Suggental ist eine hydrothermale Ganglagerstätte. Heiße, hoch mineralisierte Tiefenwässer, die entlang von Wegbarkeiten wie Störungen oder Klüften im Gestein aufstiegen, lagerten mit geringer werdender Tiefe verschiedene Minerale an den Wänden der aufgerissenen Störungen ab. Mineralogisch lässt sich der St. Josephi-Gang als Quarz-Schwerspat-Sulfiderz-Gang zusammenfassen. Schwerspat stellt den weitaus überwiegenden Anteil der Vererzung dar. In diesen eingesprengt finden sich verschiedenste Sulfiderze wie Bleiglanz und Fahlerz, die als Silberträger im Mittelalter das Hauptziel des Silberbergbaues waren. Weiterhin findet sich Eisensulfide wie Pyrit, Markasit und Kupferkies (Chalcopyrit) in nennenswerter Konzentration. Kupferkies wurde früher auch zur Gewinnung von Kupfer abgebaut. Weiterhin wurde eine Vielzahl anderer Minerale identifiziert.

 

Für das Sugggental können anhand von Proben aus dem Erzgang, Dünnschliffen und dem Erzgang selbst fünf Kataklase-Phasen nachgewiesen werden, die von vier Mineralisationsphasen gefolgt werden. Mineralisationsphasen 1 und 2 zeichnen sich durch starke Silizifizierung und Abscheidung von Hämatit, zusammen mit weiteren Sulfiden wie Pyrit, Markasit, Chalcopyrit, Tetrahedrit und Galenit aus. Phase 3 ist durch große Mengen an Barit, oder auch Schwerspat genannt, charakterisiert. Auch diese Phase wird von Sulfiden, vor allem Bleiglanz, begleitet. In der letzten Phase (Mineralisationsphase 4) wird der Erzgang durch Wasser und Sauerstoff oxidiert. Dies führt zur Bildung zahlreicher Sekundärminerale. Diese liegen allerdings allesamt nur in mikroskopischer Größe vor.

Einschlussuntersuchungen in der Diplomarbeit von Seeburger (2009) ergab ein heterogenes Ausgangsfluid. Die Hauptgangminerale Barit und Quarz wurden bei Temperaturen unter 200°C aus einer hochsalinaren CaCl2-H2O-Lösung ausgefällt.

Anschliff mit zerschertem Pyrit

Markasit

Bergbauspuren im Suggental

Bergbau im Suggental – für einen Ortsunkundigen ist es schwer vorstellbar, dass in diesem am Schwarzwaldrand gelegenen Idyll einst Montanindustrie betrieben wurde. Auf den ersten Blick weist ja auch recht wenig auf die alte, eng mit der Geschichte des Tals verbundene Bergbautradition hin: Land- und Forstwirtschaft und die Natur haben sich größtenteils zurückerobert, was der Bergbau in jahrhunderte langer Abbautätigkeit formte und veränderte. So schrieb der Waldkircher Chronist und Rechtsanwalt Dr. Willi Thoma anlässlich einer Wanderung durch das Suggental im Jahre 1974: „Dreht man sich (am Vogelsanghof) um, schaut man in eines der schönsten Schwarzwaldtälchen, gewissermaßen in eine Mantelfalte Gottes eingehüllt.“

Erst wenn man mit offenen Augen durch das Gelände streift, erkennt man nahezu in jedem der malerischen Winkel Spuren der intensiv betriebenen Ausbeutung der Suggentaler Erzgänge im Hochmittelalter und der frühen Neuzeit. Verfallene und längst vergessene Hinterlassenschaften wie Stollenmundlücher, Schurfpingen, Abraumhalden, Schächte und Abbauspalten, Schmiede- und Schmelzplätze, sowie andere dem Bergbau dienliche Gebäude und Überbleibsel, zeugen von einem der ehemals reichsten Reviere des Breisgau. Allein 92 Stollen, Schächte und Schürfe sollen einmal vorhanden gewesen sein. Vom Vogelsanghofbauern ist dazu der kennzeichnende Satz überliefert: „Kein Hamberle dät hier mehr schlofe, wenn er wißt, wie hohl der Berg isch, auf dem der Hof stoht.“ Die Grabenhofbäuerin soll einmal in einem sich hinter dem Traktor ihres Mannes auftuenden Loch verschwunden sein, und noch im Jahr 2004 brach die Teerstraße unterhalb des Duggenhauerhofs ein.

Textquelle

Mit freundlicher Genehmigung. VIELEN DANK.

Bergbaurevier Wieden mit den Flussspat-Schwerspat-Gruben Finstergrund, Anton und Tannenboden

Bergbaurevier Wieden mit den Flussspat-Schwerspat-Gruben Finstergrund, Anton und Tannenboden

INHALT

Einführung

Beschaffenheit und Inhalt der Mineralgänge bei Wieden

Raumlage und Nebengesteine

Mineralisationsabfolge am Beispiel des Finstergrund-Ganges

Kurzfassung für die geologische Entwicklung des Finstergrund-Gang und seiner Rahmengesteine

Verwendete und weiterführende Schriften

Von Dr. Wolfgang Werner, Ebringen

In einem der landschaftlich schönsten Gebiete des Schwarzwalds liegt das Bergbaurevier Wieden-Todtnau (Abb. 1), das durch eine große Zahl überwiegend Nord–Süd verlaufender, oft Kilometer langer, Fluorit und Baryt reicher Mineralgänge gekennzeichnet ist. Für den modernen Spatbergbau waren vor allem die Gänge Anton, Tannen­boden und Finstergrund sowie Brandenberg und Fahl von Bedeutung. Neben den genannten Gruben gab es im 19./20. Jh. weitere 15 zeitweise betriebene Bergwerke oder Untersuchungsgruben.

Abb. 1 (a): Die Landschaft im Bergbaurevier Wieden-Todtnau ist durch zahlreiche Täler und bis über 1200 m NN reichende markante Höhenzüge sowie den lebhaften Wechsel von Wäldern und Weiden gekennzeichnet, in die kleine Ortschaften eingestreut sind. Blick in südliche Richtung vom Wiedener Eck (+ 1035 m NN) auf die Ortschaft Wieden. Im Bildhintergrund, vor der fast geschlossenen Waldfläche, das Ost–West-verlaufende Finstergrundtal. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 1 (b): Blick vom Todtnauer Wasserfall (Fallkante: + 935 m NN) Richtung oberes Wiesental. (Foto: Wolfgang Werner)

Fluss- und Schwerspat sind nicht nur ästhetisch schön, sie sind in unserer Gesellschaft für zahlreiche industrielle Einsatzbereiche auch unverzichtbar. Die Gänge im Revier Wieden–Todtnau sind zur Tiefe hin noch nicht untersucht worden; die Alten beendeten ihre Such- und Abbauarbeiten mit Erreichen des Grundwasserspiegels. Wie andernorts im Schwarzwald – aktuell bei Pforzheim – könnten auch bei Wieden eines Tages wieder Fluss- und Schwerspat abgebaut werden.

In einem der größten Bergwerke dieses Gebiets, dem seit 1982 für Besucher zugänglich gemachten Flussspat-Bergwerk Finstergrund, können die Vielgestaltigkeit und Schönheit der Mineralgänge (Abb. 3) sowie der historische Spatbergbau in besonders eindrücklicher Weise „erlebt“ und erläutert werden. Aufgrund der guten und in vielen Bereichen leichten und sicheren Zugänglichkeit fanden in den letzten Jahren auf dem Finstergrund geowissenschaftliche Untersuchungen statt, die weiteren Einblick in ein spannendes Kapitel der Schwarzwald-Geologie geben; aus mehreren Bergwerken in unmittelbarer Nähe (Tannenboden, Anton, Grube Auf den Halden usw.) liegen ergänzende Daten und Gesteinsproben vor.

Rund 400.000 Besucher aus ganz Deutschland und den Nachbarländern konnten das Bergwerk Finstergrund bislang besuchen. Mit der im Schwarzwald einzigen Grubenbahn wurden und werden alle Gäste sicher in und aus dem Berg befördert (Abb. 2). Somit ist der Finstergrund bei Wieden ein Besuchermagnet im Biosphärengebiet Schwarzwald

Abb. 2: Charakteristikum und Alleinstellungsmerkmal des Besucherbergwerks Finstergrund: Mit der elektrischen Grubenbahn werden die Besucher über den alten Hauptförderstollen (Stollen 5) sicher in den Besucherrundgang befördert. (Fotos: Wolfgang Werner).

Abb. 3: Beeindruckend nicht für Geowissenschaftler und Mineraliensammler: Unter Tage eröffnet sich dem Besucher die vielgestaltige Welt der auf den Hydrothermalgängen auskristallisierten Minerale. Im Bild ein typisches Gangstück aus dem Werner IV-Gang im Besucherbergwerl Finstergrund, bestehend aus vielfarbigem Fluorit, weißem, strahligem Baryt und Erzen von Blei, Zink und Kupfer (kleine, schwarze Kristalle). Bildbreite entspricht 10 cm. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 4: Freunden schöner Minerale sind die Fluss- und Schwerspatgänge bei Wieden bestens bekannt. In den häufigen, oft großen Drusen konnten zahlreiche verschiedene Kristalle frei, d. h. ohne Behinderung durch andere Minerale wachsen. Das Beispiel zeigt durchscheinende Cerussitkristalle neben hellgelben Fluoritwürfeln aus der Grube Tannenboden (Foto: Hansjörg Becherer).

Abb. 5: Blick in eine Förderstrecke der Grube Tannenboden mit den Türstöcken und Erzrollen aus der letzten Bergbauphase in den 1960er Jahren. Eine Zielsetzung des Bergmannsvereins Wieden ist, diese Industriedenkmäler zu erhalten und zu dokumentieren, wo immer dies noch möglich ist. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 6: Typisches geometrisches Verhältnis zwischen Gneisfoliation und Mineralgängen in der Grube Finstergrund. Stehen beide senkrecht aufeinander, kann sich die Störung zur Spalte öffnen; verlaufen beide etwa parallel, so gleitet die Foliation entlang der Störung, ohne sich zu öffnen.

Beschaffenheit und Inhalt der Mineralgänge bei Wieden

Die Mineralgänge im Revier Wieden–Todtnau bestehen vor allem aus Flussspat, Schwerspat und Quarz. Weil die beiden erstgenannten Minerale heute von großem industriellem Wert sind, richtet sich das Augenmerk seit dem 19. Jh. verstärkt auf sie. Partienweise war z. B. auf dem Anton-Gang – der wirtschaftlich wichtigsten Struktur – Zinkblende so häufig, dass sie mitgewonnen und sogar eine extra Flotationsstufe in der Aufbereitung in Utzenfeld eingerichtet wurde; hierbei handelt es sich also um einen erzführenden Fluss- und Schwerspatgang. Die Gänge im Wieden-Todtnauer Revier sind denen in Münster- und Muldental ähnlich, enthalten aber geringere Mengen an Metallerzen. Wie dort können drei Haupt­phasen der hydrothermalen Mineralisation unter­schieden werden (v. Gehlen 1955).

Abb. 7: Ausschnitt aus dem Werner IV-Gang im Besucherrundgang der Grube Finstergrund mit typischen Merkmalen der Wiedener Mineralgänge: Verschiedenfarbige Fluorite der Generationen I und II mit Nebengesteins­bruchstücken, jüngerer weißer Baryt (Bildmitte und links davon) sowie erzführender Milchquarz, der Fluorit I verdrängt (rechts im Bild). Die mesozoische Gangmineralisation mit Fluorit I (rechts und linker Bildrand) ist gebändert. „Unruhe“ kommt durch die tertiärzeitliche Überprägung rein. Bildbreite entspricht ca. 40 cm. (Foto: Wolfgang Werner)

Raumlage und Nebengesteine

Die Mineralgänge streichen überwiegend subparallel zum Oberrheingraben, obwohl sie älter sind als dieser. Dies deutet daraufhin, dass schon sehr viel früher angelegte tektonische Störungen mit N–S bzw. NNE–SSW-Richtungen existierten, entlang derer sich die Mineralgangspalten öffnen konnten. Auch für den im Tertiär eingebrochenen ORG geht man von alten tektonischen Vorzeichnungen im Grundgebirge aus (Illies 1965, Hüttner 1991) eingebrochen ist. Im Zentral- und im Nordschwarzwald finden wir viele Belege, dass junge Gangzüge mit dem genannten Verlauf auf permisch–unterkarbonisch (d. h. vor ca. 300–290 Millionen Jahren) angelegten Störungen durch tektonische Reaktivierung entstanden sind (Werner & Franzke 1994, 2001; Werner et al. 2002).

Die Nord–Süd-Richtung tektonischer Bruchstrukturen im Südschwarzwald ist also altangelegt; ihr folgen die mesozoischen Mineralgänge und der tertiärzeitliche Oberrheingraben gleichermaßen, was belegt dass diese alten Bruchstrukturen im kristallinen Grundgebirge immer wieder tektonisch reaktiviert wurden.

Abb. 8: Übersichtskarte für das Gebiet Wieden–Utzenfeld–Todtnau mit Darstellung des Verlaufs der Fluss- und Schwerspatgänge, unterschieden nach bekannten und vermuteten Gangabschnitten. Die Tortendiagramme geben die damals bekannten Vorratsmengen in den Gruben Tannenboden, Anton und Finstergrund an (in 100.000 t). Anlagenkarte aus dem Gutachten der Metallgesellschaft von 1965.

Abb. 9: Die Geometrie der Gangstrukturen mesozoischen und tertiären Alters am Beispiel des Finstergrund-Ganges und der Gänge bei Sulzburg im Vergleich. Der Finstergrund-Gang zieht mit leichtem Bogen, sonst aber geradlinig durch das Gneisgebirge. Die kurzen, nach rechts ablaufenden Trümer sind tertiären Alters (blauer Fluorit II, Baryt). (Graphik LGRB, aus: Werner & Dennert 2004)

Die Mineralgänge bei Wieden stehen senkrecht oder fallen bis 70° in östliche oder westliche Richtungen ein. Auffallend ist auch, dass sie sich meist über mehrere Kilometer Erstreckung verfolgen lassen (Abb. 8), was sie deutlich von den jungen, tertiärzeitlichen nahe des Grabenrandes (Badenweiler, Sulzburg, Schauinsland, Suggental, Freiamt-Sexau) unterscheidet. Dort lassen sich die mineralisierten Gangzonen zwar auch über längere Erstreckung verfolgen, bestehen aber stets aus vielen, oft auffiedernden Einzelgängen kurzer Erstreckung.

Die Mächtigkeit der Gänge variiert zwischen wenigen Dezimetern und vier Metern. Für den Antongang ging man anhand der 1959 zugänglichen Untertageaufschlüsse von einer durchschnittlichen Mächtigkeit von etwa 1,1 m aus; in Ausnahmefällen soll dieser auch 6 m Breite erreicht haben (Zeschke 1959). Auf dem Nordteil der Finstergrund-Gangstruktur, dem Werner IV genannten Abschnitt, schwankt die Gangmächtigkeit auf einer Aufschlusslänge von 250 m zwischen 0,1 und 3,8 m, durchschnittlich liegt sie bei etwa 1,2–1,5 m. Hauptgrund für rasche Mächtigkeitsänderungen im Finstergrund-Gang sind die Nebengesteins­eigenschaften, seltener junge Störungen, welche die Gänge „abschneiden“. Kompakte Gneise boten die besten Öffnungsmöglichkeiten zur Spalte, tonreiche, tektonisch zerruschelte Abschnitte hingegen konnten trotz hoher Kompression aus südlicher Richtung nicht ausreichend weit geöffnet werden.

Meist vertauben die Gänge an diesen Ruscheln sogar völlig, um dahinter wieder einzusetzen. Nach den Bergbauakten betrug in der Grube Tannenboden die durchschnittliche Gangmächtigkeit 1,7 m (min. 0,7 m, max. 2,7 m), wobei die bauwürdigen Mittel 30–80 m lang waren. Auch dort werden sie von mehrere Zehnermeter langen Abschnitten mit stark gestörtem und tonig alteriertem Gneisgebirge getrennt, durch welches nur einige cm bis dm breite Gängchen hindurchziehen.

Die durchschnittliche Mächtigkeit der Flussspatmittel der Wiedener Gänge dürfte etwa bei 0,9 m liegen (Metallgesellschaft 1965). Nach Mitteilung alter Wiedener Bergleute war eine reine Flussspatmächtigkeit von 20 cm bereits bauwürdig. Im Gutachten von Zeschke (1959) ist von 30 cm die Rede, in dem der Metallgesellschaft (1965: 8) werden 40 cm bei einem Flussspatanteil von mindestens 36 % genannt. Die Autoren dieser Studie betonen, dass als Bauwürdigkeitsgrenze „früher 0,6 bis 0,7 m bei einer Abbaubreite von 1,2 m angenommen“ wurde. Durch die verbesserte Aufbereitungstechnik ab den 1960er Jahren konnte diese Grenze erheblich abgesenkt werden. Wirtschaftlich interessant waren und sind vielleicht auch künftig wieder diese Gänge vor allem wegen ihres hohen Gehaltes an grobkörnigem Fluorit und Baryt, ihrer großen lateralen und (und wahrscheinlich auch) vertikalen Ausdehnung und der Tatsache, dass mehrere parallel verlaufende Gänge durch eine Grube erschlossen und genutzt werden können. Die grobkörnige Verwachsung ist günstig für die technische Aufbereitung.

Fluorit ist in den Wiedener Gruben fast immer grobspätig, klar bis hellgrau, auch hellgrünlich-grau, kräftig blau bis violettblau (Fluorit II), z.T. rosa oder gelblich und stets durch­scheinend (Abb. 3 und 7). Baryt ist meist reinweiß und grobblättrig, im Einflussbereich der Tageswässer ist er öfter durch Limonit bräunlich gefärbt. Karbonate wie Dolomit, Ankerit und Calcit sind mengenmäßig selten, treten aber besonders in den letzten Generationen häufig auf.

Verdrängung durch Quarz: Fluorit I wurde auf vielen Gangteilen von Quarz II verdrängt. Meist handelt es sich um dünne Quarz­gängchen, die eng geschart und parallel zum Salband den Fluori­tgang durchziehen, oder um grobkristallinen, drusenreichen Quarz, der Nester von Sulfiden und Schollen von älterem Fluorit und Neben­gesteinsbruchstücke enthält. Aus den Gruben Finstergrund und Brandenberg ist bekannt, dass mit zunehmender Tiefe der Quarzgehalt auf den damals aufgeschlossenen Gangstrukturen zunahm, was auf eine postfluoritische Verkie­selung zurückzuführen ist. Besonders Fluorit I wurde auf vielen Gangteilen von Quarz II verdrängt. Im Werner IV-Gang beträgt das Verhältnis von Quarz zu Fluorit etwa 1 : 1. Der lokal hohe Gehalt an Quarz bedingte oftmals, dass die Gänge trotz ausreichender Mächtigkeit unbauwürdig wurden.

An Erzmineralen treten auf den Hydrothermalgängen feinkörniger und derber Blei­glanz, Zinkblende, Pyrit, Markasit, gelegentlich Magnetkies, Kupferkies und Arsenkies, selten gediegen Arsen und Ferberit auf. Die Erze sind vor allem im Fluorit, im Antongang auch im Baryt, sonst oft am Salband der Gänge in Milchquarz zu finden. Auf dem Werner IV-Gang treten Nester von derbem Kupferkies mit Quarz II in Nebengesteinsbrekzien am Rand des Ganges auf.

Der durchschnittliche Zinkblende- und Bleiglanzgehalt der Spatgänge bei Wieden wird auf ca. 3 % geschätzt. Das nach Flotation erzielte Erzkonzentrat enthielt z. B. im Jahr 1964 zwischen 17 und 20 % Zink sowie 25–36 % Blei (Metallgesellschaft 1965). Derbe Bleiglanz-Zinkblende-Erze vom Tannenbodengang wiesen nach Bestimmungen des Geologischen Landesamtes mit 0,16–0,26 relativ hohe Silbergehalte auf (Analyse v. 1965). Das Silber dürfte in erster Linie an den Bleiglanz gebunden sein. Aus den derben Erzen dürften die in Drusen frei wachsenden Minerale Proustit, Stephanit und das meist in Lockenform wachsende gediegene Silber ihre Metalle bezogen haben (Abb. 10 und 11).

Abb. 10: Bleiglanz in Fluorit I, Werner-IV-Gang; begleitet wird er meist von feinkörnigem Pyrit, der z. T. in Limonit umgewandelt ist. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 11: Gediegen Silber auf Baryt, Tannenboden-Gang (Foto: Hansjörg Becherer)

Gehalte im Fördergut und in Explorationsanalysen: Das Grubenhaufwerk aus dem Tannenbodengang enthielt rund 60 % Fluorit, 30 % Baryt und 10 % Quarz, das vom Antongang 85–90 % Fluorit, 5–10 Quarz und 1–3 % Baryt, und das Haufwerk der Grube Finstergrund wies 50–60 % Fluorit, 25–30 % Quarz und 1–2 % Baryt auf (LGRB-Akten). Auf dem ganz im Westen des Reviers gelegenen Gang an der Eisenbläue (vgl. Abb. 8) traf eine 50 m lange Erkundungstrecke einen Gang mit durchschnittlich 65 % CaF2, 25 % SiO2 und 10 % BaSO4 an. Das Haldenmaterial der Grube Spitzdobel NE von Wieden enthielt 40–60 Fluorit, 20­–35 % Schwerspat, 10–25 % Quarz und Beimengungen von Bleiglanz und Kupferkies.

Mineralisationsabfolge am Beispiel des Finstergrund-Ganges

Vor Einrichtung von Geopunkten und der besseren Ausleuchtung der Gangaufschlüsse wurden im Jahr 2015 große Teile des Besucherrundgangs zeitaufwändig mit Hochdruckwasserstrahl von aus der Bergbauzeit stammenden Staub- und Schlamm-Belägen gereinigt. Zuvor (2014) wurden auf Anraten des Autors auch auf dem Schindler-Gang der Grube Teufelsgrund entsprechende zeitintensive Reinigungsmaßnahmen durchgeführt (v. Gehlen hatte 1952 bereits darauf hingewiesen, dass die Gänge bei Wieden und in der Grube Teufelsgrund im Münstertal sehr ähnliche Entwicklung und Mineralinhalt zeigen). Die mehrphasigen, oft verwirrenden Strukturen in den Mineralgängen lassen sich nun sehr viel besser hinsichtlich der Relativzeitlichkeit deuten. Auf beiden Gängen, dem Werner IV-Gang der Finstergrund-Gang-Struktur und dem Schindler-Gang, lässt sich folgender Ablauf der Mineralisation rekonstruieren:

Phase 1

Verkieselung bzw. Verquarzung der etwa senkrecht zur Gangstruktur streichenden Paragneise und Bildung von hellgrauem Hornsteinquarz; auf der Grube Caroline bei Sexau konnte derartiger Hornsteinquarz anhand von eingeschlossenem Hämatitquarz mittels U/He-Datierung auf 297 Mio. Jahre bestimmt werden (Mankopf & Lippolt 1997, Werner & Dennert 2004). Gleiche Altersstellung haben die Quarz-Hämatit-Gänge im Sulzbachtal.

Phase 2

Fluorit I und Baryt I: Die eigentliche Gangmineralisation begann mit einer, allerdings unterschiedlich starken Nebenge­steins­brekziierung und -verkie­se­lung; oft sind die Gneise nur schwach verkieselt und vergrünt (Chloritbildung aus metamorphem Biotit). Fein von Pyrit durchstäubte, daher oft fast schwarze Quarzschnüre durchziehen das verkieselte Gestein. Diese Verkieselung könnte Teil der spätvariszische Hornsteinbildung sein oder auch die Vorphasensilifizierung zu Beginn der Fluoritmineralisation I darstellen. Altershinweise liegen bislang nicht vor.

Weitverbreitet auf dem Finstergrund-/Werner VI-Gang sind tonige Bleichungszonen am Rand der Mineralgänge, die aus Montmorillonit, Kaolinit und Illit bestehen (Abb. 12). Sie begleiten die Gänge über weite Strecken und die eingeschlossenen Gneis-Scheiben fast überall in Form heller randlicher Bänder. An Ihnen gelang eine Altersdatierung am Mineral Illit, welche belegt, dass die Bildung der Bleichungszonen am Rand des Hydrothermalganges in die Zeit zwischen Oberjura und Unterkreide erfolgte.

Abb. 12 (a): Phase 2 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang: Fluorit I mit randlicher toniger Bleichung des Gneises. Die dabei neu gebildeten Illite ermöglichten eine radiometrische Altersdatierung dieses hydrothermalen Ereignisses. Im linken Bilddrittel ist ein verkieselter und von dunklen Quarz-Pyrit-Schnüren durchzogener Gneis zu erkennen. Rechts: Eine längliche Scheibe von Gneis im Mineralgang zeigt ebenfalls deutliche hydrothermale Bleichung. (Foto: Wolfgang Werner)

Abb. 12 (b): Phase 2 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang. Eine längliche Scheibe von Gneis im Mineralgang zeigt ebenfalls deutliche hydrothermale Bleichung. (Foto: Wolfgang Werner)

Danach wurde weißlicher, grauer, z. T. schwach rosafarbener Fluorit I abgeschieden. Auf dem Anton- und Tannenboden-Gängen erfolgte gleichzeitig die Abscheidung von Baryt (Abb. 13). Auf dem Finstergrund-Gang tritt Baryt I im Südteil auf.

Phase 3 bis Phase 6

Die Abbildungen 14 bis 17 dokumentieren den weiteren Mineralisationsablauf.

Abb. 17 (a): Phase 6 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang: In zahlreichen geöffneten Gangabschnitten entstehen Drusenmineralisationen von Fluorit, Baryt und Karbonaten wie Calcit und Dolomit, andernorts auch von Bergkristallquarz. Sie lassen sich der jungen tertiärzeitlichen Grabentektonik zuordnen.

Abb. 17 (b): Phase 6 der hydrothermalen Mineralisation auf dem Finstergrund-Gang: In zahlreichen geöffneten Gangabschnitten entstehen Drusenmineralisationen von Fluorit, Baryt und Karbonaten wie Calcit und Dolomit, andernorts auch von Bergkristallquarz. Sie lassen sich der jungen tertiärzeitlichen Grabentektonik zuordnen.

Kurzfassung für die geologische Entwicklung des Finstergrund-Gang und seiner Rahmengesteine (Ma = Millionen Jahre)

    600 – 500 Ma

    600 – 500 Ma

    Sedimentation der Ausgangsgesteine der Gneise

    Oberproterozoikum – Unterpalä­ozoikum

    (nach Acritarchen, planktonische Mikroorganismen)

    335 – 330 Ma

    335 – 330 Ma

    Paragneise Raum Wieden-Todtnau

    Niederdruck-Hochtemperatur-Metamorphose mit Entstehung der Migmatite und der Gneisfoliation

    Unterkarbon: Ganggranite, Granitporphyrin­trusionen, Münstertal-Quarzporphyr-Decke + Deckenüberschiebungen im Visé

    296 Ma

    296 Ma

    Quarzporphyrgänge (Datierung an Zirkonen, Grube Teufelsgrund) und begleitende Quarzgänge, oft mit Hämatit

    253 – 207 Ma

    253 – 207 Ma

    Heraushebung des Grundgebirges

    Trias: Bildung der meist E–W streichenden Mikro­kataklasite („Ruscheln“)

    (Illit-Datierung, Finstergrund und Teufelsgrund)

    180 – 130 Ma

    180 – 130 Ma

    Gangmineralisation (Flussspat, Baryt, Quarz, Erze)

    Mittel-/Oberjura bis Kreide: K/Ar-Datierung an Illiten im Gang, Hydrothermen mit Temperaturen um 200° C

    nach 65 Ma

    nach 65 Ma

    Entwicklung zum Oberrheingraben

    Tertiär: stärkste Hebungsphase der Alpen – Beginn des Kaiserstuhlvulkanismus; umfangreiche Bruchtektonik im Grundgebirge

    30 – 10 Ma

    30 – 10 Ma

    Nachbewegungen auf dem Finstergrund-Gang

    Ter­tiär: strike-slip, Drusen­bildung mit Quarz, Fluorit und Calcit

    Hinweis: Eine Gesamtdarstellung von Geologie, Mineralogie, Bergbaugeschichte und -technik sowie des Besucherbergwerks Finstergrund bei Wieden ist im Band 2020 (Themenhaft Wieden) der Zeitschrift DER ERZGRÄBER zu finden (176 S., 238 Abb.).

    Verwendete und weiterführende Schriften

    Franzke, H. J. & Werner, W. (1994): Wie beeinflußte die Tektonik des Kristallins und des Rheingra­bens die hydrothermale Mineralisation der Gangstrukturen des Schwarzwalds? – Abh. geol. Landes­amt Baden‑Württ., 14: 99–118, 10 Abb.; Freiburg i. Br.

    Gehlen, K. v. (1955): Gesteine und Blei‑Zink‑führende Flußspatgänge zwischen Feldberg und Bel­chen. Teil II: Die Flußspatgänge von Wieden und ihre tektonische Stellung. –  N. Jb. Miner., Abh., 88: 15–54, 18 Abb., 9 Tab.; Stuttgart.

    LGRB – Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (Hrsg.) (2006): Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006. Gewinnung, Verbrauch und Sicherung von mineralischen Rohstoffen. – LGRB-Informationen, 18: 202 S., 209 Abb. + 12 Abb., 15 Tab., 1 Kt.; Freiburg i. Br. [Bearbeiter: Werner, W., Kimmig, B., Liedtke, M., Kesten, D., Kleinschnitz, M., Brasse, A. & Trapp, C.].

    LGRB – Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (Hrsg.) (2013): Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2012/2013. Bedarf, Gewinnung und Sicherung von mineralischen Rohstoffen – Dritter Landesrohstoffbericht. – LGRB-Informationen, 27: 204 S., 228 Abb., 7 Tab.; Freiburg i. Br. [Bearbeiter: Werner, W., Kimmig, B., Tschernay, P., Wittenbrink, J., Bock, H. & Kleinschnitz, M.].

    Mankopf, N.R. & Lippolt, H. J. (1997): 4He-geochemische Belege für ein permotriassisches Alter des Roteisenerzes des Quarz-Hämatit-Baryt-Ganges westlich Obersexau im Brettental, Mittlerer Schwarz­wald. – Jh. geol. Landesamt Baden-Württemberg, 37: 25–48, 7 Abb., 2 Tab.; Freiburg i. Br.

    Metallgesellschaft (1965): Gutachten über die Gewerkschaft Finstergrund Wieden und Baden-Baden. – 63 S., 10 Anl., 1 Tabellenanhang; Frankfurt a. M. (unveröff. Gutachten).

    Metz, R., Richter, M. & Schürenberg, H. (1957): Die Blei‑Zinkerzgänge des Schwarz­waldes. – Beih. Geol. Jb., 29: 277 S., 113 Abb., 24 Tab., 15 Taf.; Hannover.

    Schlageter, A. (1989): Zur Geschichte des Bergbaus im Umkreis des Belchen. – In: Der Belchen. Geschichtlich-naturkundliche Monographie des schönsten Schwarzwaldberges. – Natur- und Land­schaftschutzgebiete Baden-Württemberg, 13: 127–309, 86 Abb.; Karlsruhe.

    Schwäbl, X. & Klingele, S. (1992), mit Beiträgen von Schlageter, A., Drescher, W., Martin, W., Ebser, F., Müller, E. & Schwäbl, H.: Wieden – Geschichte eines Schwarzwalddorfes (zum 650jährigen  Ortsjubiläum), 358 S., zahlr. Abb.; Wieden (Rombach). – [Gemeinde Wieden, Hrsg.].

    Schwinn, G. & Markl, G. (2005): REE systematics in hydrothermal fluorite. – Chem. Geol., 216: 225–248; Amsterdam.

    Schwinn, G., Wagner, T., Baatartsogt, B. & Markl, G. (2006): Quantification of mixing processes in ore-forming hydrothermal systems by combination of stable isotope and fluid inclusion analyses. – Geochimica et Cosmochimica Acta, 70: 965–982, 10 Abb.; Amsterdam.

    Sehlke, K. (1956): Gesteine und Blei-Zink-führende Flußspatgänge zwischen Feldberg und Belchen im Hochschwarzwald. Teil IV. Erzführende Flußspatgänge der Umgebung von Todtnau (Südschwarz­wald). – N. Jb. Miner., Abh., 89: 258–280, 8 Abb., 1 Kt., 3 Beil.; Stuttgart.

    Steen, H. (2003): Die Erzgänge bei Todtnau (Hochschwarzwald) – Gruben und Mineralfunde in einem klassischen Bergbaurevier. – Aufschluss, 54: 137-160, 53 Abb.; Heidelberg.

    Steen, H. (2004): Geschichte des modernen Bergbaus im Schwarzwald. – 485 S., zahlr. Abb.; Nor­derstedt (Books on Demand).

    Steen, H. (2013): Bergbau auf Lagerstätten des Südlichen Schwarzwalds. Ein Beitrag zur Bergbauge­schichte und Lagerstättenkunde zwischen Dreisamtal und Hochrhein. – 697 S., zahlr. Abb.; Nor­derstedt (Books on Demand).

    Werner, W. (2015): Über die Rohstoffquellen Baden-Württembergs. Vielfalt, Potenzial und Nutzung. – Alem. Jb. 2013/2014, Jg. 61/62: 13–102, 60 Abb.; Freiburg i. Br.

    Werner, W. & Franzke, H. J. (2001): Postvariszische bis neogene Bruchtektonik und Mineralisation im südlichen Zentralschwarzwald. – Z. dt. geol. Ges, 152: 405–437, 12 Abb., 1 Tab.; Stutt­gart.

    Werner, W. & Dennert, V. (2004) mit Beiträgen v. Meyerdirks U. & Tegel, W.: Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald. Ein Führer unter besonderer Berücksichtigung der für die Öffentlichkeit zugänglichen Bergwerke. – 334 S., 271 Abb.; Freiburg i. Br. (Landesamt f. Geol. Rohst. Bergb. Baden-Württ.).

    Werner, W. , Markl, G. & Steen, H. (2020): Lagerstätteninhalt und Entstehung der Gänge bei Wieden. – Der Erzgräber Bd. 1/2 2020 (Jg. 35), Themenheft Wieden: 11–27, 21 Abb., 1 Tab.­; Oberwolfach.

    Zeschke, G. (1959): Die Flussspatvorkommen der Gewerkschaft Finstergrund. – unveröff. Gutachten: 44 S., 4 Tab., 14 Anlagen (Risse); Rhöndorf a. R.

    Ziehr, H. (1985): Zur Geschichte des Flußspatbergbaus bei Wie­den/Südschwarz­wald. – Aufschluss, 36: 267–282, 8 Abb., Heidelberg.

    Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Werner, März 2023. Vielen Dank.

    Bismarckturm (Hornisgrinde)

    Auf dem Bohlenpfad zum Bismarckturm, Hornisgrinde, Nordschwarzwald. Aufnahme vom 21.08.2020, kurz nach Sonnenaufgang.

    Auf der Hornisgrinde, dem höchsten Berg im Nordschwarzwald (1.163,6 m), befinden sich mit dem Bismarckturm, einem alten Vermessungsturm, und dem Hornisgrinde-Aussichtsturm, zwei Türme, die häufig verwechselt werden:

      Der 7 m hohe Bismarckturm steht in seiner jetzigen  Form seit 1871 auf dem höchsten Punkt der Hornisgrinde. Der ehemalige Signalturm steht direkt auf der Gemarkungsgrenze der Gemeinden Sasbach und Sasbachwalden.

        Der 23 m hohe Hornisgrindeturm wurde 1910 vom Badischen Schwarzwaldverein als Aussichtsturm am südlichen Ende des Hornisgrinde-Rückens errichtet.

        Das südliche Gipfelplateau der Hornisgrinde mit Blick nach Norden. © Mit freundlicher Genehmigung der Gemeinde Seebach

        Bismarckturm
        Einleitung

        Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts befand sich auf dem höchsten Berg des Nordschwarzwaldes, der  Hornisgrinde, ein hölzernes Pyramidensignal. Im Jahr 1822 wurde  an gleicher Stelle ein 8 m hoher  steinerner Turm mit quadratischem Grundriss (2,70 m x 2,70 m) errichtet, der der Badischen Vermessung als trigonometrischer Messpunkt dienen sollte. Das Bauwerk wurde genau an der Gemarkungsgrenze von Sasbach und Sasbachwalden erbaut. Die  Hornisgrinde war Teil des Rheinischen Dreiecksnetzes der Triangulation.

        Im Jahr 1869 wurde bei einer Untersuchung festgestellt, dass das Bauwerk aufgrund des  sumpfigen  Untergrundes keine präzisen Messergebnisse bei der Triangulation liefern konnte. Der Turm wurde  daher bis auf die Grundmauer abgerissen.  Im Jahr 1871 wurde an gleicher Stelle ein neuer steinerner Turm in gleicher Höhe und Breite  errichtet. Als Kern des Turmes wurde ein 0,52 m x 0,52 m breiter Sandsteinpfeiler fest verankert, der  von der Plattform des Turmes nach allen Seiten sichtbar war. Mittig des Pfeilers wurde ein Messingzylinder eingelassen, der den trigonometrischen Messpunkt exakt festlegte (1.175 m über  NN). Auf dem Turmkopf wurden in allen vier Himmelsrichtungen im genau festgelegten Abstand  (zwischen 1,2184 m und 1,3695 m) weitere Messzylinder installiert. Auf den gleichen Linien wurden  im Abstand von knapp 20 m weitere Messzylinder auf dem Plateau des Berges Messzylinder in  besonderen Fundamentquadern (je 0,50 m tief) eingelassen. Dieses Bauwerk, das aus Bruch- und  Mauersteinen errichtet worden ist, diente zunächst ausschließlich der Landesvermessung. Das  Mauerwerk ist ca. 80 cm stark. Die offizielle Bezeichnung des Bauwerkes war Signalturm

        Durch eine Initiative des Schwarzwaldvereins Achern wurde das Bauwerk im Jahr 1892 mittels einer  leiterähnlichen Konstruktion mit Geländer zu einem Aussichtsturm umgebaut.

        Im Jahr 1999 wurde der Zustand des Gebäudes vom Sasbacher Architekten Romeo Sauer im Rahmen einer Inspektion untersucht. Aus dem Schadensbild wurden Vorschläge für die Sanierung des Turmes  erarbeitet.

        Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten im Sommer/Herbst 2001 (Mauerwerk, Betonierung der Turmplatte, Reparatur des Geländers, Steinmetzarbeiten usw.) und der Montage  einer  Wendeltreppe (außen) konnte der etwa sieben Meter hohe Turm im gleichen Jahr wieder für Besucher geöffnet werden. Dank tatkräftiger Unterstützung des Schwarzwaldvereins gelang es dem Landesdenkmalamt in  Zusammenarbeit mit den betroffenen Kommunen, das historische Bauwerk nicht nur vor dem Verfall  zu bewahren, sondern ihm auch noch die frühere Funktion als Aussichtspunkt zurückzugeben.

        Im Jahr 2005 mussten erste Vandalismusschäden u.a. am Geländer beseitigt werden.  An allen vier Seiten des Turmes wurden Edelstahltafeln (Schautafeln) mit Orientierungspunkten für  alle vier Himmelsrichtungen angebracht, seitlich am Turm wurde eine Infotafel montiert. Das  Bauwerk wird in Sasbach und Umgebung seit vielen Jahren „Bismarckturm“ genannt. Die Herkunft  dieses Namens ist trotz Recherchen des Schwarzwaldvereins nicht mehr verifizierbar.

        (Überblick abgeändert nach www.bismarcktuerme.de)

        Infotafel am Turm

        Seitdem der im Volksmund „Bismarckturm“ getaufte Aussichtsturm auf der Hornisgrinde dank der Initiative des Sasbacher Schwarzwaldvereins renoviert und für die Öffentlichkeit zugänglich ist, nützten schon zahllose Wanderer die Möglichkeit, von hier aus den Nordschwarzwald „in alle Richtungen“ zu überblicken.
        An der Südseite des Turmes befindet sich eine Informationstafel, die den zeitlichen Werdegang dieses „technischen Kulturdenkmals“ beschreibt. Zudem laden rund um den Turm rustikale Bänke zum Verweilen ein. Die Verantwortlichen des Sasbacher Schwarzwaldvereins um die Vorsitzende Gisela Höß komplettieren damit an der wohl höchsten Stelle des Hornisgrinderückens, wo auch die Gemarkungsgrenzen von Sasbach und Sasbachwalden aufeinander treffen, einen der markantesten Punkte der Region. Der Text auf der Informationstafel weist dabei auch darauf hin, dass die Hornisgrinde auch im 20. Jahrhundert ihre Bedeutung für die Vermessung behielt und seither als Anschlusspunkt von Katastervermessungen genützt wird. Das rüstige Rentnertrio Alois Wilhelm, Josef Kurz und Ernst Weh opferten viele Stunden Freizeit, damit die Wanderer Aussicht genießen, Rast einlegen und sich informieren können.

        Signalturm
        Historie

        Könnte ein Bauwerk sprechen, dieser Turm hätte in der Tat viel zu erzählen. Denn immerhin hat er inzwischen über 180 Jahre „auf dem Buckel“ und damit alle möglichen Zeiten erlebt, darunter Kriege und nachfolgende Besetzungen. Manche Ereignisse „rund um den Turm“ sind in Vergessenheit geraten, vieles wurde jedoch dokumentiert und blieb somit der Nachwelt erhalten.

        Friedrich August Köhler (1768-1844) Vikar in Gutenberg unternimmt 1804 zwei Fußreisen in das Obere Murgtal und ersteigt dabei jeweils auch die Hornisgrinde. Dabei wird er von Prof. Johann Gottlieb Friedrich Bohnenberger* (1765-1831) begleitet. Bohnenberger, ursprünglich Theologe, hat sich eingehend mit Vermessung, Astronomie und Mathematik befasst … Durch seine mehrere Blätter umfassende „Charte von Schwaben“ (1798-1822) ist er bekannt und berühmt geworden. Zudem gilt er als Begründer der modernen württembergischen Landesvermessung.

        Seine Eindrücke hat er handschriftlich als „Einige Notizen über den Schwarzwald gesammelt im August und September 1804“ festgehalten. Vom Dreifürstenstein gingen die beiden Wanderer hinüber zum Signal auf der Hornisgrinde, mit 1163 m Meereshöhe der höchste Punkt des Nordschwarzwaldes. Darüber schrieb er:

        „Als wir hinzukamen, waren zu unserem größten Befremden 2 von den gesetzten 5 Signalbäumen umgehauen. Wir hörten nachher beim Oberforstmeister in Freudenstadt, dass die Bauern im Kappler Thal, auf deren Grund und Boden das Signal stund, sie für Freyheitsbäume gehalten. hatten und deswegen umgehauen.“ …

        Köhler berichtet noch, dass in Baden der Vorschlag gemacht worden sei, an die Stelle des mittleren Signalbaumes einen Turm zu bauen. Er hatte richtig vermutet, denn tatsächlich wurden im 19. und 20. Jahrhundert auf der Hornisgrinde einige Türme errichtet.

        Nach Köhlers Besuch hat man auf der höchsten Stelle der Hornisgrinde ein vierseitiges hölzernes Pyramidensignal aufgestellt, das als wichtiger Triangulierungspunkt für die Landesvermessung diente. Das genaue Baujahr war leider nicht mehr festzustellen.

        Bereits 1822 wurde an der Stelle des hölzernen Signals ein 8,5 m hoher quadratischer Steinpfeiler als reines Vermessungsbauwerk errichtet. Weithin sichtbar, konnte er mit den damals schon vorhandenen Instrumenten angepeilt werden.

        Nicht von ungefähr kommt dem Bauwerk aus der Sicht des Karlsruher Landesvermessungsamtes der Rang eines technischen Baudenkmales zu, wurden doch von hier aus einst die Landesvermessungsarbeiten vorgenommen. Als „Triangulierung des Großherzogtums Baden“ ging diese Maßnahme in die Geschichte ein. Steinerner Zeuge aus jenen Tagen ist der trigonometrische Punkt, der auf der Platte des Turmes erhalten blieb.

        Da das Mauerwerk des Turmes für die Messungen nicht mehr genügend stabil war, wurde er im Sommer 1871 durch ein gleich hohes, massives Bauwerk mit steinerner Schutzhütte ersetzt, das an die europäische Gradmesssung angeschlossen wurde. Der Neubau erhielt, dem Zeitgeist entsprechend, den Namen Bismarckturm.

        “Hornisgrinde ist der höchste Berg im nördlichen Schwarzwald und bereits Dreieckspunkt der alten badischen Vermessung. Wegen des sumpfigen Bodens und um über den nahen Wald hinwegsehen zu können war im Jahr 1822 ein quadratischer 2,7 m dicker, 8 Meter hoher massiver Thurm gebaut worden, der sich aber bei einer Untersuchung des Herrn Professor Jordan aus Carlsruhe im Jahre 1869 als zu wenig stabil für genaue Winkelmessungen heraussstellte. Er wurde deshalb abgerissen und unter Leitung des Herrn Jordan in seiner alten Form und Grösse 1871 wieder aufgebaut und in der Mitte ein 1,10 Meter hoher und 0,52 Meter breiter und dicker Sandsteinpfeiler errichtet, dessen Centrum durch einen eingegossenen Messingcylinder bezeichnet und identisch mit dem alten trigono- metrischen Punkte ist. Die Festlegung des Centrums wurde von Herrn Jordan folgendermassen bewirkt. Ausser einem Messingcylinder, genau vertikal unter dem der Pfeileroberfläche, wurden auf dem Thurme unter der ersten Steinschicht noch 4 ähnliche Cylinder in Süd, West, Nord und Ost versenkt, deren Entfernungen respective sind: 1.2890, 1.3695 und 1.2184 Meter. Außerdem wurden unten auf dem Plateau des Berges in denselben Richtungen noch 4 Cylinder in besonderen Funda- mentquadern 0,5 Meter unter dem Boden versenkt, deren Entfernungen vom Pfeilercentrum sind:

        • nach Süd 19.8692 Meter
        • nach West 19.8604 Meter
        • nach Nord 19.9112 Meter
        • nach Ost 19.7591 Meter

        Zum Nullpunkte diente eine weisse Tafel mit schwarzem Centrum. Die Meereshöhe der Pfeileroberfläche ist 1175 Meter.”

        Wenige Jahrzehnte später wurde der Turm mehr und mehr auch für die Wanderer interessant: Besonders Wagemutige bestiegen das Gebäude anfangs über eine Leiter. Für die offizielle Turmbesteigung sorgten schließlich die Vorstandsmitglieder des damals schon existierenden Schwarzwaldvereins Achern um dessen Vorsitzenden Nauwerck, die anno 1892 eine Steiltreppe anbrachten. Wahrscheinlich war den wanderfreudigen Hornisgrindebesuchem auch eine weitere Baumaßnahme zu verdanken, denn alte Aufnahmen zeigen, dass direkt an eine der Turmseiten ein steinerner Anbau erfolgte, der sicherlich als Unterstand gegen die oft heftigen Niederschläge gedacht war. Irgendwann allerdings wurde dieser wieder entfernt.

        Kaum einem Wander- oder Naturfreund dürfte es gefallen haben, dass es nach dem Krieg nicht mehr möglich war, den Signalturm zu besuchen, denn er befand sich innerhalb des Zaunes, den die französischen Besetzer errichtet hatten. Besonders sensibel ging das Militär mit den Bauwerken auf der Hornisgrinde nicht um, was auch für den benachbarten Hornisgrindeturm des Schwarzwaldvereins galt. Mitte der 1990er Jahre zogen die Franzosen, mittlerweile von Besetzern zu Freunden geworden, sich aus der Hornisgrinderegion zurück. Das ehemalige Sperrgebiet ging wieder in das Eigentum des Bundesvermögensamtes über. Dieses sorgte dann in der Folge für die Geländeübergabe an die betroffenen Kommunen. Die alten Gemarkungsgrenzen waren damit wieder hergestellt.

        Noch sind längst nicht alle Spuren getilgt, die während der Zeit der militärischen Nutzung der Hornisgrinde über fast ein halbes Jahrhundert hinweg dem Bergrücken eingekerbt wurden. Schrottreste und auch Bunker werden noch einige Zeit an diese dunkle Phase der Geschichte erinnern.

        Mit der Renovierung des alten Signalturmes wurde nun ein Wahrzeichen aus „alten Zeiten“ saniert. Zu hoffen ist, dass es fortan noch vielen Generationen als Wanderziel oder Aussichtsturm dienen wird. Man würde es sich zu leicht machen, derartige Sanierungsaufgaben allein der öffentlichen Hand zu überlassen, denn Städte und Gemeinden, Landkreise oder gar das Land haben in der Tat vordringlichere Aufgaben. So sah man dies auch seitens des Schwarzwaldvereins Sasbach, als gemeinsam mit dem benachbarten Ottenhöfener Schwarzwaldverein die Initiative zur Renovierung des Turmes ergriffen wurde. Noch in der Amtszeit des mittlerweile zum Ehrenvorsitzenden ernannten Konrad Ernst keimte die Idee, deren Realisierung nun vollendet wurde. Dabei zog auch das Landesdenkmalamt mit und steuerte einen fünfstelligen Zuschuss zu dem Vorhaben bei.

        Am 10. Oktober 2001 fanden nun mit der Unterzeichnung des Nutzungsvertrags durch die Gemeinden Sasbach, Sasbachwalden und dem Schwarzwaldverein Sasbach die Sanierungsarbeiten ihren vorläufigen Schlusspunkt. Mittlerweile haben schon viele Dutzend Wanderer die Möglichkeit genutzt, das historische Bauwerk zu besteigen.

        Etwas unklar ist, weshalb dieser Signalturm im Volksmund auch „Bismarckturm“ genannt wird. Eine der Vermutungen, wie dieser kleine Turm auf dem höchsten Punkt der Homisgrinde zu diesem Namen kam, geht dahin, dass dieser vielleicht als militärischer Wachturm während des deutsch-französischen Krieges (1870/ 71) gedient haben könnte.

        Externe Quellen: Dr. Dr. hc Max Scheifele (in: Auf der Hornisgrinde vor 200 Jahren, Der Schwarzwald, 4/2005)

        Das Rheinische Dreiecksnetz

        Auszug aus “Generalleutnant Johann Jacob Baeyer (Geodätisches Institut Potsdam) und das Rheinische Dreicksnetz 1867/77”:

        In den Jahren 1867 bis 1877 hat Johann Jacob Baeyer (1794-1885), der Gründer der Mitteleuropäischen Gradmessung, das Rheinische Dreiecksnetz von Holland bis in die Schweiz triangulieren lassen, um eine Lücke in der Breitengradmessung von Oslo bis Palermo zu schließen.

        Diese Breitengradmessung zur exakten Bestimmung der Größe und Figur der Erde sollte unter anderem auch dazu dienen, in wie weit die physikalische Figur der Erde von einem Rotationsellipsoid abweicht.

        Auszug aus “Das rheinische Dreiecksnetz, II. Heft, Die Richtungsbeobachtungen”, Publication des Königl. Preuss. Geodätischen Instituts; Berlin 1878:

        Die rheinischen Dreiecke sollten die Verbindung des belgischen mit der hessischen Triangulation im  Interesse der STRUVE’SCHEN Längengradmessung herstellen, dann aber sollten sie als wichtiger  Bestandteil der europäischen Gradmessung das norddeutsche Dreiecksnetz mit dem der Schweiz und  Italiens in Zusammenhang bringen. Ein Vergleich der bereits vorhandenen badischen Dreicksseiten mit denen von TRANCHOT und  ECKHARDT  ergaben unzulässige Differenzen, in Folge dessen die grossherzogliche Regierung die  Ausführung einer neuen Triangulation in Baden für die Zwecke der europäischen Gradmessung in  Erwägung zog. Sie beauftragte im Juni 1868 Prof. WILHELM JORDAN in Gemeinschaft mit PROF. DR.  BAUR, dem königlich württembergischen Commissar, eine Recognoscirung (Erkundung) badischer und  württembergischer Hauptdreieckspunkte vorzunehmen, durch welche eine (…) Haupttriangulation  in Württemberg und Baden vorbereitet werden sollte.

        Die grossherzogliche Regierung begann 1869 mit dem Pfeilerbau. Die Arbeiten wurden vom Krieg 1870 unterbrochen, nach Friedensschluss 1871 aber wieder aufgenommen.

        Die rheinischen Dreicke folgen im allgemeinen dem Laufe des Rheins von der Schweiz bis Holland (…) Das Hauptnetz zählt 35 Punkte, davon liegen 16 in Preussen, 2 im Grossherzogthum Hessen, 3 in der bayerischen Pfalz, 3 in Baden, 2 im Elsass, 4 in Württemberg und 2 in den Niederlanden. Konnten die Beobachtungspfeiler auf natürlichem Boden stehen, so sind es zumeist massive Steinpfeiler (Sandstein, Granit oder Menniger Stein). Sie bestehen aus einem über 2 Meter langen und 5 Decimeter kantigen prismatischen Steinblock, welcher auf einer Steinplatte von 1 Meter im Quadrat ruht, die 1 Meter unter dem Boden vermauert ist. Von aus Backsteinen und Cement gemauerten Pfeilern stehen nur 2 auf natürlichem Boden (…) alle übrigen derartig gebauten Pfeiler gehören Turmstationen an. Ferner waren zwei aus ungleichen Quadern aufgeführte Pfeiler in Gebrauch. Laegern und Hornisgrinde; bei letzterer Station war wegen des sumpfigen Bodens ein massives thurmartiges Fundament für den aus einem Stück bestehenden Pfeiler nöthig. (…) Das Zentrum der Station war auf dem Pfeiler durch ein Bohrloch, ggf. mit Messinghülse, oder einen Kreuzschnitt markiert. Der Theodolit ließ sich direkt auf dem Pfeiler zentrisch aufstellen und für den Beobachter wurde erforderlichenfalls zum bequemen Arbeiten ein Gerüst um den Pfeiler erreichtet.

        Danke an Herrn Prof. Dr. Hans Fröhlich, der die historischen Dokumente freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. In seiner aktuellen Publikation „Von Berg zu Berg – wie Europa vermessen wurde” (Erschienen im Selbstverlag Fröhlich, 2012) führt er den Leser zunächst in die Geschichte der klassischen Erdmessung ein und beschreibt das Lebensbild BAEYERS sowie das Rheinische Dreiecksnetz. Hier geht es zur Webseite von Prof. Dr. Fröhlich.

        Erzvorkommen in Bleibach, Simonswald und Kollnau

        Hammerschmieden und Eisenhämmer entstanden ab dem späten Mittelalter überwiegend in den Regionen mit reichem Erzvorkommen wie Erzgebirge, Harz, Thüringer Wald oder Vogelsberg, am Rand der Fränkischen und Schwäbischen Alb sowie entlang der Bayerischen und der Österreichischen Eisenstraße (letztere sind vom Tourismus geprägte neue Bezeichnungen historischer Erz- und Eisentransportwege). Neben den Erzvorkommen waren auch ausreichend Wälder für die Gewinnung großer Mengen Holzkohle notwendig. Für den Standort war selbstverständlich das Vorhandensein ausreichender Wasserkraft entscheidend.

        Die urkundlichen Nachweise über Erzvorkommen und Bergbau am Westrand des Schwarzwaldes gehen bis in das 11. Jahrhundert zurück. Vom 13. bis ins 16. Jahrhundert zählte das Gebiet des Schwarzwaldes (etwa mit den Gruben von Todtnau, Schauinsland und Maßmünster) zu den wichtigsten Bergbauregionen im deutschen Raum. Die Wirtschaftskraft der Stadt Freiburg im Mittelalter basierte wesentlich auf dem Silberbergbau. In Hammerschmieden wurden jedoch Eisenerze verarbeitet. Diese wurden seit der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert zunächst in den Eisenschmelzwerken zu sogenannten Stücken aufbereitet. Der Antrieb des Ofengebläses erfolgte durch ein von Wasserkraft angetriebenes Triebrad (auch Wasser- oder Mühlrad genannt). Entsprechend mussten die Eisenverhüttungswerke abseits der Erzgewinnungsstätten in der Nähe eines Fließgewässers errichtet werden. Das Ausschmieden der nach dem Erstarren erneut im Holzkohlefeuer erhitzten schweren Stücke erfolgte in Hammerwerken, die ebenfalls durch ein Wasserrad angetrieben wurden. Die Arbeit in derartigen Eisenverhüttungswerken hat Friedrich Schiller in seiner Ballade „Der Gang nach dem eisernen Hammer“ eindrucksvoll poetisch umschrieben:

        {

        Des Wassers und des Feuers Kraft, verbündet sieht man hier.

        Das Mühlrad, von der Flut gerafft, umwälzt sich für und für.

        Die Werke klappern Nacht und Tag, im Takte pocht der Hämmer Schlag.

        Und bildsam von den mächtgen Streichen, muss selbst das Eisen sich erweichen.

        5
        Friedrich Schiller
        Dichter
        aus: "Der Gang nach dem eisernen Hammer"

        Die Standorte der markgräflichen und vorderösterreichischen Eisenschmelzwerke konzentrierten sich überwiegend am Hochrhein, im Bereich des südlichen Breisgaus und im Hauensteiner Albtal im Grenzgebiet zur Schweiz in den Orten Hausen im Wiesental, Kandern und Badenweiler-Oberweiler bzw. Säckingen, Murg, Wehr, Laufenburg, Albruck und St. Blasien. Der nördliche Breisgau wurde überwiegend vom Eisenwerk in Kollnau versorgt. Die Fürstenberger besaßen Eisenwerke in Hammereisenbach und Hausach im Kinzigtal. Mit dem Dreißigjährigen Krieg kam der Bergbau am Schwarzwald zunächst vollständig zum Erliegen. Im Verlauf des 18. Jahrhundert wurden von den Markgrafen von Baden verschiedentlich Versuche unternommen, den Bergbau wiederzubeleben, doch erlangte er keine sonderliche Bedeutung mehr. Als der Bergbau in Baden in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts einen besorgniserregenden Rückgang verzeichnete, versuchte man 1828 mit einem Gesetz über Prämien zur Förderung des Bergbaus gegenzusteuern. Erfolglos: Die Eisenerzverhüttung rentierte sich aus verschiedenen Gründen nicht mehr. Die mit Holz aus dem Schwarzwald betriebenen Schmelzwerke waren gegenüber den mit billiger Steinkohle betriebenen Werken in den Kohlenbergbauregionen nicht mehr konkurrenzfähig. Die wassergetriebenen Eisenverhüttungsanlagen an den Flussläufen, deren Bauweise und Arbeitsprinzipien sich vom 14./15. Jahrhundert bis in das 19. Jahrhundert kaum verändert hatten, wurden mit dem Durchbruch des Dampfhammers und dessen zunehmenden Einsatz in den großen Industrierevieren bis zu Mitte des 19. Jahrhunderts unrentabel und nach und nach geschlossen. 1866 schloss das Eisenwerk in Albruck, 1874 jenes in Kandern. „Der Bau der Eisenbahn und das Verschwinden des territorialen Zollschutzes der deutschen Länder entzogen dem badischen Bergbau die Grundlagen der Wettbewerbsfähigkeit.“ (Stiefel Bd. 2, S. 1817f). Die Standorte der Eisenhütten waren durch den zunehmenden Einsatz von Dampfenergie nicht länger abhängig vom Wasser, sondern orientierten sich an neuen und gut frequentierten, technisch aufgerüsteten Verkehrswegen.

        Während so die Eisenbereitung am Schwarzwald in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Niedergang erlebte und im 3. Viertel des 19. Jahrhunderts völlig zum Erliegen kam, blühte infolge erhöhter Nachfrage die Eisenbearbeitung bzw. Eisenverarbeitung in den Hammerschmieden am Schwarzwald, welche kleinere Eisenwerkzeuge aller Art produzierten, auf. Es gab ausreichend Wasseradern mit entsprechendem Gefälle, von denen sich leicht Kanäle für den Antrieb eines kleinen Hammerwerks über Wasserkraft abzweigen ließen. Im Gegensatz zu den Schmelzöfen reichten für die Befeuerung der Esse die Holzvorkommen des Schwarzwaldes noch aus – die Preise hierfür stiegen zwar kontinuierlich, doch ging man auch dort zur Steinkohlenfeuerung über. So entstanden an den kleinen Nebenflüssen des Rheins zwischen Schwarzwald und Oberrheintal im 19. Jahrhundert einige Hammerwerke, die insbesondere für die Herstellung von Gerätschäften für das regionale Handwerk und die regionale Landwirtschaft produzierten. Dass hierfür z.T. sehr weite Transporte des Rohmaterials notwendig waren, stellte im Rahmen eines stetigen Ausbaus des Eisenbahnnetzes im Verlauf des 19. Jahrhunderts kein Problem mehr dar. Zwar wurde die Elztalbahn erst Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, doch war der erste Abschnitt der Oberrheinbahnstrecke zwischen Mannheim und Heidelberg bereits 1840 in Betrieb genommen worden. Die Badische Hauptbahn bzw. Rheintalbahn von Mannheim über Basel nach Konstanz wurde 1863 vollendet und die Verbindung zum mittelrheinischen Bahnnetz durch das Schließen der bisherigen Lücke zwischen Mannheim und Ludwigshafen 1867 hergestellt. Damit waren die Regionen entlang der Rheinschiene miteinander verbunden und der Austausch von Rohstoffen, etwa auch Erze aus dem Ruhrgebiet, über die Eisenbahnstrecke ermöglicht. Über die an dieser Strecke gelegenen Bahnstationen Kenzingen und Herbolzheim konnten die Eisenhalbzeuge für das Hammerwerk im Muckental das ganze Jahr über unkompliziert angeliefert werden. Der Ausbau der Bleichtalstraße von Bleichheim nach Ottoschwanden und Schweighausen nach dem Zweiten Weltkrieg steigerte die Geschäftstätigkeit. Die Hammerschmiede wurde aber schon früher zu einer beliebten Etappenstation und übernahm nach dem Ersten Weltkrieg als „Gasthaus zum Waldhorn“ die Beherbergungstradition des Gasthauses „ Zum Kreuz“. 

        Textquellen

        Webseite „Schmiedezunft Landkreis Emmendingen“

        Mit freundlicher Genehmigung von Herrn U. Feißt, 28.09.2022. VIELEN DANK.