Ölförderung im Bohrbetrieb (1845-1964)

Ölförderung im Bohrbetrieb (1845-1964)

Originalgetreuer Nachbau der weltweit ersten Erdölbohrung am Originalstandort im Kutzenhausener Wald (August 2023).

In Wald von Kutzenhausen wird 1813 die weltweit erste Prospektionsbohrung auf Erdöl abgeteuft, aber leider ohne Erfolg.

Bei dem Bohrgerät handelt es sich um einen handbetriebenen Löffelbohrer mit einem schrauben- oder messerförmigen Ende (Metallklinge), der schlagend in den Untergrund getrieben wird (Schlagbohrverfahren).

Mit einer Seilwinde kann der Bohrer zum Entleeren wieder nach oben gezogen wird. Der Antrieb erfolgt über zwei Kurbeln, die jeweils von einem Arbeiter gedreht werden. Dies erfordert viele Handgriffe, da der Fortschritt manchmal nur 50 cm auf einmal betrug.

Die Bohrung erreicht eine Endtiefe von 42 m.

Der Löffelbohrer kann bei Bedarf durch einen Schlagbohrmeißel ersetzt werden, um auch Festgestein durchbohren zu können.

Das Français Musée du Pétrole errichtete später am Originalbohrplatz einen originalgetreuen Nachbau des Handbohrgerätes.

Die wohl erste erfolgreiche (fündige) Erdölbohrung der Welt findet im Juni 1859 im niedersächsischen Bauerndorf Wietze in der Lüneburger Heide statt, wo heute das Deutsche Erdölmuseum, das immitten des ehem. Fördergebietes liegt, die Zeit der Erdölförderung erlebbar macht.

Ab 1845 wird in größerem Ausmaß im Handbohrverfahren gebohrt. Das Öl wird aber noch immer abgeschöpft.

Ab 1879 werden die Bohrungen (Schlagbohrverfahren) maschinell im Dampfbetrieb ausgeführt.

Joseph Le Bel (Gesellschaft Le Bel & Cie.) führt die Förderung von Teersand durch ein neues Verfahren, welches in Pennsylvania (Vereinigte Staaten) erprobt worden war: man bohrt die Ölschichten an und injiziert Wasser unter Druck, welches das Öl nach oben treibt. Mit geringerem Aufwand kann man so größere Mengen von Öl gewinnen.

Nachdem das Elsass wieder deutsch ist, wird die Ölsuche intensiviert. Die Vereinigten Deutschen Petroleumwerke AG und andere Firmen untersuchen die Umgebung von Pechelbronn, Walbourg-Biblisheim und Haguenau und beginnen Öl zu fördern.

1889 verkauft Joseph Achille Le Bel das Familienunternehmen für drei Millionen Reichsmark an die (seinerzeit deutsche) Pechelbronner Ölberbergwerke, eine Gesellschaft reicher Elsässer Unternehmer. Innerhalb von 15 Jahren erhöht die neue Firma die Förderung um 75 Prozent.

1911 werden alle lokalen Produktionsgesellschaften in der Deutsche Erdöl Aktiengesellschaft (DEA) zusammengefasst.

Im Jahr 1913 werden 49.500 t gefördert, die höchste regionale Förderung im Deutschen Reich. Mit der Methode der Bohrung und Pumpen konnte man nur ca. 25 % der vorhandenen Vorkommen ausbeuten.

Weil danach die Förderung zurückgeht, wird 1917 die bergmännische Ausbeutung der Ölsande wieder aufgenommen (Phase III).

Seit 1914 werden die Bohrungen (Schlagbohrverfahren) elektrisch betrieben.

1918 erreicht die Förderung 50.000 t.

Nach dem Ersten Weltkrieg wird Elsass-Lothringen wieder französisch, die DEA wird enteignet und die Anlagen 1921 der neu gegründeten Pechelbronn SAEM (Bergbau Aktiengesellschaft Pechelbronn) übertragen. Für den Vertrieb wird die Marke Antar gegründet. Der Schacht Nr. VIII wird bis zu einer Tiefe von 520 Meter vorangetrieben, jedoch ohne Erfolg.

In Ohlungen, westlich von Hagenau, werden 1922 in einer Tiefe von 440 m erstmals Erdölvorkommen im Hauptrogenstein (Jura) ausgebeutet.

1923 beginnt die Pechelbronn SAEM auf dem Gelände des alten Bauernhofs der Familie Le Bel mit dem Bau einer Arbeitersiedlung Cité Boussingault, heute Rue Boussingault. Sie besteht aus Mehrfamilienhäusern, größere für mehrere Arbeiterfamilien und Doppelhäuser für die Ingenieure. Nach dem Ende der Erdölförderung werden die Häuser an ihre Bewohner verkauft.

1924 gibt es in der Umgebung von Pechelbronn 550 Pumpstationen, die über ein Leitungsnetz von 150 km mit der Raffinerie verbunden sind.

1925 wird das leistungsfähigere Rotary-Bohrverfahren aus den USA eingeführt (Drehbohrverfahren). Der Druck auf die Bohrkrone wird bei diesem Verfahren nur durch eine Schwerestange und das Bohrgestänge ausgeübt. Eine im Kreislauf eingesetzte Spülflüssigkeit kühlt den Bohrkopf und transportiert das Bohrklein als Schlamm nach oben. Damit sind Bohrungen bis 2.000 m Tiefe möglich.

1926 beschäftigt die Gesellschaft 3.400 Menschen in Pechelbronn.

Bis 1927 werden ca. 2.850 Bohrungen mit einer Gesamtlänge von 760.000 m (!) niedergebracht.

Pumpenanlagen

1882 wird die erste Pumpenanlage in Betrieb genommen.

Von insgesamt über 5.000 Bohrungen werden in der Folgezeit ca. 2.850 zur Ölförderung mit Pumpen ausgestattet.

Eine Pumpenanlage besteht aus einer Gestängetiefpumpe, auch Pferdekopfpumpe genannt, die durch eine Dampfmaschine und später durch einen Elektromotor angetrieben wird. Der eigentliche Pumpenmechanismus ist ein Kolben mit Rückschlagventilen, der im Bohrloch in einem eigenen Rohrstrang nahe der ölführenden Schichten eingehängt ist.

Der Kolben wird mittels einer verschraubbaren Stange von einem pferdekopfähnlichen Pumpenbock in eine kontinuierliche Auf- und Abwärtsbewegung gesetzt.

1942 werden moderne Pumpen mit Untersetzungsgetrieben eingerichtet, 1949 sind insgesamt 650 solcher Pumpen in Betrieb.

Das geförderte Erdöl wird vor Ort vorübergehend in großen Tanks gespeichert und mit verschiedenen Transportmitteln (Rohrleitungen, Tankwagen oder Zugtiere) zur Weiterverarbeitung in die nächste Raffinerie gebracht.

Eine Gestängetiefpumpe (Pferdekopfpumpe) mit Bohrmeißel-Exponaten am südlichen Ortseingang von Merkwiller-Pechelbronn aus Richtung Hoelschloch.

Im benachbarten Dieffenbach-lès-Woerth wird 1927 in der Bohrung „Dieffenbach 2905“ (Endteufe: 500 m) durch eine Forschergruppe um die Gebrüder Schlumberger aus dem nahegelegenen Guebwiller die weltweit erste geoelektrische Bohrlochmessung durchgeführt. Die Messungen erfolgten punktweise in 1 m-Intervallen. Die ermittelten Widerstandsdaten, anhand der Sand- und Tonschichten differenziert werden konnten, wurden händisch als Widerstandslog dokumentiert.

Aus der 1926 gegründeten „Société de Prospection Electrique Schlumberger“ (PROS) ist bald der heutige Schlumberger Konzern hervorgegangen, einer der weltweit führenden Ausrüster der Erdölindustrie.

Bohrstelle „Dieffenbach 2905“: Gedenkstelle für die weltweit erste geoelektrische Bohrlochmessung am östlichen Ortsrand von Dieffenbach-lès-Woerth (August 2023).

1932 werden Bohrungen in Ohlungen im Schilfsandstein (Oberer Keuper) fündig, 1935 in Kutzenhausen in der Lettenkohle (Unterer Keuper) und 1949 in Soultz-sous-Forêts im Muschelkalk.

Nach dem Zweiten Weltkrieg geht die Produktion wegen Erschöpfung der Ressourcen zurück, gegenüber den neuen, viel billiger produzierenden Ländern im Nahen und Mittleren Osten ist Pechelbronn nicht konkurrenzfähig.

1953 wird das Ende der Produktion für 1965 geplant, schrittweise wird die Belegschaft reduziert und die Förderung zurückgefahren.

Am 31. Dezember 1964 wird die Produktion beendet.

Die Firma Antar wird 1970 von Elf Aquitaine übernommen. Damit ist aber die Erdölförderung im Nord-Elsass nicht vollständig beendet, die Firma Geopetrol betreibt kleinere Förderanlagen, z. B. in Scheibenhard-Niederbronn in der Nähe von Lauterbourg, wo bis heute (2024) Erdöl gefördert wird. 2011 beantragt die Firma weitere Bohrgenehmigungen in der Nähe von Soufflenheim.

Ab 1987 werden vorbereitende Arbeiten für das Geothermiekraftwerk Soultz-sous-Forêts durchgeführt, die auf Daten aus der Erdölförderung beruhten.

Raffinerie Merkwiller (1857-1970)

Raffinerie Merkwiller (1857-1970)

1857 errichtet Louis Frédéric Achille Le Bel die erste Destillerie (Raffinerie).

1873 stellt Joseph Achille Le Bel (Chemiker) die erste Fraktionierungskolonne auf.

1889
wird unweit von Chatêau Le Bel, auf Gemarkung Lampertsloch, die erste große Raffinerie gebaut, die den Beginn der industriellen Raffination markiert.

1920 vergrößert die SAEM die Raffinerie durch den Bau einer zweiten, größeren und leistungsfähigeren Anlage in den Gemeinden Merkwiller und Kutzenhausen („Raffinerie Pechelbronn“).

In der näheren Umgebung werden mit Soultz-sous-Forêts, Durrenbach und Biblisheim drei weitere Raffinerien als Niederlassungen von Pechelbronn errichtet.

Die Raffinerie Merkwiller ist die weltweit erste großtechnische Anlage zur Erdölverarbeitung. Die Anlage wird 1944 bombardiert und fast vollständig zerstört, nach dem Krieg aber wieder aufgebaut.

1970 erfolgt dann die endgültige Stillegung. Die Gebäude und technischen Anlagen werden rückgebaut. Das heute größtenteils brachliegende Gelände ist komplett eingezäunt und darf durch Unbefugte nicht betreten werden!

Der Zutritt ist verboten. Accès interdit.

Schaubild der ehem. Raffinerie Merkwiller am Giebel des Kulturzentrums in der Ortsmitte von Merkwiller-Pechelbronn (Januar 2024).

Ölförderung im Schachtbetrieb (1745-1888)

Ölförderung im Schachtbetrieb (1745-1888)

Das Chateau Le Bel im Januar 2024. Rechts das ehem. Laborgebäude.

1745-1786: Schachtbetrieb bis 27 m Tiefe

1740 erhält Louis-Pierre Auzillon de la Sablonnière eine Konzession über 20 Jahre. Er gründet eine Gesellschaft mit 40 Aktien, die Compagnie d’Asphalte. Ihre ersten Gesellschafter kommen aus Paris, Edelmänner, Offiziere der Krone, zu denen sich nach und nach zwei protestantische Bankiers Genfer Herkunft gesellen.

Sablonnière erweitert und verbessert die Produktion, indem er weitere Schächte und Stollen zum bergmännischen Abbau des Ölsands vortreibt.

Er beginnt 120 Faden nördlich der Hoeffelschen Quelle zu graben, 45 Fuß tief. Dabei stößt er auf horizontale ölführende Schichten zwischen ein und sechs  Fuß Dicke, denen er hinterher gräbt. Die Stollen sind vier Fuß breit und sechs Fuß hoch. Die Entwässerung erfolgt über drei Fuß tiefe Rinnen in der mit Brettern abgedeckten Sohle. Die Stollen werden  mit Eichenbalken abgestützt. Die Bewetterung erfolgt mittels Blasebalgen und bis zu 200 Fuß langen Zinnrohren.

1745 werden auf dem Gelände des erst 1805 errichteten  Chatêau Le Bel die ersten Grabungen durchgeführt. Der Schacht I (Puit I) wird bis zu einer Tiefe von 9,75 m ausgehoben.

Fortan wird Erdöl unter Tage, also bergmännisch, gewonnen.

Auch die Aufbereitung der ölhaltigen Sande wird verbessert. Die Sande werden zuerst mit heißem Wasser gekocht, dadurch trennen sich der schwere Sand und die leichteren Ölbestandteile.

Das dickflüssige Öl wird durch Destillation in schwere (Bitumen) und leichte (Öle) Fraktionen aufgespalten. Das Bitumen wird nicht nur zum Abdichten von Schiffen und Bauwerken gebraucht, sondern auch für medizinische Zwecke. Die leichten Bestandteile werden als Schmier- und Leuchtöl verwendet.

Wegen Geldmangels braucht Sablonnière bald neue Partner, die er in zwei elsässischen Notabeln (dem Vogt von Soultz-sous-Forêts und einen Straßburger Kaufmann) und drei Offizieren aus Straßburg findet. Die Gesellschafter werfen Sablonnière bald vor, das investierte Kapital nicht zu verzinsen, und entziehen ihm die Geschäftsführung.

Sablonnière kommt 1759, ein Jahr vor Ablauf seiner Konzession, bei einem Grubenunglück ums Leben. Er stirbt hochverschuldet.

Seine Witwe sucht in Paris bei einem einflussreichen 30 jährigen Anwalt nach Hilfe.

Der Anwalt heißt Antoine Le Bel.

Sablonnières Wittwe kann den jungen, industriell aber völlig unerfahrenen Anwalt für das Erdölgeschäft  interessieren. Le Bel schliesst mit ihr einen Assoziationsvertrag über 25 Jahre und bereitet von Paris aus ein neues Unternehmen vor.

Als Le Bel 1763 erstmals die Minen  in Pechelbronn aufsucht sind diese, fünf offene Gruben, zu seinem Entsetzen in desolatem Zustand, geflutet und eingestürzt. Le Bel pachtet kurzerhand im angrenzenden Kutzenhausen 18 Morgen Land und errichtet neue Gruben.

Die von ihm gegründete „Société Le Bel et Compagnie“ erwirbt eine Konzession über 30 Jahre und später auch das königliche Patent.

Der Grundstein einer erfolgreichen Familiendynastie, die über vier Generationen das (wirtschaftliche) Leben in Pechelbronn und Umgebung maßgeblich prägte, ist gelegt.

Die Familie Le Bel bringt in der Folgezeit die Erdölförderung entscheidend voran und entwickelt v.a. auch technische Methoden zur Aufbereitung  (Destillation) des Erdöls, was zum Bau der weltweit ersten Raffinerie führt.

1805 wird dort, wo 60 Jahre zuvor der erste Schacht errichtet wurde, ein Anwesen errichtet, das fortan als Familienstammsitz dient, das Chatêau Le Bel.

Das Chateau Le Bel im Januar 2024. Rechts das ehem. Laborgebäude.

Antoine Le Bel

(1729 – 1788)

Marie Joseph Achille Le Bel

(1772 – 1842)

Louis Frédéric Achille Le Bel

(1807 – 1867)

Joseph Achille Le Bel

(1847 – 1930)

Zwischen 1745 und 1786 werden in den sogenannten „Mines La Sablonnière“ insgesamt 12 Gruben (Puits) betrieben.

Mines La Sablonnière
Puit I
Puit II
Puit III
Puit IV
Puit V
Puit VI
Puit VII
Puit VIII
Puit IX
Puit X
Puit XI
Puit XII
Tiefe
9,75 m
16,25 m
13,00 m
16,25 m
19,50 m
27,30 m
13,00 m
19,50 m
19,50 m
19,50 m
nur Stollenvortrieb
nur Stollenvortrieb
Betriebszeit
1745-1758
1745-1758
1759
1759
1760-1768
1764-1786
1768-1771
1768-1786
1771-1783
1774-1780
1776-1780
1786

1785-1888: Schachtbetrieb bis 95 m Tiefe

Weitere 15 Gruben werden zwischen 1785 und 1888 in den sogenannten „Mines Le Bel et. Cie ausgebeutet.

Mines Le Bel et Cie.
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
Puit
Pluton
Antoine
Catherine
André-Achille
Marie-Louise
Auguste I
Adèle
Auguste II
Glückauf
Madeleine
Salomé
Joseph
Georges
Henri
André
Tiefe
35 m
35 m
31 m
34 m
50 m
50 m
33 m
54 m
40 m
72 m
62 m
57 m
77 m
72 m
95 m
Betriebszeit
1785-1794
1788-?
1794-1801
1802-1836
1810-1825
1822-1836
1833-1850
1837-1839
1838-1848
1839-1869
1841-1865
1849-1869
1866-1876
1873-1880
1877-1888

Ab 1860 ermöglicht der breitere und höhere Stollenausbruch, die Schubkarren der Arbeiter durch schienengebundene Kipper zu ersetzen.

Als die Schächte tiefer wurden (60 bis 95 m), wurde nur noch Sickeröl statt ölimprägnierte Sande nach oben befördert.

Von 1785 bis 1888 wurden 4.000 m Stollen gegraben und 14.000 t Öl (hauptsächlich Sickeröl) gefördert.

In den Mines La Sablonnière und Mines Le Bel et Cie. wurde zwischen 1785 und 1888 in den insgesamt 27 Schächten und 45 km Stollen zusammen 27.087 t Rohöl gewonnen.

Die Erdpechquellen von Lampertsloch und Baechelbrunn

Die Erdpechquellen von Lampertsloch und Baechelbrunn

Eine der Erdpechquellen bei Merkwiller-Pechelbrunn im Januar 2024.

Merkwiller ist eine alte Siedlung, die erstmals im Jahr 742 als „Mark-Berganwillare“ urkundlich erwähnt wurde. Der Ortsname Pechelbronn leitet sich aus dem Vorkommen der Pechquellen ab, das vor 1843 noch „Baechelbrunn“ hieß („Pechbrunnen“).

1922 wurden beide Siedlungen zur Gemeinde „Merkwiller-Pechelbronn“ zusammen gelegt. Der Ort gehört seit 2007 dem Gemeindeverband Sauer-Pechelbronn an.

Schon seit Jahrhunderten sind in der Gegend um Lampertsloch und Baechelbrunn Erdlöcher und Quellen bekannt, aus denen Erdöl und Naturasphalt austritt.

Bereits im 7. Jahrhundert soll ein Mönch namens Lambert an einer heißen Quelle den Segen des Erdpechs festgestellt haben (mit Erdpech eingeriebene Schweine sollen von der Schweinepest verschont worden sein).

Die Erdpechquellen von Lampertsloch und Baechelbrunn wurden 1498 erstmals schriftlich erwähnt in dem Werk Directorium Statuum Seuverius Tribulatio Seculi“ (Regel zur Beurteilung der Situation, oder genauer gesagt „Drangsal“, des Jahrhunderts) von Jakob Wimpfeling, einem katholischen Priester und Historiker des Deutschen Humanismus.

Im Mittelalter war es üblich, das Erdpech, das auf dem Wasser der Quellen aufschwamm, zu nutzen.

Die Bewohner hatten beobachtet, dass sich Tiere, v.a. Wildschweine gerne in dem öligen Schlamm suhlten und sich dann an den umliegenden Baumstämmen rieben, um ihre Wunden zu heilen und ihren von Parasiten verursachten Juckreiz zu stillen.

Die Bauern in der Umgebung kamen daher auf die Idee, dieses ölige Material als äußerliches Pflegemittel, für sich selbst und ihre Haustiere, zu sammeln und auch als Schmiermittel für ihre Werkzeuge und Fuhrwerke zu verwenden.

„Die armen Leuth haben die Kärch damit gesalbet.“

Der ölige Schlamm wurde mit einem an einem Stiel befestigten Brett abgezogen und in geeignete Behälter gefüllt.

Apotheker und Ärzte aus dem 15. bis 17. Jahrhundert berichteten in verschiedenen Veröffentlichungen über die Verwendung dieses Öles. Zu nennen ist hier Gonthier d’Andernach (1487-1574), der als Arzt von Franz I. tätig war. Ein weiterer Arzt, der aus Bad Bergzabern stammte, erwähnte 1584 die Quelle, die er zwischen Haguenau und Woerth ansiedelte. Der Vogt von Woerth erwähnt sie ebenfalls und verortet sie etwa 10 km von der Ortschaft entfernt.

Viele Menschen interessierten sich für das Öl und seine medizinischen Anwendungen, doch aufgrund der religiösen Unruhen und des Dreißigjährigen Krieges fand noch keine umfangreichere Nutzung statt.

Erste Forschungsarbeiten

Im Jahr 1734 untersucht der im nahegelegenen Woerth an der Sauer geborene Medizinstudent Jean-Theophile Hoeffel im Rahmen seiner Dissertation an der Universität  Straßburg verschiedene Erdölquellen in Lampertsloch und Baechelbrunn.

Der Titel von Hoeffels Doktorarbeit lautet:

„Historia Balsami Mineralis Alsatici sev Pétrolai Vallis Sancti Lamperti – Der Hanauische Erd-Balsam/Lamperslocher Oel- oder Bächel-Brunn„.

Hoeffels Doktorvater ist Professor Johann-Jacques Sachs.

Der historisch bedeutende Ölaustritt an der „Hoeffelquelle“ im Januar 2024.

Hoeffel vergleicht die Ölpechquelle in der Aumatt mit Ölvorkommen in der Nachbarschaft und führt zahlreiche Destillationsversuche sowohl mit dem steingebundenen als auch mit dem frei austretenden Öl durch. Die Destillationsversuche führen ihn aber nicht zum gewünschten Ziel, ein möglichst reines Öl ohne störende Rückstände zu gewinnen. Dies war aus heutiger Sicht v.a. auch den seinerzeit unzureichenden technischen Möglichkeiten geschuldet. Bei seinen Versuchen entwickelte er unwissentlich das Lampenöl, das nur ein Jahrhundert später für die Beleuchtung verwendet wurde.

In seiner Dissertation zählt Hoeffel alle medizinischen Verwendungszwecke des des „Elsässer Öls“ auf und beschreibt zahlreiche Heilungen (Infektionen, Wunden, Augen- und Hautprobleme, Gicht, Gelenkprobleme…).

Die Ergebnisse seiner historisch bedeutsamen Untersuchungen bereiteten den Weg der industriellen Ölförderung in Europa und der Entwicklung der Rohölraffination vor.

Ölaustritt bei Surbourg im Januar 2024, wo die Entnahme einer Schöpfprobe möglich war.

Beginn des kommerziellen Abbaus

Die Arbeit Hoeffels kursiert seinerzeit in Fachkreisen weit über das Elsass hinaus.

In der Schweiz wird Jean-Damascène Eirinis, dessen Vater die Asphaltmine im Val-de-Travers bei Neuchâtel betreibt, auf die Arbeit Hoeffels aufmerksam.

Eirinis reist 1735 ins Elsass, wo er an den von Hoeffel angegebenen Stellen Untersuchungen durchführt, in dem er mehrere Stollen errichtet.

Dieses Datum markiert den Beginn des kommerziellen Abbaus.

Eirinis treibt auch die Destillationstechniken voran, indem er den Ölsand mit kochendem Wasser wäscht, um das Öl abzuscheiden.

1740 tritt er seine Rechte an Louis-Pierre Auzillon de la Sablonnière ab. Sablonnière ist ein französischer Diplomat bei den Schweizer Ligen, der Anteile an dem Unternehmen im Val de Travers übernommen hatte. Der französische König Ludwig XV., der ihm die zollfreie Einfuhr der Asphalts erlaubte, beauftragte ihn 1737 damit, die Rümpfe von Schiffen auf dem Weg nach Indien mit Schweizer Asphalt zu verkleiden. Sablonnière soll im Auftrag des Königs eine solche Grube auch auf französischem Boden ausfindig machen.

Diese Grube findet er im Elsass.