Ehrendingen (CH): Ehrendinger Runde (blaue Variante)
Drei Ehrendinger-Runden bieten vielfältige Überraschungen. Folgen Sie den entsprechenden Wegweisern und entdecken Sie Bekanntes und Unbekanntes aus dem Dorf. Sie finden auf den Tafeln Informationen aus Geschichte, Geologie, Natur- und Heimatkunde. Sie werden aufmerksam gemacht auf Kuriositäten oder ermuntert beim einen oder andern Punkt ihre Augen zu öffnen und die Ohren zu spitzen.
Bei der hier beschriebenen Runde handelt es sich um die südliche/“blaue“ Variante, die längste der drei Rundwege.
Hinweis: Diese Runde überschneidet sich teilweise mit der mittleren/“orangenen“ Variante. Die Infotafeln an den betroffenen Stellen sind deshalb doppelt nummeriert.
Gipsabbau, Gipsgrube
Seit dem Mittelalter wurde in der Oberehrendinger Gipsgrube Gips abgebaut und in den Mühlen weiter unten im Dorf zu Gipspulver gemahlen bzw. genauer gestampft. Der Gips wurde zum Düngen verwendet, speziell erwähnt wird in Dokumenten der Kleeanbau. Über die Verwendung als Baustoff ist nichts bekannt, dazu hätte es auch Brennöfen gebraucht, die nirgends Erwähnung finden.
Gipsgrubenheiland
Die Gipsgrube, ihre Umgebung und Natur sind untrennbar verbunden mit der Geschichte des „Gipsgrubenheilands“ Johann Urban Frei (1910 – 1978). Er lebte die zweite Hälfte seines Lebens im Wald nahe der Gipsgrube – ein Naturforscher, Naturschützer, Aussenseiter. Ohne je ein Studium absolviert zu haben, eignete er sich durch seine Beobachtungsgabe ein enormes Wissen über den geologischen Aufbau der Lägern an. Auch über die Botanik wusste er sehr gut Bescheid.
Er hat zahlreiche Gesteine und Fossilien freigelegt, auch einen Plesiosaurierknochen und ein Werkzeug aus der Jungsteinzeit. Der Grifitenkalkstein, ein grosses Fundstück von J. U. Frei, steht an der Kreuzung Badenerweg/Altweg. Weitere Fundstücke sind im Gemeindehaus Oberdorf ausgestellt und beschriftet (offen zu den ordentlichen Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung oder auf Anmeldung bei der Gemeindekanzlei).
Geotop Gipsgrube
Bei der Gipsgrube in Oberehrendingen hat man die einmalige Möglichkeit so tief in eine Falte zu schauen wie sonst niergends im Faltenjura. Ausserdem gehört dieser Aufschluss zu einem der schönsten Aufschlüsse des Keupers (lithostratigraphische Gruppe der Germanischen Trias).
Die aufgeschlossenen Gesteinsschichten in der Gipsgrube in Oberehrendingen entstanden vor rund 235 Millionen Jahre in einem tropischen Meer zur Triaszeit. Durch Konzentrations-, Verdunstungs- und Ausfällungsprozesse in einem flachen, vom Meer abgeschnittenen aber immer wieder überspülten Becken, entstanden Saize, Dolomite, Kalkgesteine und Tone. Später, vor rund 7 bis 2 Millionen Jahren, führte der starke Druck aus Süden, der mit der letzten Schubphase der Alpenfaltung in Zusammenhang steht, zu nordwärts gerichteten Bewegungen und Verformungen der Gesteinsschichten, Durch Erosion kam es schliesslich zur Freilegung der Schichten, Die hier aufgeschlossenen Gesteinsformationen gehören zur Bänkerjoch-Formation (ehemals Gips-Keuper genannt) und bestehen aus schwarzen, rötlichen, grünlichen und grauen Tonen, massig gebändert und knollig ausgebildetem, weiss bis rötlichem Gips und seiden glänzenden Fasergipsadern. Der Fasergips füllt Risse und Spalten, die oft quer zur Schichtung verlaufen. Dies lässt vermuten, dass er erst nach der Faltung gebildet wurde.
Rund 200 Jahre lang wurde in dieser Grube Gips abgebaut und mit Pferd und Wagen in die umliegenden Mühlen transportiert. Der Gips wurde gebrannt oder als Dünger verwendet. Mit dem Aufkommen von modernen Düngemittel kam der Abbau an der Gipsgrube zum Stillstand. Ein alter mit Gipsbrocken gefüllter Wagen zusammen mit einem alten Schienenstrang am Fuss des Aufschlusses erinnert an die damaligen Zeiten des Abbaus.
Textquelle: Kanton Aargau. Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung für Umwelt (Grundwasser, Boden und Geologie)
Hinweis vom 22.03.2025
Der Schienenstrang ist noch vorhanden, nicht aber der mit Gipsbrocken gefüllte Wagen. Sowieso dienten die Schienen und der Rollwagen (Lore) nicht zum Transport des Gips, sondern um den Abraum (also das unbrauchbare Material) unten aufzuschütten. (Die Gipsbrocken wurden mit Pferdewagen oder später mit Traktoren zu den Mühlen geführt.)
Eine Lore steht jetzt im Kreisel Niedermatt als Schmuck. Die zweite war in noch schlechterem Zustand und wurde entsorgt.
(Mitteilung von Claudio Eckmann. Vielen Dank.)

Geologisches N-S Profil durch die Badener Klus und die Lägern von Albert Heim 1907. Die Gipsgrube liegt in einem tektonischen Fenster, das den älteren Sattelkern der Falte aufschließt (siehe historisches Foto von 1893). Ein lehrbuchhaftes Beispiel für eine Reliefumkehr.
Quelle: Webseite „Ehrendinger Runde“
Historisches Foto der Gipsgrube aus dem Jahr 1893.
Leo Wehrli creator QS:P170,Q47086867, ETH-BIB-Gipsgrube Ehrendingen-Dia 247-00250, CC BY-SA 4.0
Wegstationen
Station 1: Ökomenisches Zentrum
Station 2: Künstler im Dorf
Station 3: Die Grafschaft Baden
Station 4: Ersatzwald
Station 5: Fabrikarbeiter
Station 6: Hecken
Station 7: Geologie
Unweit des Steinbucks hat die Erosion tiefe Gesteinsschichten der Lägern freigelegt. Hier können wir ins Innere des Berges hineinschauen.
In der aufgelassenen Gipsgrube kann im gut geschichteten, bunten Gestein eine beeindruckende Verfaltung der Gesteinsschichten erkundet werden. Durch den Gipsabbau wurde der Kern des Lägerngewölbes sichtbar. Für Albert Heim, den grossen Schweizer Geologen gehört die Gipsgrube zu den schönsten Aufschlüssen im Keuper.
Die buntfarbigen Gips- und Mergelschichten sind in Falten gelegt und wurden von einem französischen Geologen einmal als „un arc-en-ciel pétrifié“, als „zu Stein erstarrter Regenbogen“bezeichnet.
Textquelle: Infotafel 7
Station 8: Altholzinsel
Station 9: Naturschutz im Wald
Station 10: Magerwiesen
Station 11: Die Sage vom Heidewiibli
Station 12: Die Trinkwasserversorgung
Station 13: Aussicht/Lage
Station 14: Zementfabrik
Schon seit dem Mittelalter wurde in der Ehrendinger Gipsgrube Gipsstein abgebaut und in den Mühlen im Dorf am Gipsbach und in der Tiefenwaag gemahlen.
Ende des 19. Jahrhunderts nahm die Nachfrage nach Baustoffen stark zu; weil es an der Lägern neben Gips auch reiche Kalk- und Tonmergelvorkommen gibt, wurde hier 1892/93 eine Zementfabrik errichtet.
Bis zu 400 Arbeiter waren hier beschäftigt. Eine Schienenseilbahn brachte das Material von den Steinbrüchen hinunter zur Fabrik; eine zweite Seilbahn auf Masten verband das Zementwerk mit dem Bahnhof Niederweningen.
Doch aufgrund des unerbittlichen Konkurrenzkampfes in der Zementbranche und der Krise im Baugewerbe kam es 1902 zum dramatischen Konkurs. Heute steht nur noch der unterste Gebäudeflügel, das ehemalige Bürogebäude.
Textquelle: Infotafel 15 (5)
Station 15: Gipsgrube
Die Gipsgrube liegt genau in der Mulde zwischen dem Südschenkel (Lägern) und dem Nordschenkel (Steinbuck) der Lägern. In der Gipsgrube hat man einen direkten Einblick in das Innere der Faltung der Lägern. Seit dem Ende des Gipsabbaus (Gips wurde als Düngemittel verwendet) ist rund um die Grube und den Gipsbach ein wunderbares Naturparadies entstanden. Pro Natura sorgt heute mit ihren Ziegen dafür, dass das Gebiet nicht verbuscht und die Wälder licht bleiben.
In der Gipsgrube hauste seinerzeit in einer selbstgebauten Holzhütte Johann Urban Frei (1910-1978), der „Gipsgrubenheiland“. In unzähligen Arbeitsstunden legte er oberhalb der Gipsgrube, in der hinteren Schürwiese, in den fossilhaltigen Liasschichten einen Aufschluss frei. Frei war mit der Geologie in der Gipsgrube so vertraut, dass viele Exkursionsleiter, auch Hochschulprofessoren, dem Gipsgrubenheiland gern das Wort überliessen, wenn sie mit ihren Studenten auf Lägernexkursion waren. Wenige Wochen nach seinem Tod, wurde seine Behausung angezündet. Vielen bleibt er als Original in Erinnerung.
Textquelle: Infotafel 15
Station 16: Die ersten Strassenlampen in Ehrendingen
Station 17: Grifitenkalkstein (Gryphitenkalkstein)
Dieser Stein ist eines der zahlreichen Fundstücke von Johann Urban Frei, dem legendären „Gipsgrubenheiland“, vermutlich das grösste seiner Fundstücke.
Der Stein gehört zu den Kalksteinen aus der Liaszeit, rund 195 Millionen Jahre alt. Die Schichten lagen zu Beginn waagrecht, sie sind als Ablagerungen im Meer entstanden, bevor sie bei der Jurafaltung, vor ca. 9 bis 4 Millionen Jahren, aufgerichtet wurden.
Die Vorderseite zeigt die Unterseite des Steins. Die schlangenförmige Muster werden als Grabspuren von Krebsen gedeutet (Fachwort „Thalassinoides“).
Die frühere Annahme, es handle sich um Korallen, wird heute nicht mehr anerkannt.
Das Jurameer, in welchem die Schicht entstanden ist, war ein flaches Schelfmeer mit einer Wassertiefe von rund 10 Metern. Auf dem Meeresboden lagen zahlreiche Schalen der Auster Gryphaea, ihre versteinerten Schalen finden sich darum häufig in den Kalksteinen, und daher kommt der Name „Grifitenkalk“ (Gryphitenkalk) für diese Gesteinsschicht.
Der heutige wissenschaftliche Name ist Lias/Staffelegg-Formation.
Die Grabspuren sind Gänge, die von kleinen Krebsen angelegt wurden. Es sind Fressbauten: Die Krebse verdauten das Sediment, in das sie die Gänge gegraben hatten. Bei der Gesteinswerdung wurden die Gangfüllungen durch den Gehalt an organischen Resten aus der Verdauung des Krebses härter als das umgebende Gestein, weshalb die Gänge herauswitterten.
Der Stein stammt aus dem Gebiet „Sulz“ oberhalb der Gipsgrube.
Johann Urban Frei (1910-1978)
lebte die zweite Hälfte seines Lebens im Wald nahe der Gipsgrube – ein Naturforscher, Naturschützer, Aussenseiter.
Ohne je ein Studium absolviert zu haben, eignete er sich durch seine Beobachtungsgabe ein enormes Wissen über den geologischen Aufbau der Lägern an. Auch über die Botanik wusste er sehr gut Bescheid.
Er hat zahlreiche Gesteine und Fossilien freigelegt, auch einen Plesiosaurierknochen und ein Werkzeug aus der Jungsteinzeit.
Eine Anzahl weiterer Fundstücke von J. U. Frei sind im Gemeindehaus Oberdorf ausgestellt, Fussdistanz 5 Minuten, offen zu den ordentlichen Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung oder auf Anmeldung bei der Gemeindekanzlei.
Textquelle: Infotafel 17 (3)
Infomaterialien
Ehrendinger Runde
Faltblatt „Infopoints“
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Infotafeln