Horgen (CH): Auf den Spuren des Bergwerk Käpfnach
Der Lehrpfad zeigt die wechselvolle Geschichte des Kohleabbaus in Käpfnach und im Aabachtobel.
Die Wegstrecke führt entlang von Relikten aus der Abbauzeit aber auch vorbei an Geländeveränderungen, welche auf den Bergwerkbetrieb zurück zu führen sind.
Im Begleitfaltblatt finden sich neben einer Kurzbeschreibung der einzelnen Stationen auch ein Stollen- und Streckenplan, der die Dimension des früheren Bergwerks aufzeigt.
Bergwerk-Denk-mal!
Spuren des Horgner Industrie-Denkmals sind auf einem grossen Teil des Gemeindegebiets von Horgen zu finden. Allerdings sind viele dieser Spuren durch bauliche Veränderungen oder bedingt durch Verwitterung nur noch schlecht sichtbar oder gar nicht mehr. Dank der Unterstützung der Firma DOW, Horgen, konnte der «Bergwerk-Denk-mal!»-Weg eingerichtet werden. Die erste Etappe führt vorbei an sieben Tafeln, die mit Bildern und Texten über Relikte und die Bedeutung verschiedener Orte informieren
Wegstationen
Station 1: Rotweg-Stollen
Dieser Haupt- und heutige Besucherstollen wurde im Jahre 1828 erstellt und mit Unterbrüchen bis 1910 für den Kohle- und Schutttransport genutzt. Die moderne Werkstatt mit dem darüber liegenden Mehrzweckraum dient dem heutigen Besucherbetrieb.
Station 2: Zementfabrik
Die markanten Kamine gehören zu den Brennöfen der „Zementi“. Hier wurden zwischen 1874 und 1934 Zement sowie Zementprodukte hergestellt. Dazu wurden bis zur Stilllegung des Bergwerkes im Jahre 1910 Kalkmergel und Kohle aus den Käpfner Stollen verwendet.
Station 3: Brennofen der Ziegelei
Im Jahre 1663 wurde die Käpfner Kohle durch den Ziegler Landis wieder entdeckt, als er Lehm abbaute für die Ziegelherstellung. Er nutzte die Kohle als Energiequelle in seinen Brennöfen. Heute sind nur noch Mauerreste sichtbar, versteckt unter einem Neubau.
Station 4: Kohlenmagazin mit Bergbaumuseum
Im ehemaligen, 1784 erbauten Kohlenmagazin wurde am 4. Dezember 1989 das Bergbaumuseum eingerichtet. Hier können die Besucherinnen und Besucher die Geschichte des Bergwerks anhand vieler Exponate sowie historischer Filmaufnahmen vom Bergwerkbetrieb erleben.
Station 5: Pulverhüsli
Im Pulvermagazin oberhalb des Bergbaumuseums wurde ab dem Jahre 1850 der Sprengstoff gelagert. Das Gebäude wurde so gebaut, dass bei einer Explosion das Dach in die Luft gehoben worden wäre, ohne dass horizontal wegfliegende Mauerteile grösseren Schaden hätten anrichten können.
Station 6: "Zschokke"-Stollen
Auf der Führung beginnt oder endet hier die 1,4 km lange Fahrt durch den Besucherstollen. Es ist der Eingang zum zweiten Hauptstollen, der ab 1805 vorgetrieben wurde. Der Stollenmund ist integriert in das darüber liegende einstige Verwaltungsgebäude des Bergwerks.
Station 7: "Medis"-Stollen
Vermutlich startete der Kohleabbau im 17. Jahrhundert an diesem Abhang, über Tage und ohne Bergbaukenntnisse. An der gleichen Stelle wurden ab ca. 1700 die ersten Stollen vorgetrieben. Vom „Medis“-Stollenmund ist heute nur noch eine Geländemulde sichtbar.
Station 8: "Dachs"-Stollen
Wie der „Medis“-Stollen stammt dieser Hauptstollen aus den Anfängen des Käpfner Kohleabbaus um 1700. Heute ist auch er nicht mehr zugänglich. Allerdings sind der Geländeeinschnitt sowie der oberste Bereich des Stollenmundes noch gut zu sehen.
Station 9: "Gwandlen"-Stollen II
Der gut erhaltene Stollenmund wurde in drei Abbauphasen gebraucht. Zuerst diente er einem kleinen, privaten Abbauversuch. Später belüftete er das Käpfner Abbaugebiet. Während des Zweiten Weltkrieges wurde er zum Abtransport des Schuttmaterials benutzt.
Station 10: Feldbahn zur grossen Aabach-Deponie
Beinahe an der Stelle der heutigen Gwandlenbrücke führten die Geleise der Feldbahn über einen Holzviadukt vom Gwandlen-Stollen II zur grossen Aabach-Deponie hinüber. Daran erinnert heute noch ein rekonstruierter Schienenabschnitt mit einer Kipplore.
Station 11: Kohleflöz mit Stollenentwässerung
An der bergseitigen Wegböschung findet sich die einzige Stelle, an der das Kohleflöz – nur wenige Zentimeter dick – an der Oberfläche sichtbar und mühelos zugänglich ist. Das Wasserrohr entwässert ein kleines Abbaugebiet aus den Jahren 1860 bis 1868.
Station 12: Grosse Aabach-Deponie
Der beim Kohlenabbau anfallende Gesteinsschutt wurde teilweise an beiden Uferhängen des Aabachs deponiert. Diese Flächen sind heute meist bewaldet und nur noch bei vegetationslosen Stellen am hellgrauen Mergel- und Sandsteinmaterial erkennbar. Die grösste Deponie ist die vorliegende Aabach-Deponie.
Station 13: "Gottshalden"-Stollen
Die Abbaugebiete während des Zweiten Weltkrieges lagen beidseits des Aabachtobels. Von 1943 bis 1947 wurde die Kohle vom gegenüberliegenden Stollenmund (heute verstürzt) über eine Brücke durch diesen Stollen seewärts Richtung Gottshalden transportiert.

Kohlevorkommen Käpfnach-Gottshalden-Aabachtobel
Das mehrere Quadratkilometer große Käpfnacher Kohlenflöz entstand vor 16 Millionen Jahren und wird stratigraphisch der Oberen Süßwassermolasse zugeordnet.
Durch die Alpenbildung bildet das Flöz im Raum Käpfnach ein flaches, von West nach Ost streichendes Gewölbe. Die Gewölbeachse senkt sich von Westen Richtung Osten ganz leicht mit ungefähr 5,2 ‰.
Am gegenüberliegenden östlichen Zürichseeufer konnte das Flöz bisher nicht nachgewiesen werden (Stand: 1982).
Flözmächtigkeiten
Bei Käpfnach betragen die mittleren Mächtigkeiten ca. 20 cm, bei der Kehrichtverbrennungsanstalt Waidli sogar maximale 48 cm und in Sihlbrugg nur noch 3 cm bis 10 cm. In südöstlicher Richtung gegen das Aabachtobel hin und besonders auf der rechten Bachseite nimmt im allgemeinen die Mächtigkeit ab. Die gewinnbare Kohle schwindet stellenweise auf 9 cm zusammen, um noch weiter östlich, im Raume Gottshalden, noch mehr abzunehmen.
Im Vergleich zu den Kohleflözen in Norddeutschland ist die räumliche Ausdehnung des Käpfnacher sehr bescheiden.
Einem Rechenschaftsbericht des Kantons Zürich von 1856 ist zu entnehmen, dass im Käpfnacher Flöz Kohlenstoffgehalte von 45-69 % und Sauerstoffgehalte von 19-30 % gemessen wurden. Damit entsprechen diese Kohlen etwa den Braunkohlen.
Nebengestein
Über dem Flöz ist ein grau bläulicher Tonmergel ausgebildet. Seine Mächtigkeit nimmt in südlicher Richtung zu und steigt auf 6-7 m an. Zum Teil ist dieser Tonmergel von tauben Flözchen durchzogen, d. h. bituminöse Schichten, die keine Kohle einschliessen. Der Tonmergel bildet das Rohmaterial für die Fabrikation von Portlandzement. Über dem Tonmergel folgt überall ein toniger Sandstein.
Unter dem Flöz tritt zuerst ein sich fettig anfühlender, oft von Konkretionen durchsetzter, dunkler, eisenhaitiger Mergelton, ein sogenannter Schrammberg. auf. Seine Mächtigkeit nimmt von N nach S von 35 auf wenige cm ab. Dieser Mergelton lässt sich zu Ziegelwaren verarbeiten. Unter dem Schrammberg tritt der sogenannte Strassberg, ein braunschwärzlicher Mergel auf, der reich an organischen Substanzen und z. T. mit glänzenden Kohlenstreifchen durchsetzt ist. Dieser Mergel bildet den Hauptbestandteil des Doggermergels. Darunter tritt entweder ein gelblich- bis dunkelgrauer, mit organischen Einschlüssen durchsetzter Kalkstein oder ein gräulicher Mergelkalk auf, der zur Zementherstellung Verwendung fand.
Ein toniger Sandstein bildet schliesslich die Unterlage des Mergelkalkes.
Bergwerk
Mit einer gesamten Ausbaulänge von 80 km (Stollen und Strecken) ist das Bergwerk Käpfnach das grösste seiner Art in der Schweiz.
Die erste schriftliche Erwähnung stammt aus der Chronik von Johannes Stumpf 1548:
„dieser Steinkohlen haben sich unserer Tage auch etliche erzeigt bey dem Zürichsee umb die Herrschaft Wädischwyl und Horgen, aber nicht so reichlich; deshalb man deren wenig acht hat“
Erst über hundert Jahre später, im Jahre 1663, wurden die Kohlevorkommen in Käpfnach durch die ansässigen Ziegler Landis neu entdeckt.
Staatlicher Abbau 1784-1899
Im dritten Christmonat des Jahres 1784 erscheint der oberbayrische Hofrat und Salzdirektor Klaiss in Begleitung von drei Knappen aus dem Bergwerk Elgg im Aabachtobel, um auf Geheiss der Zürcherischen Obrigkeit ein förmliches Steinkohlebergwerk einzurichten. Im Gebiet des heutigen Mühletals, also im unteren Teil des Aabachtobels, werden sofort zwei Stollen aufgefahren.
Steigende Fördermengen wurden in den 1850er bis 1870er Jahren durch bis zu 160 Bergleute erzielt, die grösste Ausbeute wurde im Jahr 1874 mit einer Fördermenge von 10.430,7 t erreicht.
Neben Kohle wurden Mergel und Kalkstein abgebaut und in der bergwerkseigenen Zementfabrik verarbeitet.
Schließung
Nach der Schliessung 1910 folgten zwei kriegsbedingte Betriebsphasen von 1917 bis 1921 und 1941 bis 1947. Allein im Zweiten Weltkrieg wurden unter Leitung des Bergbauingenieurs Max Zschokke über 55.000 t Kohle gewonnen.
Heute sind noch Reserven von ca. 300.000 t vorhanden, die indes nicht rentabel abgebaut werden könnten.
Ausdehnung und Ergiebigkeit des Bergwerkes
Ein erster Stollen wurde aus dem Gebiet der unteren Bergwerkstrasse in südwestlicher Richtung bis in die Region des heutigen Kalkofenquartiers vorgetrieben.
Von diesem Hauptstollen aus wurde mit seitlichen Querverbindungen in südöstlicher Richtung bis ca. im Jahre 1805 das Gebiet zwischen dem Mühletal und der Bergwerkstrasse bis hinauf ins Kalkofenquartier abgebaut.
1805 wurde dann ein zweiter Hauptstollen mit dem gleichen Ausgangspunkt an der unteren Bergwerkstrasse in mehr westlicher Richtung, ungefähr ins Gebiet der heutigen Churfirstenstrasse aufgefahren.
Durch Querverbindungen zum ersten Stollen wurde nun das Feld zwischen den beiden Hauptstollen, also im Bereich, wo heute die Einfamilienhausüberbauung ZeIgenstrasse steht, abgebaut.
Getrennt von diesen beiden Hauptangriffen wurde ab dem Jahre 1828 von dort, wo heute das Seewasserwerk steht, ein dritter Hauptstollen in Richtung Waidli/Töchterinstitut vorgetrieben.
Querstollen zum Hauptstollen 2 ermöglichten den Abbau des heutigen Gebietes Rotweg/Waidli.
Ein letzter, nicht sehr grosser Hauptstollen erschloss schliesslich ab dem Jahre 1882 aus dem Gebiet Hirsacker die Region Teufenbach/Rotweg.
Bergwerkverein Käpfnach
Seit 1982 verfolgt der Verein Bergwerk Käpfnach das Ziel, über die Geschichte des Bergbaus in Horgen zu informieren und das Bergwerk als überregional bedeutendes Denkmal der Industriekultur zu erhalten.
Der Verein unterhält ein kleines Museum. Ein kleiner Teil der Stollenanlagen steht Besuchern offen und kann auf einer 1,4 km langen Stollenbahn befahren werden.
Infomaterialien
Auf den Spuren des Bergwerks Käpfnach
Faltblatt zum Themenweg durch Käpfnach und Aabachtobel